Der Sündenfall

Von Thilo Schmidt · 24.08.2007
Im August 1992 attackieren hunderte Menschen, Anwohner gemeinsam mit Rechtsextremen aus der ganzen Bundesrepublik, das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen. Die tagelangen Krawalle richten sich gegen die dort wohnenden Asylbewerber - das Haus brennt, die Eingeschlossenen erleiden panische Angst, und die Polizei greift zunächst nicht ein.
Kurz nach den Pogromen verschärft der Bundestag mit breiter Mehrheit das Asylrecht. Und heute, 15 Jahre später? Die NPD in Mecklenburg-Vorpommern hat die Mitte der Gesellschaft erreicht und sitzt im Landtag.

August 1992: Tausende Lichtenhagener klatschen Beifall, während das von Vietnamesen bewohnte Sonnenblumenhaus und die ZASt, die zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber von Rechtsradikalen und Anwohnern attackiert wird. Tagelang.

Es brodelte schon lange: Die Asylbewerber campierten zum Teil wochenlang vor der völlig überbelegten ZASt. Obdachlos müssen sie Tag und Nacht auf der Wiese verbringen, essen, schlafen, ihre Notdurft verrichten, ihre Kinder wickeln. Die Stadt weigert sich, mobile Toiletten aufzustellen.

Ein anonymer Anrufer kündigt die Krawalle bei den "Norddeutschen Neuesten Nachrichten" an. Die Zeitung druckt den Aufruf am nächsten Tag ab.
Und der Rechtsextremist Michael Andrejewski verteilt 100.000 Flugblätter in Lichtenhagen und Umgebung. Rostocks Ausländerbeauftragter Wolfgang Richter:

"Andrejewski hatte im Vorfeld ein Flugblatt verfasst, und in diesem Flugblatt wurde also auf massivste und übelste Weise Stimmung geschürt, Rassismus betrieben, und die Deutschen in Stellung gegen diese Flüchtlinge gebracht."

"Widerstand gegen die Ausländerflut" ist der Titel der Flugblätter. Schon bald gilt Andrejewski als "ideologischer Brandstifter" von Rostock-Lichtenhagen.

"Das lässt schließen auf mangelnde Sachkenntnis …," sagt Michael Andrejewski, "… erst muss man das Flugblatt gelesen haben – da wird kein Bezug genommen auf dieses Asylbewerberheim, es wird nur generell von Ausländern gesprochen, es wird zur Gründung einer Bürgerinitiative aufgerufen, es wird überhaupt nicht zur Gewalt aufgerufen, so gesehen ist das Schwachsinn."

Über die Ausländer heißt es dort "Heute haben wir sechs Millionen. Sie nennen sich Einwanderer und erzählen uns, Deutschland gehöre jetzt auch ihnen." Das Flugblatt, herausgegeben von der Aktion "Rostock bleibt deutsch", ist unterzeichnet von Andrejewski. Der "Berufsrevolutionär von Rechts", wie er sich selbst nennt, ist Jurist, und versteht es, sich nicht angreifbar zu machen. Dennoch macht er immer wieder und bis heute unmissverständlich klar, worum es ihm geht.

"Ich kann die Motive für solche Taten generell nicht verstehen, aber dass die Leute wütend waren, kann ich verstehen."

Viele Rostocker haben in den letzten 15 Jahren für ein anderes Rostock gekämpft, für eine offene und tolerante Hansestadt. Auch junge Rostocker, die sich an die Ausschreitungen gar nicht erinnern können. Solche wie Erik Buchwald. Der Schüler führt Besucher durch eine Wanderausstellung zum Thema.

"Ich fand das eigentlich sehr interessant, weil ich wusste vorher von Rostock-Lichtenhagen eigentlich noch gar nichts, und von daher dachte ich, es gibt bestimmt noch sehr viele andere Leute, die das nicht wissen. Und so kam mir dann die Idee: Man könnte es auch hier in unsere Schule bringen. Und das hab ich dann irgendwie organisiert, mit Hilfe von Lehrern und Freunden und Frau Fassnacht natürlich …"

Lena Fassnacht vom Rostocker Verein "Bunt statt Braun" hat die Ausstellung mit initialisiert …

"… weil wir meinten damals, dass ne ganze Menge, nicht nur Aufklärungsbedarf, was damals passiert ist, oder auch Bedarf, zu zeigen, was seitdem passiert ist, um ein Stück weit auch Rostock vielschichtiger darzustellen, als es über die Medienberichterstattung von 92 transportiert worden ist – aber: Wir meinten, es wäre auch wichtig, zu diesem Anlass ein Stück zu prüfen, wie der Konsens in der Bevölkerung eigentlich aussieht …"

Hoffnungsvolle Zeichen aus Rostock, aber es gibt auch andere Stimmen: Momentaufnahmen rund um das Sonnenblumenhaus. Aufgenommen im Sommer 2007, 15 Jahre später.

"Da ham hier ja noch keine normalen Leude drin gewohnt hier, da warn ja noch hier noch Vietnamesen drin und … auch wat war hier nich alles drin …"

"Dass die natürlich ne völlig andere … na, wie sagt man? Ne völlig andere Einstellung oder so haben, oder so, ne andere Kultur haben, is ja völlig klar. Das hat natürlich den Leuten hier… muss ich ganz ehrlich sagen! Das hat die abgestoßen."

"Klar warn wir auch mit dabei. Aber… mit Steine schmeißen.. haa mmh … ordentlich Steine geholt vorne von de Schienen … he! Jooo, war nich schlecht!"

Die Wanderausstellung über die Pogrome wurde aus Anlass des zehnten Jahrestages erstellt, und eigentlich sollte sie zum 15. Jahrestag grundlegend überarbeitet werden. Das ging nicht: Dafür benötigte Zuschüsse wurden vom Land nicht bewilligt, deswegen müssen sich die Initiatoren vorerst mit der bestehenden Präsentation vorerst begnügen.. Bis vor kurzem hat Erik Buchwald sie an einem Rostocker Gymnasium seinen Mitschülern erläutert.

"Also es besteht aus drei Teilen, so, also zum ersten betrifft es die Ereignisse an sich selbst, wer ist da integriert, die Roma und Sinti, die Rechtsradikalen, die Politiker … wir haben hier auch so ne Tafel mit Sprücheklopfer, nennt sich das, … hier hinter … Aussagen von Politikern."

Innenminister Seiters: "Wir müssen handeln gegen den Missbrauch des Asylrechts, der dazu geführt hat, dass wir einen unkontrollierten Zustrom in unser Land bekommen haben, ich hoffe, dass die letzten Beschlüsse der SPD, sich an einer Grundgesetzänderung zu beteiligen, endlich den Weg frei machen …"

Innenminister Seiters am 24. August 1992 – auf einer Pressekonferenz in Rostock. Zu dieser Zeit nähern sich die Ausschreitungen dem Höhepunkt. Bereits den dritten Tag in Folge herrschen in Lichtenhagen Hass und Gewalt.

Die Asylbewerber aus der ZASt sind bereits evakuiert, jetzt vergreift sich der Mob an dem von Vietnamesen bewohnten Sonnenblumenhaus. Ein Team des ZDF-Magazins "Kennzeichen D" will aus Lichtenhagen berichten. Mit dabei: Der Praktikant Jochen Schmidt, heute Fernseh-Journalist beim Hessischen Rundfunk:

"Wir sind in dieses Haus gegangen, eigentlich, um eine klassische Reportage zu machen. Da gibt es Menschen, die sind seit Tagen bedroht, und die sind in diesem Haus mehr oder weniger isoliert, und mit denen wollten wir reden, wies ihnen geht, wie sie diese Angriffe erlebt haben, was sie über die Deutschen denken und ob sie sich denn arg wohl fühlen in diesem Land, das wären alles so Fragen gewesen die man hätte stellen können, und die wir ja am Anfang auch gestellt haben. Bis dann der Sturm auf dieses Haus losging und wir selbst nicht mehr rauskamen und wir selbst zu den Belagerten wurden."

Unaufhörlich fliegen Steine in die Fenster des Sonnenblumenhauses, jeden Treffer quittieren die zu tausenden umherstehenden Lichtenhagener mit Beifall. Irgendwann fliegen Molotow-Cocktails. Dichte Flammen schlagen aus dem zweiten Stock, fressen sich langsam nach oben. Und die johlende Masse hindert die Feuerwehr am Löschen. Die Polizei greift nicht ein.

"… die Polizei hatte sich zurückgezogen, offizielle Version, bis heute: Man habe sich neu organisieren müssen, man sei zerrieben gewesen und man habe erstmal wieder die Truppe sammeln müssen. Wir haben allerdings in der Nacht damals noch mit Kennzeichen D Interviews gemacht mit Einsatzleitern von Hundertschaften, die uns bestätigt haben, das sie die ganze Nacht in der Nachbarschaft standen und zusehen mussten. Und keinen Einsatzbefehl bekamen. Auch auf Nachfrage keinen Einsatzbefehl bekamen. Man hat sie nicht angefordert, sie haben zugesehen. Warum auch immer."

Und im Sonnenblumenhaus fürchten 120 Vietnamesen und das "Kennzeichen D"-Team um ihr Leben. Zur Schicksalsgemeinschaft gehört auch der Ausländerbeauftragte Wolfgang Richter, der während der gesamten Ausschreitungen den Asylbewerbern und Ausländern beigestanden hat.

"… die Chaoten sind unten durch die Tür eingedrungen, ich habe schon telefoniert … die Polizeiinspektion Lütten Klein hat es nicht begriffen! Die haben es nicht begriffen was hier vorgeht! ..."

"… und dann war’s ruhiger, weil offensichtlich Feuer und Qualm dort unten so massiv waren, dass also die Gewalttäter sich da aus dem Haus selber auch zurückgezogen hatten, wir hatten uns in der sechsten Etage verbarrikadiert, wenn dann jemand hochgekommen ist, dass wir versucht hätten, die dort abzuwehren, und dann wurde dieser Qualm immer dichter, der dort durch das Treppenhaus und den Fahrstuhlschacht dort nach oben zog …"

"Es war eine Situation, wo das Atmen schwer wurde, weil der Rauch hochzog, es is ne Situation, wo wir alle mal für einen Moment still geworden sind. Und wo jeder für sich ein Resumé gezogen hat. Und an die gedacht hat, die man vielleicht nicht mehr wiedersieht. Das hat's gegeben. Das gab's für uns alle. Und, ehm … es gab auch in der Situation Abschiedsbriefe."

"Die Vorfälle der vergangenen Tage machen deutlich, dass eine Ergänzung des Asylrechts dringend erforderlich ist, weil die Bevölkerung durch den ungebremsten Zustrom von Asylanten überfordert wird."

Sagt der damalige Ministerpräsident Seite, ebenfalls auf der Pressekonferenz in Rostock, ebenfalls zeitgleich mit dem Höhepunkt der Krawalle.

Derweil kämpfen sich die Eingeschlossenen im Sonnenblumenhaus die Treppen hinauf, Stockwerk um Stockwerk. Aber die Dachluke ist verrammelt. In letzter Minute gelingt es ihnen, einen Ausgang aufzubrechen und über das Dach zu entkommen.

"Hätten Sie uns entdeckt, von unten, dass wir aufm Dach sind, hätten sie durch jeden anderen Aufgang hochgehen können, auch aufs Dach, und das hätte dann zu einer Konfrontation auf dem Dach kommen können, und das war das, wo wir wirklich am meisten Angst hatten. Und deswegen ham wir uns auf dem Dach auch wirklich nur kriechend bewegt, und sind dann, ein paar Aufgänge weiter, da, wo also die normalen, deutschen Mieter wohnten, runtergegangen, haben dort an jeder Haustür geklingelt, um Hilfe zu bekommen … aufgemacht hat einer."

Jochen Schmidt hat die Ereignisse in Rostock-Lichtenhagen akribisch nachrecherchiert und ein Buch darüber geschrieben. Er ist davon überzeugt, dass die Politik die Ausschreitungen vorsätzlich eskalieren ließ, um die SPD zum Einlenken in der Asylfrage zu bewegen. Sein Buch, es heißt "Politische Brandstiftung".

"Das ist ja genau das Problem bei Rostock-Lichtenhagen und bei dem, was vor 15 Jahren dort geschehen ist. Das man die Wahrheit bis heute noch nicht kennt. Und dass man eigentlich nur an die Wahrheit rankommt, wenn man mit denen, die an dem Montagnachmittag in einer sehr prominenten Runde zusammengesessen haben, reden könnte … die zu einer Zeit zusammengesessen haben, als dieser Polizeieinsatz komplett in die umgekehrte Richtung lief, nämlich nach hinten. Das waren ganz prominente Leute, das war der Bundesinnenminister Seiters, der extra eingeflogen kam. Das war der Ministerpräsident Seite, der damalige, das war der damalige Landesinnenminister Kupfer. Das war der Polizeichef von Rostock, Kordus, und das war der Chef des LKA. Frick. Die haben alle zusammengesessen an diesem Nachmittag und beraten, wie man denn da jetzt mit umgehen könne, dass da diese Krawalle da auf der Wiese immer heftiger werden, und in dieser Zeit werden Hundertschaften abgezogen, neue werden nicht genehmigt, Informationsstränge brechen plötzlich zusammen, dem Einsatzleiter vor Ort wird sein Beamter, der für ihn als rechte Hand fungiert, abgezogen … Jede Menge Dinge passieren dort plötzlich, genau zu dieser Zeit, als die Herren dort zusammensitzen.
Und da ist die Frage schon erlaubt, ob’s denn da wohl einen Zusammenhang gibt. Es gibt viele Indizien dafür, dass es einen Zusammenhang gibt."

Einen Beweis für seine These hat er allerdings nicht. Die Teilnehmer der Sitzung standen ihm für Gespräche nicht zur Verfügung – außer einem: Polizeichef Kordus, nachdem er den mittlerweile in Spanien lebenden Pensionär telefonisch ausfindig gemacht hatte …

"… und ihm die Frage gestellt habe natürlich: 'Was denken Sie denn, also: War das was, was so passieren sollte?' Und er darauf 'Ja' geantwortet hat. Und er sagt, er ist es nie ganz losgeworden, den Verdacht, dass da irgendwas Politisches dahintersteckt. Und wenn man dann weiterfragt: 'Was meinen Sie denn, was politisch wohl dahintersteckt?' Dann kommt dann sehr schnell die Antwort: 'Ab hier keinen Kommentar mehr.' Was auch ne Antwort ist. Wenn man weiß, wer am Nachmittag zusammengesessen hat."

Zum 15. Jahrestag der Ausschreitungen ist die Wanderausstellung nun in Berlin zu sehen. Erik Buchwald kann die Ausstellung nicht in die Hauptstadt begleiten, aber er weiß nun, worum es geht, und er wird sein Wissen an andere weitergeben.

"Ein zweiter Teil ist dann eben auch: Die Rechtsradikalen, also es wird darauf eingegangen: Was sind rechtsradikale, wie äußert sich das: Gedankenwege. Zum Beispiel wird versucht, die Argumentation zu widerlegen. Zum Beispiel: Menschliche Kulturen können nur in Reinform existieren. Das ist ja ganz klar rechtsradikal: Zum Beispiel: Deutsche rein, Ausländer raus, so in diesem Sinne."

Dennoch ist das ein Argument, das oft genug verfängt. Das weiß auch der Rechtsextremist Andrejewski, der mit den Flugblättern, 1992. Auf die Frage, wer seiner Ansicht nach ein Recht hat, hier zu leben, antwortet er:

"Das ist erstens eine Frage der Abstammung und zw …
" Was bedeutet Abstammung?"
"Das heißt, wenn Sie von einem Volk abstammen, wenn Sie Eltern haben, die dazugehören, dann gehören Sie in der Regel auch dazu."
" Das heißt: Ihr Programm beruht darauf, Deutschland homogen deutsch zu halten …"
"Im Wesentlichen. Das ist unser Begriff für ne gerechte Gesellschaft. Wir meinen, eine gerechte Gesellschaft ist am leichtesten möglich in einem homogenen Nationalstaat."

Heute, 15 Jahre später, sitzt Andrejewski für die NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Und kann jetzt auf Staatskosten vom Redepult aus den homogenen Nationalstaat propagieren. Den aber kann es niemals geben – auch das ist ein Thema der Lichtenhagener Wanderausstellung. Der Schüler Erik Buchwald:

"Ja, und der dritte Teil bezieht sich dann auf Völkerwanderung, zum Beispiel, da wird erklärt, warum wandern wir überhaupt … ich find den Spruch so gut: Wanderung ist eine Konstante in der Geschichte."

Die Vietnamesen im Sonnenblumenhaus kamen ab Anfang der Achtziger nach Rostock. Sie waren gefragte Arbeitskräfte in der DDR. In einem Rostocker Café: Treffen mit Phuong Kollath. 1982 musste sie ansehen, wie die Flammen sich in das Haus fraßen, in dem sich 120 ihrer Landsleute aufhielten.

"… in diesem Haus hab ich auch zehn Jahre lang gewohnt, das war das betriebsinterne Wohnheim vom Überseehafen. Da hab ich auch gearbeitet, deswegen hatte der Überseehafen uns auch hier her geholt …"

Auch in der DDR rief man Arbeitskräfte, und auch in die DDR kamen - Menschen. Die meisten haben Rostock nach den Ausschreitungen - nicht - verlassen.

"… du bist hier unerwünscht, du wirst hier rausgetrieben: Wohin jetzt? Jetzt ist Krieg. Wohin? Weil in Vietnam kannten wir den schon. Immer wieder wegziehen, immer wieder ein neues Versteck suchen. Vor den Amerikanern, vor den Franzosen, damals. Ich hab selber den Krieg in Vietnam erlebt, und in erster Linie: Es ist Krieg … wo willst du hin?"

Die Vietnamesen blieben – und sie waren es, die als Reaktion auf die Ausschreitungen einen deutsch-vietnamesischen Freundschaftsverein gegründet haben - zusammen mit Wolfgang Richter, der auch heute noch Ausländerbeauftragter von Rostock ist ...

"Ooh, da kann ich ihnen aber ganz stolz sagen, dass wir mit dem 15-jährigen Bestehen des Vereins in dieser Stadt und sogar über die Grenzen hinaus sehr, sehr viel dazu beigetragen haben, indem wir sagen: Förderung der gegenseitigen Akzeptanz und Verständigung verschiedener Ethnien für eine gegenseitige friedliche Miteinanderleben in Rostock, berufliche und sprachliche Förderung für alle Migranten …"

"Ich denke, dass politisch verantwortliche sehr wohl begriffen haben, dass da hinsichtlich der Integration von Ausländern da etwas passieren muss, dass die Stadt da eine aktive Rolle und eine aktive Position einnehmen muss. Und zusammen mit den Ausländern, mit den Migranten etwas verändern muss. .. Das hindert nicht Menschen in dieser Stadt daran, bei der letzten Landtagswahl eben NPD zu wählen, und anfällig zu sein für rechte Parolen, auch für ausländerfeindliche Parolen, und für Rassismus … für einen völlig überzogenen Nationalismus, zuerst die Deutschen und zuerst wir Deutsche, das hat 92 und die Entwicklung danach eben nicht möglich gemacht, und es wäre glaub ich auch Träumerei, abzunehmen, dass eine Stadt, die eine solche Erfahrung gesammelt hat, nun wie eine Insel in der Bundesrepublik Deutschland gegen all das, was an gesellschaftlicher Strömung und gesellschaftlicher Auseinandersetzung in diesem Land passiert nun immun wäre."

NPD-Demo in Rostock: " In der Doberaner Straße hat vor 14 Tagen ein Geschäft seinen Betrieb aufgenommen, der Bekleidungsgegenstände verkauft, die den Herrschenden nicht in das politische Weltbild passen …"

Im ansonsten studentisch-alternativen Rostocker Stadtteil Kröpeliner-Tor – Vorstadt sorgt seit Monaten ein rechter Szeneladen für Unruhe. Ganz offen zeigen dort NPD-Funktionäre durch Demonstrationen und Besuche ihre Verbundenheit zur gewaltbereiten Neonaziszene.

NPD-Demo: "Unsere Waffe ist die Überzeugung, dass wir diesen Parteienstaat von unten nach oben umkrempeln müssen, damit es eine Zukunft gibt für die deutsche Jugend und damit für das deutsche Volk, liebe Freunde!"

Lena Fassnacht: "… das ist ein Anlass für nen großen Aufschrei hier, und der Protest wird nicht nachlassen, bis der Laden früher oder später geschlossen ist. Also das ist ein Zeichen für ein Bewusstsein hier in der Stadt, unabhängig davon kann man die Situation nicht schönreden. Ich meine, die NPD hat auch in Rostock hier fünf Prozent Zweitstimmen hier gekriegt. Und das ist ne Menge. Und das verteilt sich dann nicht gleichmäßig über die Stadt sondern konzentriert sich dann mit höheren Prozentzahlen in gewissen Stadtteilen …"

In den Neubaugebieten um Rostock-Lichtenhagen erreichte die NPD bei der Landtagswahl im letzten Jahr zwischen 6,1 und 8,2 Prozent.

Im längst sanierten Sonnenblumenhaus leben heute fast nur Deutsche und kaum eine Hand voll Vietnamesen. Auf dieser Treppe flohen vor 15 Jahren 120 Menschen vor dem Tod, während diese Republik eine andere wurde. Ab dem sechsten oder siebten Stock kann man die Ostsee und den Strand von Rostock-Warnemünde sehen. Es ist kaum vorstellbar, wie Menschen so unmenschlich sein können. Menschen, denen dieses sanftmütige Meer so nahe ist.