Der "Godfather of World Music" ist tot

Von Holger Beythien · 12.12.2012
Ravi Shankar war ein Brückenbauer zwischen Ost und West, denn er brachte die klassische indische Musik in die Konzertsäle dieser Welt. Seine Freundschaft mit Yehudi Menuhin und George Harrison waren Zeugnisse einer musikalischen Offenheit. Einzig die Verehrung durch die Hippies war dem Sitarmeister suspekt und unangenehm.
Ravi Shankar: "Indian Classical Music today is more alive than ever before in Indian."

Dass die klassische Kunstmusik Indiens - lebendig wie nie zuvor - Einzug halten konnte in den vielstimmigen Kanon der Weltkulturen, das ist dem unermüdlichen Einsatz Ravi Shankars zu verdanken. Sitarvirtuose und Komponist, ein Kosmopolit und Weltmusiker schon zu einer Zeit, als man von Weltmusik noch gar nichts wissen wollte.

Ravi Shankar wird am 7. April 1920 in der nordindischen Stadt Varanasi geboren. Mit der Tanzgruppe seines älteren Bruders Uday, einem begnadeten Tänzer und Choreografen, lässt sich Ravi Shankar in Paris nieder und nimmt als Tänzer an den großen Tourneen durch Westeuropa teil. Zum ersten Mal trifft er da auf die westliche Kultur: Auf ihre Musik, ihren Film, auf ihre Art und Weise, die Welt zu sehen. Erste kulturen- und grenzüberschreitende Erfahrungen, die Ravi Shankar sein ganzes Leben begleiten sollten.

Als Ravi Shankar nach dem Tod seiner Eltern die Tänzerkarriere beendet, kehrt er 1938 nach Indien zurück und geht zu Allaudin Khan. Bei ihm, den er sein ganzes Leben lang liebevoll "Baba" nennen wird, erlernt er das Spielen von Sarod und Sitar. Allaudin Khan gilt zu jener Zeit als bester Sarodvirtuose und klassischer Komponist ganz Indiens. Baba legt Wert darauf, dass sein junger Schüler auch das Komponieren, das Tablaspiel und die klassischen indischen Gesänge erlernt. Er ermuntert seinen jungen Schüler, für seine Musik ein authentisches philosophisches Fundament auszuformen.

Auch genießt der junge Ravi das gemeinsame Musizieren mit den Kindern Allaudin Khans. Mit dessen Sohn - Ali Akbar Khan, der später zu den bedeutendsten Sarod-Spielern der Welt zählen würde - sollte Ravi Shankar später immer wieder auftreten, und Annapurna Devi, Allaudin Khans Tochter und selbst eine Meisterin auf dem Surbahar <http: de.wikipedia.org="" wiki="" surbahar="">, wird bald die erste Ehefrau Ravi Shankars.

1944 beendet Ravi Shankar sein Studium bei Allaudin Khan und von nun an führt ihn ein rastloses Musikerleben durch die ganze Welt. Jenes Leben, das ihn - so George Harrison bewundernd - zum "Godfather of Worldmusic" machen wird. Von Ravi Shankar lernt der Beatle das Einmaleins der Sitar und der klassischen indischen Musik, was bekanntlich für Harrison - der zum Hinduismus konvertierte - und die Beatles nicht ohne Folgen blieb.

Die klassische indische Musik in die Welt zu tragen. Sie dabei konsequent als eigenständige indische Kulturäußerung abzugrenzen von Popmusik, Jazz oder Folk: Keine leichte Lebensaufgabe für Ravi Shankar.

Als er 1967 beim Monterey Pop Festival und 1969 beim Woodstock Festival auftritt, da ist er in den Konzertsälen der Welt ein gefeierter Star. Hat bereits mit Andre Previn und Zubin Metha gearbeitet, mit Philipp Glass und - seine wohl wichtigste Musikerbegegnung: mit Yehudi Menuhin. Als Kinder hatten sie sich das erste Mal getroffen. Ein weiteres Mal sollte dann der Beginn einer lebenslangen Freundschaft werden.

"1952 dann hatte Pandit Neru, unser Premierminister, Yehudi Menuhin nach Indien eingeladen. Damals trafen wir uns wieder und wurden enge Freunde. Er hörte mich in einem privaten Konzert und das war auch seine erste Begegnung mit klassischer indischer Musik auf der Sitar. Er war ganz aufgewühlt danach und wir wurden sehr enge Freunde.

Einige Jahre später, als ich in Europa tourte und er der Direktor des Bath-Festivals war, komponierte ich ein Stück für uns, welches ein großer Erfolg wurde. Es wurde auch aufgenommen und ich bekam damit meinen ersten Grammy. Er war wirklich wie ein Bruder zu mir und ich liebte und bewunderte ihn. Er war ein großartiger Musiker und er empfand das gleiche für mich. Es war eine ganz einzigartige Freundschaft."

Ravi Shankar interpretiert nicht nur klassische indische Musik, er komponiert - wie gerade zu hören war - auch selbst in ihrer Tradition und bearbeitet traditionelle Ragas. Für die Musik zu Richard Attenbourroughs Filmklassiker "Ghandi" bekommt er einen Grammy und er schreibt neue Ragas, die heute zum Standard-Repertoire der Sitarspieler Indiens zählen.

Links auf dradio.de:

Vater, Lehrer, Musiker - Anouschka Shankar und Norah Jones über ihren Vater Ravi Shankar
Botschafter der traditionellen indischen Musik - Der indische Musiker Ravi Shankar im Corsogespräch</http:>
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