"Der deutsche Freund"

Von Anke Leweke · 28.10.2012
Sulamit, Tochter deutsch-jüdischer Einwanderer, verliebt sich im Argentinien der 1950er Jahre in Friedrich, Sohn eines Nazis. Der junge Mann aber will mehr über die Vergangenheit seines Vaters wissen - und entfernt sich immer mehr von Sulamit.
Sieht man die ersten Bilder des Films -denkt man-, dass hier eine junges Mädchen in einer wohlbehüteten und freundlichen Umgebung aufwächst. Wir befinden uns in einem schmucken Vorort im Buenos Aires der fünfziger Jahre. Hier wohnt Sulamit mit ihrer Familie, hier wohnt auch ihr Freund Friedrich. Bei einem Spaziergang im schönsten Sonnenlicht stellt sich heraus, dass die nach außen so friedlich wirkende Nachbarschaft, ein trügerischer Eindruck ist. Die beiden Jugendlichen tauschen sich über ihr Elternhaus und ihre Erziehung aus:

"Meine Eltern lernten mich wohl das, was all jüdischen Eltern ihre Kinder lehren. Und zwar immer zu überleben. In jeder Situation. Jeden Tag. An Jedem Ort dafür muss man sich anpassen."
"Wenn ich an meine Eltern denke, oder besser an meinen Vater, weiß ich überhaupt nicht, was ich überhaupt noch glauben kann. Es ist wie eine große Lüge."
"Warum hast Du mir niemals etwas gesagt?"
"Warum hast Du mich niemals zu Dir nach Hause eingeladen?"

Vielleicht hat Sulamit ihren Freund nie nach Hause eingeladen, weil er ein Deutscher ist. Weil er aus dem Land kommt, aus dem ihre Eltern aufgrund ihrer jüdischen Herkunft fliehen mussten. Doch die Vergangenheit der Eltern scheint sowohl bei Sulamit als auch bei Friedrichs Eltern ein Tabuthema zu sein. Eine Tatsache, die die beiden verbindet, die sie zu Seelenverwandten macht. Die aber auch eine schwere Last für ihre junge Liebe ist:

"Ich will weg! Ich gehe nach Deutschland!"
"Wie bitte?"
"Ich habe ein Stipendium bekommen, um Politikwissenschaft in Frankfurt zu studieren. Sulamit , verstehe doch. Ich muss herausfinden, wer mein Vater wirklich war, was er getan hat. Und wo und wie ich dazu überhaupt stehe."
"Frankfurt! Und was wird aus uns ?"

In Deutschland wird Friedrich feststellen müssen, dass sein Vater ein Täter war. Als Wiedergutmachung geht der junge Mann in den Politischen Kampf und entfernt sich umso mehr von seiner Geliebten Sulamit, die ihm mittlerweile nach Frankfurt gefolgt ist. Jeanine Meerapfels Film bringt uns die Biografie zweier Menschen nahe, die sich an Vergangenheit ihrer Eltern abarbeiten müssen, um einen Weg in eine eigene Zukunft zu finden.

Interview mit Janine Meerapfel
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