Der Wille zum Leben

14.02.2014
Die Leonoren-Ouvertüre ist ein drangvoller Auftakt zu Beethovens Befreiungsoper, die er später "Fidelio" nannte. Ihr setzt Martin Fröst das für ihn geschriebene Klarinettenkonzert Kalevi Ahos entgegen, das nach triumphalem Aufbegehren ins Irreale verklingt. Nielsens Symphonie "Das Unauslöschliche" entstand im 1. Weltkrieg mit Blick auf das, was am Lebendigen unvergänglich ist. Stolz spricht aus diesen Werken, Überlebenswille und der Mut der Verzweiflung.
"Fidelio", Beethovens einzige Oper, war sein Schmerzenskind. Drei Premieren in drei verschiedenen Fassungen, Kürzungen, Terminverschiebungen, Zensur – kaum etwas wurde ausgelassen. Sichtbarsten Ausdruck fand diese komplizierte Entstehungsgeschichte in den insgesamt vier Ouvertüren, die Beethoven komponierte. Die 2. "Leonoren"-Ouvertüre (benannt nach dem ursprünglichen Titel von "Fidelio") bietet eine Folge von Charakterbildern der Hauptpersonen, bei der am Ende das Thema der Titelheldin triumphal die Oberhand behält. Auch die erlösende Trompetenfanfare der Oper ist Teil dieser Einleitungsmusik.
Der "Schostakowitsch Finnlands" wird Kalevi Aho mit Verweis auf seine bislang 15 Symphonien und seine polystilistische Schreibweise gern genannt. Fast noch interessanter ist ein Blick auf sein konzertantes Schaffen, hat er doch seit 1981 insgesamt 19 Werke vorgelegt, und zwar jedes für ein anderes Instrument, auch für Tuba, Kontrafagott oder Theremin. Sein Klarinettenkonzert wurde vom Schweden Martin Fröst in Auftrag gegeben und 2006 uraufgeführt. Das fünfsätzige, aber ohne Pausen gespielte Werk durchläuft sämtliche Ausdrucksformen von scheuester Introvertiertheit bis hin zu offener Aggressivität und erlebte eine umjubelte Premiere.
Carl Nielsen, Dänemarks größter Symphoniker, ist in Deutschland immer noch weitgehend unbekannt. Was auch damit zu tun hat, dass seine Orchesterwerke in der Umbruchszeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts ganz eigene Wege gingen – abseits von Tradition wie Moderne. Die 4. Symphonie etwa mit ihrer vibrierenden Energie, ihrer unaufhaltsamen Sogkraft und dem spektakulären Paukenduell im Schlusssatz. Auf ihren Beinamen angesprochen, erklärte Nielsen 1914, die Symphonie habe "kein Programm, aber sie drückt aus, was wir unter Lebensdrang oder Lebensausdruck verstehen" – das "Unauslöschliche" im Menschen eben
Wie in Europa weiß man auch in den USA Osmo Vänskäs dirigentische Arbeit sehr zu schätzen. 2005 war er Amerikas Dirigent des Jahres, kürzlich erst wurde sein Vertrag als Chefdirigent des Minnesota Orchestra bis 2015 verlängert. Auf einhelliges Kritikerlob inklusive einer Grammy-Nominierung stieß seine Gesamtaufnahme aller Beethoven-Symphonien. In den 1990er Jahren hatte Osmo Vänskä bereits das Symphonieorchester in Lahti zu einem der Vorzeigeensembles seiner finnischen Heimat gemacht. Höchste Zeit also, dass der ehemalige Klarinettist auch in Bamberg Station macht.
Makelloser Virtuose, furioser Klangzauberer und energetischer Performer: Martin Fröst ist einer der wenigen Solisten auf einem Holzblasinstrument, die begeistert auf den Podien der ganzen Welt empfangen werden. Die Presse ist voll von enthusiastischen Reaktionen ob seines überwältigenden Spiels. Dem "Fono Forum" gilt er als einer "der interessantesten, virtuosesten, wagemutigsten Instrumentalisten unserer Zeit". Die "Times" ist der Ansicht, man habe erst dann die Klarinette wirklich gehört, wenn man Martin Fröst erlebt habe, und laut classicstoday.com ist er schlicht "the finest clarinetist alive".

Live aus der Konzerthalle Bamberg

Ludwig van Beethoven
Ouvertüre zur Oper "Leonore" Nr. 2 op. 72a

Kalevi Aho
Konzert für Klarinette und Orchester

ca. 20:45 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
„Musik als Bild von Menschlichkeit und Leben“
Stefan Hoffmann im Gespräch mit dem Dirigenten Osmo Vänskä
Carl Nielsen
Sinfonie Nr. 4 op. 29
("Das Unauslöschliche")

Martin Fröst, Klarinette
Leitung: Osmo Vänskä