Der "europäischste der deutschen Klassiker"

03.05.2010
In diesem Jahr legen die Ruhrfestspiele in Recklinghausen ihren Schwerpunkt auf Heinrich von Kleist und deshalb gibt es gleich zu Anfang eine Kleist-Premiere: Das Fragment gebliebene "Robert Guiskard" inszeniert der Intendant der Festspiele, Frank Hoffmann.
Hoffmann sieht den Kleist-Schwerpunkt in Zusammenhang mit dem Kulturhauptstadtjahr in Essen, denn Kleist ist für ihn "ein richtiger Europäer", einer der meistgespielten deutschen Dramatiker in Frankreich: "Kleist ist für mich der europäischste der deutschen Klassiker."

Zudem habe Kleist uns heute noch etwas zu sagen, so Hoffmann, denn er habe versucht, die Welt zu greifen, und habe sie nur in Teilen beschreiben können:

"Es ist eine zersplitterte, aufgebrochene Welt und das ist unsere Welt und da sind wir Kleist heute sehr nahe. Deshalb haben wir neue deutsche Dramatiker ermutigt, Stücke über Kleist zu schreiben."

Mit "Robert Guiskard" hat sich Kleist sehr lange herumgequält. Zunächst hatte er es 1803 fertiggestellt, dann jedoch verbrannt, noch einmal angesetzt und es erneut verbrannt. 1808 schrieb er aus der Erinnerung heraus zehn Auftritte. Er habe sich mit dem Stück bis an sein Lebensende auseinandergesetzt, sagt Hoffmann, und das sei auch Thema der Inszenierung:

"Wir erzählen ein Werk, wir erzählen aber auch das Scheitern eines Autors an einem Werk."

Zum Vorwurf einiger Kritiker, die Ruhrfestspiele setzten zu sehr auf Stars in den letzten Jahren, entgegnete Hoffmann, die Festspiele hätten auch immer Außenseitern eine Chance gegeben, es liege aber an den Kritikern, diese Aufführungen auch aufzusuchen.

Dass Stars wie John Malkovic auftreten oder der berühmte Regisseur Sam Mendes ein Stück inszeniere, verbucht Hoffmann als Gewinn: "Wir müssen auch die Theaterästhetik aus England und USA auf die Bühne bringen. Wir müssen hier europäisch denken. Wir bewegen uns sicherlich nicht auf ausgetretenen Pfaden."

Gespräch mit Frank Hoffmann als MP3-Audio
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