Der unwahrscheinliche Weg der Angela M.

Merkel-Jahre (1/6) – Die Perle der Uckermark

35:52 Minuten
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steigt am 31.08.2006 bei ihrem Besuch der Marine in Rostock-Warnemünde durch eine Luke in das U-Boot des neuen Typs 212 A. Nach der Besichtigung des U-Boots startet sie zu einer mehrstündige Fahrt an Bord der Fregatte «Sachsen». Merkel will sich nach Angaben der Marine über den Einsatzausbildungsverband der Flotte informieren, der derzeit mit zwei Fregatten, sechs Schnellbooten, zwei Minen-Jagdbooten und einem U-Boot sein jährliches Manöver in der Ostsee abhält. Foto: Jens Büttner +++(c) dpa - Report+++
Angela Merkel, die unwahrscheinliche Kanzlerin © picture-alliance/dpa/Jens Büttner
Feature-Serie von Stephan Detjen und Tom Schimmeck · 20.07.2021
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Niemand hätte es 1990, im Jahr der Wiedervereinigung Deutschlands, für möglich gehalten, dass eine evangelische Pfarrerstochter aus Brandenburg 15 Jahre später zur ersten Regierungschefin der Republik gewählt werden würde. Angela Merkel ist die unwahrscheinliche Kanzlerin. Bis heute gibt sie Rätsel auf.
Stephan Detjen und Tom Schimmeck folgen ihrem Weg, vom Waldhof in Templin, wo ihr Vater ein Pastoralkolleg leitete, zur Akademie der Wissenschaften, wo die Physikerin über Kohlenwasserstoffteilchen promovierte. Sie zeichnen die Tage der Wende nach, in denen Angela Merkel ihren demokratischen Aufbruch erlebte, ihren Aufstieg in der CDU, der sie bis ins Kanzleramt führte.
Bevor Angela Merkel Politikerin wird, führt sie 35 Jahre lang ein ganz anderes Leben. Sie ist ein Kind der DDR, wächst in einer toleranten, recht behüteten Idylle auf. Das sozialistische System bleibt ihr fremd, doch sie arrangiert sich. Die Welt der Naturwissenschaften wird ihr Fluchtpunkt.
Kurz nach der Geburt von Angela Dorothea Kasner in Hamburg 1954 zieht ihre Familie in den Osten Deutschlands, nach Brandenburg, wo Vater Horst eine Pfarrstelle antritt. Der Waldhof in Templin, einem beschaulichen Städtchen in der Uckermark, an einem See gelegen, ist bis heute eine Einrichtung für behinderte Menschen. Angela, die Eltern und zwei Geschwister wohnen im "Haus Fichtengrund". Als Kind freundet sie sich mit dem Gärtner an, der immer Zeit für sie hat.
Sie glänzt als gute Schülerin, vor allem in Mathe und Russisch. Ihr Vater, der "rote Kasner", ist gut vernetzt. Als sie an der Erweiterten Oberschule ein bisschen politischen Ärger hat, kann er verhindern, dass sie ihren Studienplatz an der Karl-Marx-Universität in Leipzig verliert. Im Studentenclub Moritzbastei ist die "Bardame" später für ihren "Kirsch-Whisky" berühmt.
Ihr halbes Leben in der DDR wird Angela Merkel, die spätberufene Politikerin, als prägend beschreiben. Es ist ein völlig anderer Erfahrungshorizont, den in der Bundesrepublik Sozialisierte nur schwer verstehen können. Bis heute wird ihr von Leuten, die westlich der Mauer im Kalten Krieg groß geworden sind, übertriebene Anpassungsfähigkeit und mangelnde ideologische Entschlossenheit vorgehalten.
Zeitzeugen: Hans-Ulrich Beeskow, Mathematiklehrer; Detlef Tabbert, Templins Bürgermeister, Michael Schindhelm, Wissenschaftskollege, Bewohner und Kenner des Waldhofs u.a.

Merkel-Jahre
Der unwahrscheinliche Weg der Angela M.
(1/6) Die Perle der Uckermark
Feature-Serie von Stephan Detjen und Tom Schimmeck

Ton und Regie: Tom Schimmeck
Es sprachen: Annette Burchard, Stephan Detjen und Tom Schimmeck
Redaktion: Wolfgang Schiller
Produktion: Deutschlandfunk 2021

Stephan Detjen, 1965 in Bayreuth geboren, ist Chefkorrespondent des Deutschlandradios und leitet das Hauptstadtstudio in Berlin und das Studio Brüssel. Von 1997 bis 1999 war der Jurist und Historiker rechtspolitischer Korrespondent in Karlsruhe. Als Buchautor hat er sich mit Fragen des Verfassungsrechts und der politischen Öffentlichkeit beschäftigt. Die Kanzlerin Angela Merkel beobachtet er von Anfang an aus der Nähe.

Tom Schimmeck, 1959 in Hamburg geboren, arbeitet seit 1979 als politischer Journalist für Presse und Hörfunk. Über Helmut Kohls ersten Wahlsieg 1983 berichtete er aus Bonn. Seit 2004 macht er Radiofeatures für den Deutschlandfunk und die ARD. Seine Arbeit wurde u.a. mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Ernst-Schneider-Preis, dem Schweizer Featurepreis, dem RIAS-Radiopreis und dem Alternativen Medienpreis ausgezeichnet.

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