Der Parkomane Hermann von Pückler-Muskau

Von Peter Kolakowski · 13.07.2005
Ein Park war nach Fürst Pückler-Muskau, der sich selbst als Parkomane bezeichnete, eine zum Kunstwerk verdichtete Natur. Sein Park in Bad Muskau gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Das Sachbuch beschreibt nicht nur den Fürst als Gärtner, sondern ist darüber hinaus die Charakterstudie eines Sonderlings.
Fürst-Pückler-Eis: Soll das wirklich alles sein, was vom Aristokraten Hermann von Pückler-Muskau überliefert sein wird? Autor Norbert Eishold meint nein. In seinem Buch "Der Fürst als Gärtner" stellt Eishold das vielfältige Wirken und schillernde Leben des umtriebigen Fürsten vor: als Literat, Weltenbummler, Liebhaber exzentrischer Auftritte - und vor allem als Gärtner.

Die märchenhaften Parks von Muskau, Babelsberg oder Branitz: Dahinter kann, ja muss ein englischer Landschaftsgärtner stecken, der mit geradezu perfektem Feingefühl für botanische Kompositionen im Großformat diese Parks entworfen und angelegt hat. Doch der Flaneur irrt: Kein Geringerer als der 1785 in der Lausitz geborene Hermann von Pückler-Muskau ist Schöpfer dieser inzwischen sogar zum Weltkulturerbe der UNESCO avancierten Landschaftsgärten. Pückler, der sich selbst gern als Parkomanen titulierte, verfolgte in seiner Gestaltung geradezu perfektionistisch das Bild einer idealisierten Natur.

Ein Park war laut Fürst Pückler-Muskau eine zum Kunstwerk verdichtete Natur. Anhand zahlreicher Quellen und Querverweise zu anderen Gartenarchitekten und Gärten dieser Zeit belegt Autor Eishold die schier ungebremste und geradezu unvergleichliche Manie, die den Fürsten bei seinen botanischen Experimenten umtrieb.

Pücklers "Andeutungen über Landschaftsgärtnerei" gelten bis in unsere Tage als Bibel der Gartenliebhaber. Ein Beleg dafür liefern nicht zuletzt die zahlreichen in dem Buch abgedruckten dreidimensionalen Entwürfe und Karten von Gärten. Gerade an den zahlreichen Abbildungen wird deutlich, dass Pückler sich als "Naturmaler" verstanden wissen wollte, als Schöpfer idealer Bilder.

Die brachte der Vielgereiste unter anderem von seinen Steifzügen in Ägypten und Vorderasien zwischen 1834 und 1840 mit, wo er Grabdenkmäler inspizierte. Auch hier glänzt das Buch mit Detailtreue, beschreibt die Empfindungen und Sinneseindrücke des Fürsten in einer Lebendigkeit, als wäre Autor Eishold selbst mitgereist. Pückler hatte sich Zeit seines Lebens auch intensiv mit Esoterik beschäftigt. Und in Muskau alsbald eine Seepyramide und später eine so genannte Land- und Stufenpyramide errichten lassen.

Wie ein Bühnenbildner präsentiert Pückler die Parklandschaften Muskau an der polnischen Grenze zwischen Cottbus und Hoyerswerda, Babelsberg bei Potsdam und Branitz bei Cottbus in perspektivischer Tiefe, als Bühnenräume mit wechselnden Stimmungen, als vielschichtige Kulisse, hinter der Pückler selbst als feinsinniger Kulissenschieber agierte.

Auch mit Worten weiß das Buch hier zu malen und zu zeichnen. Es sind Wirklichkeit gewordene Träumereien, in der die Besucher Darsteller und Zuschauer zugleich sind, und die selbst im Gartenland Großbritannien in dieser wohldurchdachten Anmut nur selten zu finden sind. Allerdings schmälern hier die zwar teilweise postkartengroßen Stiche dann doch etwas das "große Parkgefühl". Hier würde sich so mancher Leser sicher ein größeres Format wünschen, dass der Größe und Weitläufigkeit der Pücklerschen Entwürfe mehr entsprochen hätte. Einen gelungeneren Eindruck vermitteln da schon die ganzseitigen Fotografien, vorwiegend im zarten Dämmerlicht und ohne verkitschende Weichzeichnung aufgenommen, die genauso gut einem Märchenbuch entnommen sein könnten.

Norbert Eishold wollte aber nicht nur den Fürsten als Gärtner vorstellen, nicht allein und noch ein Gartenbuch präsentieren mit vielen schönen Stichen alter Entwürfe und fotografischen Momentaufnahmen verwunschener Parklandschaften mit Schloss.

Pücklers exzentrische Auftritte in der Öffentlichkeit wie beispielsweise der Sprung mit Pferd von der Dresdner Augustusbrücke, seine Reisebriefe, die er auf seinen Touren durch Holland, Frankreich, Irland und Wales verfasst hat und die zum Besten gehören, was die Literaturszene des 19. Jahrhunderts zu bieten hat, sein ungestümes Liebesleben oder auch die von ihm inszenierten schaurig-schönen Maskenbälle des ständig verschuldeten Aristokraten, die in dem Buch stilgerecht und kaum treffender in Szene gesetzt werden: Pückler verstand sein gesamtes Wirken und Werk als Kunst und auch sich selbst.

Nur vor diesem Hintergrund ist auch seine Gartenkunst zu verstehen. Deshalb hat Autor Norbert Eishold auch den Lebensweg Pücklers genau nachgezeichnet, eine feine Charakterstudie eines Sonderlings vorgelegt. All das abseits jeglicher akademisch-trockener Abhandlung hat Eishold ein exaktes Gesamtporträt des doch so unbekannten Fürsten entworfen, amüsant und komisch, akribisch und perfektionistisch, unermüdlich und klug, auf jeden Fall schillernd und bunt, eine Abhandlung, welche dennoch nie ins Seichte oder Lächerliche abzugleiten droht. Die richtige Begleitlektüre also für einen besinnlichen und unbeschwerten Spaziergang im Park.