Der bedrückende Alltag auf dem Jugendamt

Von Susanne Arlt · 01.05.2013
Kaum eine Woche vergeht, in der nicht ein Baby in einer Mülltonne gefunden wird oder ein Kind aus einer verwahrlosten Wohnung befreit werden muss. Die Presse berichtet, die Öffentlichkeit reagiert geschockt, und im gleichen Atemzug wird die Frage gestellt: Und wo war das Jugendamt?
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter stehen praktisch unter Generalverdacht: Sie sind die ersten, auf die mit dem Finger gezeigt wird, wenn ein Kind in seiner eigenen Familie in Gefahr gerät. Sie leben mit der Angst, einem der ihnen anvertrauten Kindern könnte etwas zustoßen. Denn sie wissen, dass sie nicht genug Zeit für ihre Klientel haben, dass längst wieder ein Hausbesuch fällig wäre, dass eine Hilfekonferenz nötig wäre, dass eine Drogenkontrolle ansteht.

Sie tun, was sie können, aber es reicht nicht aus. Nicht nur in Berlin verschickten Vertreter der Jugendämter einen Brandbrief, mit dem eine deutliche Erhöhung des Personals gefordert wird. Das Beispiel einer Mitarbeiterin, die 120 Familien betreuen soll, machte Furore. Aber passiert ist bisher nichts. Die Jugendämter sind chronisch unterbesetzt, der psychische Druck auf die Mitarbeiter ist enorm.
Susanne Arlt hat Berliner Mitarbeiterinnen des Jugendamts für die Reportage begleitet und Einblick in ihren Arbeitsalltag erhalten.

Sie sagt: "Wer beim Jugendamt arbeitet, der steht unter potenziellem Beschuss. Wird ein kleines Kind aus einer vermüllten Wohnung befreit – wer ist schuld? Das Jugendamt. Wird ein Baby tot in einer Kühltruhe gefunden – erste Frage: Wo war das Jugendamt? Aber die Mitarbeiter auf dem Amt haben manchmal überhaupt keine Chance, den hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Das habe ich verstanden, als ich zwei von ihnen begleitet habe."

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Susanne Arlt
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