Der Spaß-Chor für jedes Alter

Von Gerrit Stratmann · 26.04.2013
Die Freude am Singen führt der Chor JOY aus Frechen in NRW schon im Namen: JOY ist ein gemischtes Ensemble mit über 45 aktiven Sängern, das sich 1994 gegründet hat. Am liebsten studiert es Lieder aus den Bereichen Pop, Rock und Gospel ein.
Ekkehart Le Bihan: "Ich finde es einfach wichtig, dass ein Mensch eine Ausdrucksform hat. Wir nehmen was in uns auf, und irgendwie finde ich es wichtig, sich dann auch kreativ zu betätigen. Sei es mit Tanz oder Musik oder Schreiben oder ein Instrument, und für mich ist es das Singen."

Ekkehart Le Bihan singt seit sechs Jahren im Tenor von JOY, dem jungen Chor aus Frechen. Mit seinen 59 Jahren fügt er sich gut in die Gruppe ein, denn ganz so jung wie bei der Gründung vor fast 20 Jahren sind die Mitglieder des Chores mittlerweile nicht mehr. Trotzdem ist immer noch das ganze Altersspektrum von 19 bis über 60 vertreten. Johannes Paul, heute Vorsitzender des Chores, hat JOY damals mit etwa einem Dutzend weiterer Mitstreiter gegründet, nachdem sie dem kirchlichen Jugendchor endgültig entwachsen waren.
Johannes Paul: "Inzwischen, das haben wir mal überschlagen, haben über 300 Leute in unserm Chor gesungen."

Der Anteil an Sängerinnen und Sängern, die aus beruflichen oder privaten Gründen den Chor verlassen, ist hoch. Über Sängermangel kann der Chor trotzdem nicht klagen. Immerhin hat JOY aktuell gut 45 Mitglieder.

Seit 2010 wird JOY von Bianka Kerres und ihrem Mann Hans Fücker geleitet. Die ausgebildete Sängerin und der Jazz-Pianist brachen in den letzten drei Jahren mit ein paar lieb gewonnenen, alten Gewohnheiten des Chores.

Bianka Kerres: "Das erste war: Ohne Noten singen. Das war vorher hier leider nicht im Chor üblich. Aber wir haben es geschafft, da bin ich wahnsinnig stolz drauf, weil für manche war das sehr, sehr schwierig nach 16, 17 Jahren mit Noten in der Hand ohne Noten zu singen. Es ist aber üblich. Man findet im Prinzip keinen Pop-, Gospel- oder Jazzchor, der Noten in der Hand hat."

Auch wenn die Umgewöhnung einige Zeit dauerte, die Mühe hat sich gelohnt, findet Altsängerin Andrea Zillken.

Andrea Zillken: "Also man muss sich auch mal zuhause hinsetzen und Texte lernen. Aber das hat einfach den Vorteil, dass man sich dann auch bei den Auftritten auf der Bühne viel freier bewegen kann."

Die neu gewonnene Freiheit eröffnete auch neue Möglichkeiten bei der Liedgestaltung: Hände reibend, schnipsend und mit den Füßen stampfend beschwört JOY ein Urwaldgewitter in seinem Probensaal herauf.

Mit Hans Fücker am Klavier verfügt JOY über den Luxus eines erfahrenen Korrepetitors. Solange eine Steckdose in der Nähe ist, untermalt er mit seinem E-Piano auch die Auftritte des Chores.

Hans Fücker: "Ich bin für die Begleitung zuständig, was ich als Pianist natürlich als extrem wichtig erachte, weil es einfach so ist: Schlecht beglitten, schlecht gesungen. Und darum ist, glaube ich, eine professionelle Begleitung für einen Chor einfach unumgänglich."

Volker Schulte:"Eins der absoluten Highlights zur Zeit ist unser Arrangement von Simon & Garfunkel "Scarborough Fair", und das ist dann schon etwas, das auch auf der Bühne dann Gänsehaut verursacht. Die Zuschauer kennen die Lieder meist noch im Original, und wenn es dann gut gemacht ist, dann kommt das auch sehr gut an."

Tenor Volker Schulte ist dem Chor schon seit über 15 Jahren treu. Von Hochzeitsständchen über Open Air- und Kirchenkonzerten bis hin zu Stadthallenauftritten hat er mit JOY schon alles erlebt. Neu war aber auch für ihn das erste Mitsingkonzert, das der Chor letztes Jahr veranstaltet hat. Chorleiterin Bianka Kerres erinnert sich:

"Hans hat einfach angefangen die Intro zu spielen, und dann haben die Chormitglieder ganz verteilt im Publikum angefangen zu singen. Und das war richtig mystisch. Die haben sich dann bewegt im Publikum und das Publikum wusste gar nicht, was passiert jetzt um mich rum? Und das war also ganz, ganz toll."

Hannah Nahring hat den Auftritt damals als Besucherin erlebt. Die 19-Jährige war so angetan, dass sie ihren alten Chor, in dem sie überwiegend klassisches Repertoire gesungen hat, verließ, um bei JOY mitzumachen.

"Ich bin dann einfach mal mitgekommen und fand das gut. Also hat mir auf jeden Fall Spaß gemacht. War was ganz anderes als das, was ich vorher gesungen habe. Aber muss ich jetzt sagen: Es macht mir mehr Spaß, also so Pop und Rock zu singen, als was Klassisches."

Eigene Konzerte organisiert der Chor leider nur selten. Lieber steht er als Gast bei Veranstaltungen auf dem Programm. Das hat vor allem mit dem Aufwand zu tun.

Johannes Paul: "Das ist auch heute zu einem finanziellen Risiko geworden, weil der Anspruch an Lichttechnik oder akustische Technik immer größer wird, und das kostet Geld. Auch für einen Chor wie uns. Und aus dem Grund machen wir eigene Konzerte in der Regel in einem 2-Jahresrhythmus."

Eine Alternative dazu, große und teure Säle anzumieten, hat JOY aber auch schon gefunden. Zweimal haben sie bereits ein eigenes Chorfestival auf dem Frechener Rathausplatz organisiert und fremde Chöre dazu eingeladen. Wenn es nach Volker Schulte ginge, dürfte die Zahl der Mitglieder für die nächsten Konzerte auch gerne noch weiter wachsen. Immerhin waren es schon einmal 60.

"Ich wäre froh, wenn wir mal wieder diese 60 hätten. Das ist schon ganz nett gewesen."

Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.