Den Soldaten seelsorgerisch beistehen

Militärbischof Franz-Josef Overbeck: Zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet
Militärbischof Franz-Josef Overbeck: Zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet © Nicole Cronauge
Moderation: Nana Brink · 10.03.2011
Der neue Militärbischof Franz-Josef Overbeck übernimmt das Amt seines umstrittenen Vorgängers Walter Mixa. Aufgabe der katholischen Priester in der Militärseelsorge sei es, für die Soldaten und Soldatinnen und deren Familien als Gesprächspartner da zu sein, sagt er. Vor allem Auslandseinsätze seien sehr belastend.
Nana Brink: Wenn der Begriff Militärbischof fällt, können sich viele erst einmal wenig darunter vorstellen. Manchmal denkt man sogar noch an Bilder von Priestern, die im schlimmsten Fall Waffen gesegnet haben. Gab es alles, aber auch die katholische Kirche hat sich geändert.

Die seelsorgerische Begleitung von Soldaten und Soldatinnen ist gerade in der heutigen Zeit eine wichtige Aufgabe – das sagt der neue katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck. Der Essener Bischof folgt übrigens seinem äußerst umstrittenen Vorgänger Walter Mixa nach. Und am Telefon ist jetzt der neue katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck – einen schönen guten Morgen, Bischof Overbeck!

Franz-Josef Overbeck: Guten Morgen, Frau Brink!

Brink: Was hat Sie persönlich gereizt, dieses Amt zu übernehmen?

Overbeck: Ich bin nicht gefragt worden, sondern schlicht ernannt worden. Ich bin also nicht derjenige, der sich erst beworben hat, das ist bei uns in der katholischen Kirche nicht üblich. Nach einem Auswahlverfahren hat mich der Nuntius informiert, dass der Papst mich ernennen wolle, und ich hab dann zugestimmt.

Brink: Und warum – mit Freuden, aus Überzeugung?

Overbeck: Ich hab mit Freuden zugestimmt, weil, wenn mir eine solche Aufgabe anvertraut wird, eine Verantwortung damit verbunden ist, die ich dann auch gerne wahrnehme. Außerdem, in der Welt, in der wir heute leben, ist das eine ganz wichtige Aufgabe, die ich gerne für die Menschen wahrnehme.

Brink: Die Bundeswehr wird sich zu einer Berufsarmee wandeln und sie wird – das hat ja der neue Verteidigungsminister de Maizière gleich zu Beginn seiner Amtszeit erklärt – immer mehr eine Einsatzarmee sein. Welche Herausforderungen kommen denn da auf die Seelsorger zu?

Overbeck: Das haben wir schon in den vergangenen Jahren deutlich feststellen können: Die Herausforderungen bestehen darin, die Soldatinnen und Soldaten in extremen Situationen zu begleiten, oftmals eben auch außerhalb Deutschlands selbst. Das bedeutet psychisch und auch im Blick auf die ethischen Fragen, die sich im Einsatz ergeben, große Herausforderungen, die die Soldatinnen und Soldaten zu bestehen haben. Da denen beizustehen, ist eine der wichtigen Aufgaben der Seelsorge.

Brink: Sie haben es angedeutet, wo sind die Seelsorger – besonders ja eigentlich im Einsatz, sehen Sie sie besonders da?

Overbeck: Die Seelsorger selbst sind erst mal bei den Familien und den Soldatinnen und Soldaten hier in Deutschland in den verschiedenen Standorten, dann natürlich auch da, wo die Soldatinnen und Soldaten hingeschickt werden. Momentan ist da immer Afghanistan ein Stichwort, das allen in den Sinn kommt.

Brink: Was haben Sie denn bislang aus Berichten gehört, was berichten Ihnen Seelsorger aus Afghanistan?

Overbeck: Das ist eine extreme Situation, in der sich die Soldatinnen und Soldaten befinden, in der sie dann ja Monate sein müssen, fernab ihrer Familien, in einem kulturellen Umfeld, das schwierig ist, immer mit der Anspannung, dass es zu Auseinandersetzungen kommt, die nötigenfalls auch Gewalt nach sich ziehen. Das ist eine Situation, die für die seelische Situation der Soldatinnen und Soldaten ausgesprochen schwierig und belastend ist.

Brink: Geben Sie doch uns eine Vorstellung davon, wie sieht das aus? Der Seelsorger ist also mit den Soldaten und Soldatinnen im Lager und, ja, ist für sie da, nimmt ihnen auch die Beichte ab, liest eine Messe?

Overbeck: Genau. Er ist erst mal dafür da, sie zu begleiten, menschliche Fragen zu beantworten, ihnen aber auch in all den Feldern, die wir mit der Seelsorge in Verbindung bringen, beizustehen. Dazu gehört natürlich das Beten, dazu gehört die heilige Messe, dazu gehört natürlich auch absolute Diskretion in allen Gesprächen und selbstverständlich bei der Beichte auch, die Beichtverschwiegenheit, die niemals gebrochen wird.

Brink: Es gibt ja das sogenannte Beichtgeheimnis, das heißt, die Soldaten können Ihnen alles anvertrauen?

Overbeck: Ja, absolut, das gehört zu den obersten Gesetzen für uns als Kirche und für alle Priester und Bischöfe. Wer eine Beichte abnimmt, ist dazu absolut verpflichtet.

Brink: Wie viel Unabhängigkeit haben Sie denn? Sie sind ja im Einsatz auch, na, ich will nicht sagen Teil der Armee, aber doch Bestandteil des gesamten Apparates. Wie unabhängig können Sie agieren?

Overbeck: Die Seelsorge ist auf Bitten und nach Rücksprache mit dem Bundesverteidigungsministerium und dem Heiligen Stuhl so organisiert, dass klar ist, dass die Seelsorger einen Dienst für die Menschen tun, und zwar im Namen der Kirche. Dass sie sich dabei natürlich in den Rahmen der normalen alltäglichen Abläufe einbringen müssen, ist klar, ansonsten sind sie aber unabhängig.

Brink: Was für Nachrichten haben Sie eigentlich von Ihren Seelsorgern, haben Sie das Gefühl, sie werden akzeptiert, anerkannt, auch als Gesprächspartner, der meinetwegen nicht Mitglied der katholischen Kirche ist? Widmen Sie sich dem auch?

Overbeck: Absolut. Es ist sogar so, dass viele der Priester und anderen pastoralen Referentinnen und Referenten sagen, dass es das höchste Interesse gibt, dass sie oftmals in ihrem Leben bisher gesehen hätten, wenn sie in Gespräche auch gerade mit gottfernen Menschen oder solchen, die gar nicht glauben, kommen - und die bei der Bundeswehr tätig sind.

Brink: Nun könnte ich mir vorstellen, Priester zu sein, ist eine Sache, als Priester in ein Einsatzgebiet zu gehen, ist eine andere Sache. Noch etwas kommt hinzu: Wie bilden Sie denn Ihre Seelsorger aus, über das Normale hinaus?

Overbeck: Das Normale geschieht, weil die Seelsorgerinnen und Seelsorger aus unseren deutschen Bistümern kommen, erst mal in der Grundausbildung in den Diözesen stattfindet, und darüber hinaus gibt es dann Kurse, die die Seelsorger und Seelsorgerinnen auf die konkreten Einsätze vorbereiten, auf die dabei auf sie zukommenden Belastungen, aber auch auf die spezifischen Fragen.

Brink: Also auch auf Tod, auf Verlust?

Overbeck: Das kommt natürlich, das gehört auch alles dazu, das gehört natürlich auch schon zur Grundausbildung in der Seelsorge, aber angesichts der besonderen Situation wird das noch einmal besonders fokussiert.

Brink: Waren Sie selbst schon in Afghanistan und konnten sich davon überzeugen, wie die Arbeit dort verläuft?

Overbeck: Nein, das war ich noch nicht, ich bin ja auch erst vor zwei Wochen ernannt worden, aber ich werde es bald tun.

Brink: Also das Interesse ist da, das auch vor Ort zu verfolgen?

Overbeck: Ja, selbstverständlich.

Brink: Herzlichen Dank, Franz-Josef Overbeck, der neue katholische Militärbischof. Schönen Dank für das Gespräch!

Overbeck: Bitte schön!