Der Sonne entgegen

Von Thomas Wagner · 22.04.2012
Flugzeugkonstrukteure sehen in der Sonne eine sinnvolle Energiequelle für den Antrieb ihrer Flieger. Solarflugzeuge sind im Kommen, und die technischen Details - wie elastische Solarzellen, präsentiert auf der Messe "Aero" in Friedrichshafen - werden immer raffinierter.
Calin Gologan, Flugzeugkonstrukteur aus Nesselwang im Allgäu, hält sich am Rande des Flughafens Friedrichshafen die Ohren zu. Denn er weiß: Es geht auch leiser - mit elektrischem Antrieb.

"Der Propeller dreht sich langsam und erzeugt keinen Lärm. Wenn das Flugzeug 300 Kilometer über Grund fliegt, hört man praktisch nichts."

Stolz zeigt der Entwickler auf das Kleinflugzeug "Electra one solar", das sein Unternehmens auf der Flugzeugmesse "Aero" im April 2012 in Friedrichshafen ausstellte. Dabei richten sich die Blicke der Besucher vor allem auf die Tragflächen. Genauer gesagt: Auf die Solarzellen, die dort aufgebracht sind.

"Die Solarzellen, die Module, sind sehr dünn und leicht. Sie haben nur 0,2 Millimeter Dicke, wiegen etwa 400 Gramm pro Quadratmeter. Aber ganz wichtig ist, dass die Solarzellen biegsam sind."

Das war bislang ein Riesenproblem. Denn die Tragflächen sind elastisch am Flugzeug angebracht. Sie schwingen je nach Belastung hin- und her, dehnen sich zum Teil auch aus. Klassische Solarzellen dagegen sind brüchig und bersten wie Glas, wenn die mechanische Beanspruchung zu stark wird. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Augsburg entwickelten Calin Gologan und sein Team eine neue Generation von Zellen speziell für den Solarflugzeugbau.

"Wenn ich die Solarmodulwaffeln zwischen zwei dünne Glasplatten laminiere, erzeuge ich eine Matrix. Und diese Matrix kann man biegen - und bleibt dennoch ein leichtes Modul."

Elastische Solarzellen fanden erstmals bei dem Zweisitzer "electra one solar" Verwendung. Die Maschine benötigt für eine elektrische Leistung von etwa fünf Kilowatt. Die Hälfte davon wird bei Sonnenschein von den Solarzellen eingespeist. Die andere Hälfte kommt aus dem Akku. Immerhin liegt die Reichweite des schnittigen Solarfliegers bei rund 1000 Kilometern - zu wenig, findet Konstrukteur Calin Gologan. Das Nachfolgemodell, die "Elektra zwei", soll durch eine Vergrößerung der Tragflächen und durch Optimierung der Leichtbautechnik bis zu 3000 Kilometer weit fliegen, mit Hilfe der Sonne.

"Die Sonne bringt als Spitzenleistung mehr, als das Flugzeug braucht. Das Flugzeug kann diese Energie speichern und durch die Nacht fliegen."

Ein Messebesucher übt im Flugsimulator einen Landeanflug. Über 70 Prozent der Aero-Besucher haben einen Pilotenschein; sie kommen aus aller Welt. Doch neben der Freizeitfliegerei geht es in der Allgemeinen Luftfahrt auch um Spezialanwendungen. Beispiel: Eine Maschine mit militärischem Tarn-Anstrich. Davor steht Wolfgang Gruneth, Chef der österreichischen Airborne-Technologies - ein Unternehmen, dass Flugzeuge mit Überwachungstechnologien wie Infrarot-Kameras und Radar ausstattet. Vor der Maschine die Aufschrift: "Piracy detection - Piraten aufspüren."

"Das ist ein Teil der maritimen Überwachung, also Seeüberwachung. Und im Falle von Piraten detektiert man mit dem Radar Schiffe."

Die Maschine wird beispielsweise vor der Küste Somalias eingesetzt, um dem Piratenunwesen Einhalt zu gebieten. Per Radar können die Experten vom Flugzeug aus ein verdächtiges Schiff erfassen.

"Daher sendet jedes Schiff einen Transponder-Code aus. Jedes individuelles Schiff hat einen individuellen Code, den es aussendet. Und man kann das Flugzeug ausstatten mit einem Empfänger für diesen Code. Und dann kann man beurteilen: Ist das Schiff dort angemeldet? Ist es verdächtig oder nicht? Und wenn es verdächtig ist, kann man näher hinfliegen und mit der optischen Einrichtung identifizieren, um was es sich handelt."

Dazu muss das Überwachungsflugzeug allerdings über bestimmte Flugeigenschaften verfügen. Es darf nicht zu schnell fliegen, um die Überwachung ausführen zu können. Die Überwachungsmaschine schwebt mit gerade mal 120 Stundenkilometern übers Wasser.

Noch langsamer ist jenes Fluggerät unterwegs, das eher an die Anfänge der Luftfahrt überhaupt erinnert: Der Volo-Copter, der erste elektrische Senkrechtstarter. Das Ganze sieht aus wie eine wohnzimmergroßes Drahtgestänge, in der Mitte ein Pilotensitz. Angetrieben wird es durch 18 Elektromotoren, deren Propeller senkrecht nach oben weisen. Je nach dem, wie die 18 Rotoren angesteuert werden, fliegt das Gefährt nach vorne, seitwärts, nach unten oder nach oben. Die Koordination übernimmt ein Bordrechner, erklärt Hersteller-Sprecher Alexander Zosel von der Syntern-GmbH Karlsruhe:

"Rein theoretisch könnte man das Gerät komplett autonom fliegen. also eigentlich könnte man jemand reinsetzen, der sagt. Ich möchte von A nach B fliegen. Wir werden auch Automatismen haben, wie beispielsweise 'Landen auf der Yacht'. Das heißt: Die Yacht schlingert. Da muss der Pilot nicht versuchen, das Schlingern mit dem Joystick auszugleichen. Sondern der Pilot macht einfach nur 'rauf' und 'runter'. Und das Schlingern gleicht man autonom aus."

Im November vergangenen Jahres absolvierte der Volo-Copter erfolgreich seinen 20 Minuten dauernden Erstflug. Zukünftig könnte sich der Hersteller einen Einsatz als Lufttaxi oder Rettungsfahrzeug in schwer zugänglichen Regionen vorstellen.