"Der Glanz der Sonne selbst"

Von Michael Langer · 12.03.2010
Galileo Galileis Brief von 1615, hinter dem sich ein Traktat verbirgt, ist ein Schlüsseldokument zur Frage der Beziehung zwischen Wissenschaft und Kirche. Es waren gefährliche Zeiten. Im Jahr 1600 erst hatte man Giordano Bruno verbrannt.
Gerade fünfzehn Jahre später vertrat Galilei in seiner "Lettera a Cristina di Lorena" mit erstaunlicher Unerschrockenheit die Emanzipation der neuen, von ihm mitbegründeten Naturwissenschaft gegen alle theologischen und philosophischen Autoritätsansprüche. Theologische Bibelinterpretationen können ihm zufolge niemals wissenschaftliche Hypothesen widerlegen, wohl aber durch solche widerlegt werden.

Dieser Brief, mit dem Galilei nichts anderes als die Unabhängigkeit der Wissenschaft und die Freiheit des Denkens erklärte, liegt nun in einer neuen Ausgabe und vollständigen Übersetzung vor. Die Herausgeber Thomas Steinhauser und Michael Titzmann erschließen damit den geistes- und mentalitätsgeschichtlichen Zusammenhang von Christentum und antiker Naturphilosophie, von Renaissance und Genese neuer Naturforschung. Sie schärfen damit aber auch den Blick für gegenwärtige Konflikte in Wissenschaft und Glaubensfragen.