Der Klimawandel als Performance

Von Leonie March · 29.11.2011
Der UN-Klimagipfel im südafrikanischen Durban ist nicht nur ein Thema für Politiker und Umweltaktivisten. Auch Künstler melden sich während der Konferenz zu Wort - mit einer panafrikanischen Ausstellung mit dem mehrdeutigen Titel "Don't/Panic".
"Viele Leute meinen, die Welt habe Afrika vergessen", schallt es aus den Kopfhörern. Eine Kinderstimme wiederholt den Satz: "Wir haben Angst." Doch sie geht unter, in den internationalen Schlagzeilen. Die medienkritische Installation des Kapstädter Künstlers Thando Mama befasst sich nicht direkt mit dem Klimawandel, wie übrigens fast alle Werke der Ausstellung, aber sie passt ins Konzept, unter dem mehrdeutigen Titel "Don't/Panic", erklärt Kuratorin Gabi Ngcobo:

"Zuerst habe ich mich auf die Doppeldeutigkeit der Aussage 'Keine Panik' konzentriert. Uns wird ja oft gesagt, dass wir nicht in Panik verfallen sollen, doch die meisten reagieren auf diesen Satz eben erstmal mit Panik. Dann habe ich den Schrägstrich hinzugefügt, um die Positionen zwischen keiner und einer panischen Reaktion darzustellen. Denn diese Extreme prägen die Diskussion um den Klimawandel. Das Fernsehen konfrontiert uns jeden Tag mit Katastrophen und Endzeitszenarien. Allein der Gedanke daran, dass die Welt sich verändert, macht uns Angst. Dabei können wir den Wandel nicht aufhalten. Es geht darum, wie wir damit zurechtkommen."

Klimawandel und Umweltzerstörung sind keine neuen Themen für afrikanische Künstler, leben sie doch auf dem Kontinent, der bereits heute am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung leidet, unter Dürren, Überschwemmungen und Hungersnöten, betont der nigerianische Künstler Bright Ugochukwu Eke:

"Ich denke, dass sich die meisten Künstler inzwischen mit Themen beschäftigen, die mit der Umwelt zu tun haben. Es sind drängende Probleme, die inzwischen jeden Bereich des Alltags betreffen. Für zeitgenössische Künstler ist die Auseinandersetzung mit der Umwelt also ganz zentral."

Seine Installation "Zwischen Himmel und Erde" nimmt einen großen Teil des runden Ausstellungsraums in der Kunsthalle von Durban ein. An durchsichtigen Schnüren hängen tränenförmige Zellophanbeutel, mit Wasser gefüllt, mal durchsichtig, mal trüb bis dunkel, mit Kohlestaub eingefärbt, in mehreren Ebenen, wie eine Regenwolke. Das fragile Werk ist eine Reaktion auf Umweltverschmutzung, die der Künstler am eigenen Leib erlebt hat:

"Ich war im Süden Nigerias unterwegs, im Nigerdelta. Eine Region, die von der Ölindustrie geprägt ist. Alle großen internationalen Konzerne fördern dort das Schwarze Gold. Zwei Tage nachdem es geregnet hatte, bekam ich heftigen Hautausschlag. Ein Arzt sagte mir, dass das eine Reaktion auf den verseuchten Regen sei. Das hat mir wirklich Angst eingejagt, aber es hat mich auch dazu inspiriert, mit Wasser zu arbeiten und mich intensiv mit Umweltthemen zu beschäftigen."

Flankiert wird die eindrucksvolle Installation von Fotografien, die Veränderungen von Landschaften dokumentieren: Dürren, steigende Meeresspiegel, schmelzende Gletscher. Großformatige Kohlezeichnungen zeigen Menschen in Bewegung, zu Fuß und in dichtem Verkehr. Das weckt Assoziationen mit der Bevölkerungsexplosion in den Städten und Klimaflüchtlingen. Unterschiedliche Betrachtungsweisen sind durchaus erwünscht, meint Kuratorin Gabi Ngcobo:

"Mich interessieren diese Interpretationsmöglichkeiten. Was passiert, wenn man ein Kunstwerk in einen anderen Kontext stellt. Es ist eine Art Seiteneinstieg in die Diskussion um den Klimawandel. Die Gipfelgespräche finden auf einer Ebene statt, die für viele kaum zu verstehen sind. Dazu kommen die Proteste der Aktivisten, denen sich auch etliche Künstler angeschlossen haben. Mir war wichtig, einen Gegenpol zu schaffen, einen subtileren Weg, der neue Perspektiven eröffnet."

Dem internationalen Publikum wird die Ausstellung vor allem eine afrikanische Perspektive eröffnen, die nachdenklich macht. Anklagend zum Beispiel die Videoinstallation des Angolanes Nástio Mosquito. Passend zur Blockadehaltung vieler Industriestaaten beim Klimagipfel: desillusioniert und enttäuscht.