Der Komponist Albéric Magnard

Es zählt nur die Emotion

Schwarz-weiß-Porträtfoto des französischen Komponisten Albéric Magnard (1865-1914)
Der französische Komponist Albéric Magnard (1865-1914) © imago / Leemage
Moderation: Olaf Wilhelmer · 20.12.2015
Ein paradoxer Fall: Der Komponist ist so gut wie unbekannt, aber sein Werk ist auf dem Plattenmarkt erstaunlich gut vertreten. Albéric Magnard ist ein Geheimtipp für Sammler und eine Entdeckung für alle, die die Kultur des Fin de siècle lieben.
So traurig es ist: Albéric Magnard ist vor allem durch seinen Tod bekannt geworden. Im September 1914 starb der französische Komponist bei dem Versuch, sein Landhaus nördlich von Paris gegen deutsche Soldaten zu verteidigen. Dem Schusswechsel folgte ein Brand, und nicht nur Magnard wurde ein Opfer der Flammen, auch ein Teil seines Werkes ging dabei verlo-ren.
Bis dahin hatte der 1865 geborene Komponist nur rund zwanzig Werke veröffentlicht – die Arbeit ging dem überkritischen Künstler nicht leicht von der Hand; allerdings musste der Sohn aus bestem Hause davon auch nicht leben. So schrieb er langsam, und nicht selten verschwanden seine Partituren in der Schublade. Überliefert sind im Wesentlichen zwei abenfüllende Opern, vier Sinfonien sowie eine Handvoll erlesener Kammermusikwerke.
Emotionale Wirkung bei heißen Eisen
Heute kann man zwischen immerhin drei Gesamtaufnahmen seiner Sinfonien wählen, und auch seine großen Sonaten sowie das Streichquartett sind in mehreren Einspielungen greifbar; bei den Opern besteht dagegen Nachholbedarf. Im Konzertsaal und im Opernhaus bekommt man diese Musik so gut wie nie zu hören; Magnard ist mit seinen vergrübelten, oft komplexen Partituren seit seiner Wiederentdeckung in den 1980er-Jahren ein Fall für die Studios.
Dass sich die Auseinandersetzung mit diesem radikalen Einzelgänger lohnt, beweisen seine völlig eigenständigen Stücke, die im Bann des französischen Wagnerismus stehen, ohne besonders danach zu klingen. Auch Impressionismus und Klassizismus berührt seine Musik kaum – Magnard ging es allein um die emotionale Wirkung seiner Werke. Vor allem dann, wenn er darin heiße Eisen anfasste: In der "Hymne à la justice" (1902) bezog der Bewunderer von Émile Zola Stellung in der Dreyfus-Affäre.
Der Münchner Theaterwissenschaftler und Publizist Jens Malte Fischer gehört zu den Entdeckern Magnards in Deutschland und stellt die wichtigsten Stationen von Leben und Werk des Debussy-Zeitgenossen im Gespräch und anhand vieler Aufnahmen vor.