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Robotik
Ölteppiche wie Schafe zusammentreiben

Büxt ein Schaf aus der Herde aus, rennt meist ein Hund hinterher und drängt es zielsicher zurück. Simulationen zeigen, dass der Hütehund im Grunde nur zwei einfache Regeln beherrschen muss - und diese Regeln lassen sich auch auf andere Problemfelder übertragen.

Von Lucian Haas | 27.08.2014
    Eine Schafherde (Corridale) auf einer Farm bei Mossburn auf der Südinsel von Neuseeland.
    Eine Schafherde auf einer Farm (picture alliance / dpa)
    Auf einer offenen Weide in Australien grasen Schafe. Ein Hütehund läuft am Rande der Herde Auf und Ab und treibt die Gruppe immer wieder zusammen. Was so spielerisch aussieht, ist für Andrew King ein interessanter Forschungsgegenstand.
    Mittels GPS Bewegungsmuster erfasst
    Andrew King:
    "Das Schäferproblem ist: Wie schafft man es, dass viele unwillige Akteure – wie Schafe – sich in eine bestimmte Richtung fortbewegen, wenn sie das vielleicht gar nicht wollen. "
    Der Verhaltensbiologe von der britischen Swansea University ging dieser Frage lange Zeit nach, indem er Hunderte Schafe und ihre Hütehunde jeweils mit GPS-Empfängern ausstattete. So konnte er ihre Bewegungsmuster genau aufzeichnen. Doch das allein reichte ihm nicht.
    Andrew King:
    "Man kann schon vieles einfach nur durch Beobachtung herausfinden. Doch, um genau zu verstehen, was da vor sich geht, haben wir auch mathematisch versucht zu beschreiben, was wir sehen."
    Andrew King gewann Mathematiker der Universität Uppsala in Schweden dafür, sich dieser Frage anzunehmen. Sie programmierten eine Computersimulation, die das Verhalten der Schafe und ihres Hüters realistisch nachbildet. Das Ergebnis zeigt: Schafehüten ist im Grunde leichter als gedacht.
    Andrew King:
    "Überraschenderweise benötigten wir nur zwei einfache Regeln für unseren simulierten Hütehund. Die eine besagt: Wenn alle Schafe beieinander stehen, geht der Hund einfach hinter die Herde. Wenn sich die Tiere wiederum zu sehr verteilen, bewegt sich der Hund an den Rand, an dem sich ein Schaf entfernt. Das treibt die Gruppe wieder zusammen. Diese zwei einfachen Vorgaben führen zum Hin- und Herlaufen des Hundes hinter der Herde. Und das ist genau das, was wir auch bei Hunden im realen Leben beobachten."
    Die Forscher hielten ihre Ergebnisse auch in einem Video fest. Es stellt die Bewegung von zwei Schafherden und ihren jeweiligen Hunden als Punktewolken auf einem geteilten Bildschirm dar. Die Herde auf der linken Seite spiegelt im Zeitraffer die GPS-Positionsdaten echter Tiere wieder, während die Herde auf der rechten Seite nur simuliert ist. Die Bilder sind kaum voneinander zu unterscheiden.
    Ölteppiche wie Schafe zusammentreiben
    Andrew King:
    "Alle gemessenen Daten und alle Modellergebnisse sehen unglaublich ähnlich aus. Auch wenn wir nicht genau wissen, wie der reale Hund handelt, ist unser Modell wahrscheinlich eine sehr gute Näherung für das, was er tut."
    Für Andrew King sind solche Ergebnisse nicht nur interessant, um das Verhalten von Hütehunden besser verstehen zu können. Das Hütemodell könnte seiner Meinung nach auch für technische Steuerungen geeignet sein.
    Andrew King:
    "Gerade durch die Einfachheit bieten sich viele Anwendungsmöglichkeiten. Möglicherweise können Ingenieure, vielleicht Leute, die sich mit Robotern oder der Kontrolle von Menschenmengen beschäftigen, dieses simple Modell auf ihre eigenen Bedürfnisse übertragen und einsetzen."
    Eine Idee wäre beispielsweise das Eindämmen von Ölunfällen auf dem Meer. Autonome Roboterschiffe könnten kleinere Ölteppiche zusammentreiben wie Schafe. Ihre Bewegungen müssten dafür allein von den zwei einfachen Regeln des Hütemodells bestimmt werden.