Der Clown und die Manager

Von Hans-Otto Reintsch · 03.01.2012
Manager unternehmen allerhand, um erfolgreicher im Job zu sein. Sie besuchen Seminare, buchen Trainer oder begeben sich in Survivalcamps. Nachhilfe in Heiterkeit und bei der Suche nach unkonventionellen Lösungen können Führungskräfte auch bei Clowns nehmen. So zeigt Petra Klapps mit den Techniken der Clownerie Auswege aus Krisen auf.
Petra Klapps steht inmitten ihrer Schüler. Quergestreiftes Shirt, rote Haare. Heiterkeit und Lachen füllen den Raum. Kein Wunder, Frau Dr. Klapps ist Clown.
Auf Stühlen oder auf dem Boden hören keine gewöhnlichen Studenten der Frau mit den tänzerischen Bewegungen zu. Es sind Männer und Frauen zwischen 40 und 60. Sie kommen aus den Führungsebenen der Wirtschaft, aus Banken und Kliniken. Abteilungsleiter. Manager. Sie kommen an den Wochenenden, um sich von einem Clown qualifizieren zu lassen. Clowns sind Grenzüberschreiter.

"Wo fängt meine eigene Grenze an und wo beginnt die des Gegenübers. Normalerweise nähern wir uns Menschen ja sehr schnell, und achten gar nicht darauf, wie empfindsam ist der gerade, wie nah kann er mich an sich heranlassen und wie nah darf ich auf ihn zugehen überhaupt. Und das ist so für mich die Grundübung. Gerade eben auch für die Clownerie."

Stille. Mit verbundenen Augen tasten die Schüler durch den Raum. Schutzlos. Gespür für Nähe und Entfernung. Körper werden vorsichtig. Petra Klapps schafft es mit wenig Aufwand, aus dominanten Persönlichkeiten Suchende zu machen. Clownerie ist für sie mehr als Lacharbeit. Es ist eine Haltung. Suchen eine Grundhaltung des Clowns.

"Ich erinnere mich an ein Teamtraining. Da kriegte ich ein Team aus lauter Führungskräften. Die kamen mit der Botschaften rein: Das ist alles furchtbar. Die Arbeit ist furchtbar, der Kollege ist furchtbar, das Team ist furchtbar, der Chef."

Petra Klapps weiß Rat. Sie lässt im Schulungshaus suchen. Lange. Nach erbärmlichen, farblosen Gegenständen. Lächerlich. Sie finden nichts. Es ist zum heulen.

"Und dann haben wir gemeinsam gejammert und das auch immer lauter und lauter. Huäää, das ist ja alles ganz furchtbar! Mein Kollege Müller der ist so bescheuert! -Also in dieser Art. Und das war so ein Grölen, Nä? Also sie konnten also wirklich nicht mehr jammern, sie mussten so lachen, da ging dann gar nichts mehr."

Petra Klapps, gefühlte 50, ist selbst eine Suchende. Schon immer. Physiotherapeutin hatte sie gelernt und Jahre als Krankengymnastin in Kliniken gearbeitet. An ihrem sechsjährigen Studium bei Marcel Marceau, dem Altmeister der Pantomime aus Paris, waren ihre Vorgesetzten schuld.

"Weil ich als Krankengymnastin vorher so viele Ärzte erlebt habe, die mir nicht gefielen in ihrer Art, mit Menschen umzugehen. Und es war mein Wunsch, es besser zu machen. Und für mich war der humorvolle Umgang mit Patienten schon immer wichtig."

Humorvoller Umgang mit Menschen hat für Petra Klapps mit Wertschätzung zu tun. Marceau nannte den Clown "den Wertschätzer". Aber der Clown ist mehr. Wenn er einen Eimer Wasser verschüttet, findet er Lösungen, trockenen Fußes durch die Pfütze zu kommen. Steigt in den Eimer und rudert. Findet immer eine Lösung, der Clown.
Das ist es, was Manager suchen und bei Clown Dr. Petra Klapps finden.

"So in Leichtigkeit zu sein aber eben auch in ganz großer Tiefe zu sein, das macht einen Clown ja auch aus. Also auch in sich hinein zu gehen oder eben auch die Tiefe des Lebens zu betrachten aber eben dann auch wieder sehr spielerisch und leicht zu sein und wirklich um die Ecke zu denken."

Therapeutin und Clown waren ihr nicht genug. Davon, dass sie nach dem Clownsdiplom Medizin studierte, als Neurologin promovierte und zehn Jahre AIDS-Patienten betreute, erzählt sie fast nebenbei. Das Tragische und das Komische, das Erhabene und das Lächerliche liegen nah beieinander. Grundwissen des Clowns. Petra Klapps hat es ihren Patienten zu verdanken.

"Ich war ein ziemlicher Workaholic. Ich habe einem sterbenden Patienten versprochen, einen Hausbesuch noch zu machen. Unbedingt. Ich habe es aber nicht eher geschafft, als abends um 11. Ein Manager, der rund um die Uhr gearbeitet hat, bis er nicht mehr konnte. Der hat dann gesagt: Also erstens, das ist eine Unverschämtheit, abends um 11 zu einem Sterbenden zu kommen. Zweitens, hast du heute überhaupt schon mal was gegessen? Und drittens: Hast du dir schon mal überlegt, dass es noch ein Leben vor dem Tod gibt? Das hat ziemlich gesessen."

Ein Clown muss sich erinnern können. An die Ängste. Die Träume. An die Kindheit. Deshalb lässt Petra Klapps erfahrene Führungspersönlichkeiten Kinderwunschträume formulieren.

Studentin: "Ja ich habe mich als Kind gefragt, warum stinkt ein Pup. Und da habe ich mir gedacht, die sind beleidigt, weil die nicht gefangen wurden. Wenn man sich ganz geschickt anstellt, kann man die fangen. Ist mir als Kind nie gelungen. Das gelingt nur sogenannten Pupfang-Künstlern und so einer wollte ich werden. Und ich bin keiner geworden."

Bei der Humorproduktion, sagt Clown Petra Klapps, geht es um Wahrhaftigkeit. Und das Management des Unbewussten.

Aber das Thema ist erst am nächsten Wochenende dran.