"Deutsche Ärzte Grenzenlos" in Münster

Der OP-Saal als gesellschaftlicher Kosmos

10:09 Minuten
Porträt des Arztes, Schauspielers und Regisseurs Tuğsal Moğul
Der Arzt, Schauspieler und Regisseur Tuğsal Moğul feiert mit seinem Stück am Theater Münster Premiere. © Bayram Tarakcı
Tuğsal Moğul im Gespräch mit André Mumot · 07.03.2020
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Das Leben in einem Krankenhaus zeigt die Probleme einer Gesellschaft. Davon ist Regisseur und Arzt Tuğsal Moğul überzeugt und beschäftigt sich damit in seinem neuen Theaterstück "Deutsche Ärzte Grenzenlos". Nun feiert es am Theater Münster Premiere.
Dass der Arztberuf kein leichter ist, ist nichts Neues - im Augenblick wird das dank des sich ausbreitenden Coronavirus natürlich ganz besonders deutlich. Am Theater Münster hat nächste Woche ein Recherchestück Premiere, das sich mit diesem Berufsstand beschäftigt: "Deutsche Ärzte Grenzenlos". Autor und Regisseur ist Tuğsal Moğul: ein echter Experte, wenn es um das Thema geht. Schon sein Debütstück 2011 hieß "Halbstarke Halbgötter", er selbst ist diplomierter Schauspieler, Regisseur, Anästhesist und Notarzt.
Auf die Frage, wieso er sich dazu entschieden hat, seine neue Arbeit erneut in einem Krankenhaus-Setting anzusiedeln, sagt Moğul: "Ich glaube, das Krankenhaus, beziehungsweise auch diese geschlossenen Räume, etwa ein OP-Bereich oder eine Intensivstation, stellen einen Kosmos dar, wo sich unsere gesellschaftspolitischen Probleme repräsentieren lassen können. Dort arbeiten ganz unterschiedliche Menschen aus verschiedenen Ländern an sehr wichtigen Themen: sterben, heilen, operieren, gesund werden." Die Klinik sei deshalb ein Raum, wo sich Vorgänge abbilden ließen, "als ob man eine Lupe auf die Gesellschaft legt".

Moğul interessiert die Migration von Ärzten und Pflegern

Nicht zuletzt beschäftige ihn in diesem Fall "die Fluktuationen, die wir erleben. Auch die Migration im ärztlichen und im pflegerischen Bereich. Viele aus dem medizinischen Personal verlassen Deutschland, gehen in andere Länder wie in die Schweiz oder nach England." Gefüllt würden die Lücken wiederum von Ärzten aus anderen Ländern, denen dann schließlich selbst irgendwann die medizinischen Fachkräfte fehlen würden.
Natürlich stehe im Augenblick gerade auch das Thema Coronavirus im Mittelpunkt der medizinischen Diskussionen. "Ich merke", sagt Tuğsal Moğul, "dass wir durch die Medien in so eine Hysterie und einen Wahn hineinkommen." Gleichzeitig nehme er aber durchaus auch eine reale Bedrohung wahr, was die medizinische Versorgung in Deutschland betrifft. "Wir sind in Europa das Land, glaube ich, mit den meisten Krankenhausbetten und den meisten Intensivbetten, aber gleichzeitig haben wir kein Personal, das gerade die Kapazität, die wir zur Verfügung stellen, aufrechterhalten kann."
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