Der Tag mit Elisabeth Niejahr

Mit Geburtenkontrolle gegen die Flüchtlingskrise

Die Journalistin Elisabeth Niejahr
Die "Zeit"-Journalistin Elisabeth Niejahr: Gegen radikale Lösungen bei der Geburtenkontrolle © Deutschlandradio / Manfred Hilling
06.07.2017
Beim G20-Treffen in Hamburg wird es auch um Afrika gehen. Die "Zeit"-Journalistin Elisabeth Niejahr hält das für sinnvoll, vermisst aber einen wesentlichen Aspekt in der Debatte um die Zukunft des afrikanischen Kontinents: die Geburtenkontrolle.
Im Deutschlandfunk Kultur sagte Niejahr, die afrikanischen Regierungen zeigten insgesamt wenig Interesse an Geburtenkontrolle und der Verbreitung von Verhütungsmethoden. In diesem Bereich müssten aber viel größere Anstrengungen unternommen werden.

Kinderreichtum als Grund für Migration

Dass afrikanische Familien oft fünf oder mehr Kinder hätten, sei ein wesentlicher Grund für Migration. Denn das Ackerland reiche oft nur für die ersten beiden Kinder, die anderen hangelten sich durch oder müssten sich auf den Weg in die weite Welt machen. Das sei "verständlich und auch überhaupt nicht verwerflich", sagte Niejahr.
Somalische Flüchtlingskinder warten am 6. April 2017 auf die Zuteilung von Nahrungsmitteln in einem Hilfslager außerhalb von Mogadischu. Hunderte von Neuankömmlingen, überwiegend aus den von Hitze und Dürre betroffenen südlichen Landesregionen, leiden an Mangelernährung und suchen in Mogadischu nach Hilfe, wie die Vereinten Nationen in ihrem Bericht vom 17. Februar erklären.
Armut erzeugt Migration: Somalische Flüchtlingskinder warten auf die Zuteilung von Lebensmitteln© AFP / ;Mohamed Abdiwahab
Umso mehr fragt sich die Journalistin, warum das Thema keine Rolle auf dem G20-Gipfel spielen soll. Auch in der Berichterstattung deutscher Medien über den Gipfel und über Afrika komme es kaum vor, kritisierte Niejahr.

"Eine Frage des Wollens"

Insgesamt ist Geburtenkontrolle und Verhütung in Afrika "eine Frage des Wollens" für Niejahr. Es habe sich gezeigt, "dass das Verteilen von Kondomen nicht reicht", betonte sie. Grundsätzlich müsse man mehr bei den Frauen ansetzen.
Ein rigoroses staatliches Vorgehen empfahl sie nicht. Zwar habe beispielsweise die Ein-Kind-Politik in China die Ausbildung einer breiten Mittelschicht erst möglich gemacht. Diese sei aber auch mit "unglaublicher Brutalität" durchgesetzt worden und habe viel Leid gebracht.

Der Iran verfolgte eine Zwei-Kind-Politik

Im Iran sei es anders gelaufen, sagte Niejahr. Hier habe man eine Zwei-Kind-Politik verfolgt und diejenigen Familien belohnt, die nicht mehr als zwei Kinder bekamen. In asiatischen Staaten habe sich die niedrige Geburtenrate als Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs ergeben.
Weitere Themen in der Sendung waren US-Präsident Donald Trump und seine Rede in Warschau sowie die Frage, ob die EU Italien wegen der Flüchtlingskrise Hilfe schuldet. (ahe)

Elisabeth Niejahr, geboren 1965, ist Hauptstadtkorrespondentin der Wochenzeitung "Die Zeit", für die sie seit 18 Jahren arbeitet. Niejahr studierte Volkswirtschaft und ließ sich in Köln zur Wirtschaftsjournalistin ausbilden. Sie schreibt vor allem über Demografie, Arbeit, Gender-Fragen und politische Kultur. Zum September wechselt sie als Chefreporterin ins Berliner Büro der "Wirtschaftswoche".

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