Der Bad Boy der deutschen Literaturszene

25.01.2011
Gabriele Dietze, ehemalige Rotbuch-Lektorin, hat den Schriftsteller Peter-Paul Zahl als lustvollen Schreiber, zutiefst politisch, aber undogmatisch und liebenswert gewürdigt. Die Professorin der Berliner Humboldt-Universität erklärte, Zahl sei auch deshalb als "Bad Boy" der Literaturszene verschrien, weil er in kein Klischee gepasst habe: "Er unterschrieb seine Briefe immer mit 'Freiheit und Glück', und das wollte er eigentlich auch weitergeben über seine literarische Arbeit, an seine Leser."
Der als "Apo-Literat" bekannt gewordene Zahl war am Montag im Alter von 66 Jahren auf Jamaika an Krebs gestorben. Dort hatte Zahl seit 1985 überwiegend gelebt, er besaß die jamaikanische Staatsbürgerschaft. 1976 war der Schriftsteller zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er einen Polizisten niedergeschossen hatte, wurde jedoch 1982 vorzeitig aus der Haft entlassen. Während seiner Zeit im Gefängnis veröffentlichte er Gedichtbände und seinen bekanntesten Roman, "Die Glücklichen", über das turbulente Leben einer Kreuzberger Ganovenfamilie.

Dietze sagte weiter, während Zahls Gefängnis-Zeit, als sie ihn kennengelernt habe, sei er "für einen sogenannten politischen Gefangenen ein ganz atypischer Mensch" gewesen. "Er war heiter, hat sich engagiert im Gefängnis, war dort, glaube ich, auch im Gefangenen- und Personalrat. Und hatte überhaupt nicht die dogmatische Strenge vieler Autoren und Genossen, die man zeitgleich kennenlernen konnte."

Als Autor habe er ein "sehr lustbetontes Verhältnis zu seinem eigenen Text gehabt." Jedoch auch ein ironisches und mitunter auch sehr ernstes, etwa in seinem Theaterstück über den Hitler-Attentäter Georg Elser. Doch im Großen und Ganzen sei er "mit seiner Literatur sehr bemüht gewesen, Menschen glücklich zu machen."

Sie hoffe sehr, sagte Dietze, Peter-Paul Zahl werde "in die Annalen der anarchistischen Literatur" eingehen. Sie habe zwar ihre Zweifel, ob Zahl so bald wieder Eingang in die derzeitige Schulbuchliteratur finden werde. "Aber ich bin hoffnungsvoll, dass sie dies wieder tun wird."

Das vollständige Gespräch mit Gabriele Dietze können Sie mindestens bis zum 25.6.2011 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.