Deborah Feldman

Selbstbefreiung aus religiösen Zwängen

Die Schriftstellerin Deborah Feldman im Studio von Deutschlandradio Kultur
Die Schriftstellerin Deborah Feldman im Studio von Deutschlandradio Kultur © Deutschlandradio / Manfred Hilling
Moderation: Matthias Hanselmann · 26.04.2016
Die heute 30-jährige Autorin Deborah Feldman wuchs in einer strengen jüdisch-orthodoxen Community auf. Wie sie sich davon befreite, erzählt sie in ihrem Buch "Unorthodox" und bei uns im Gespräch.
"Unorthodox" wollte Deborah Feldman sein. Die heute 30-jährige Autorin suchte ihren eigenen Weg als sie vor sieben Jahren die strenge jüdisch-orthodoxe Satmar-Community hinter sich ließ, in der sie aufgewachsen war. Wegweisend sei da ihre ungarische Großmutter gewesen, die ihr vom Leben in Budapest vor dem Holocaust erzählte:
"Sie hat Liszt und Chopin gehört und Sachertorte gegessen, und sie hat so viel erzählt von diesem ganz eleganten Leben und ich hab immer davon geträumt - so wie es war für sie vor dem Krieg. Sie war kein Extremist, sie war vielleicht traditionell, ist aber nach dem Krieg ein Extremist geworden. Mir hat sie immer erklärt, dass es zwei Optionen nach dem Krieg gab: man könnte immer Gott komplett ablehnen und sagen es kann kein Gott geben, der so was zulassen würde oder Gott ist zu fürchten."

"So viel Scham mit dem weiblichen Körper verbunden"

Als Deborah Feldmann dann mit 17 Jahren eine arrangierte Ehe eingehen musste, wurde der Umgang der Gemeinschaft mit dem Thema Sex zu einem weiteren Meilenstein für den Abschied aus der Satmar-Community:
"Weil in dieser Gemeinschaft so viel Scham mit dem weiblichen Körper verbunden ist habe ich nie meinen eigenen Körper angeguckt. Ich wusste nie, dass ich für so was eingerichtet würde und dann habe ich eigentlich Unterricht bekommen. Ich bin zu einer besonderen Lehrerin gegangen und sie hat mich unterrichtet: nicht nur was Sex ist und wie der Körper funktionieren soll, sondern auch alle jüdische Gesetze, die mit Sex zusammenhängen und das sind ganz krasse Gesetze, die die Privatsphäre für eine Frau komplett verletzen."
Doch erst durch ihren Sohn sei sie zur "Heldin" geworden und konnte ihr bisheriges Leben endgültig zurück lassen.
"Und dann bin ich raus und habe bemerkt, Amerika ist eine sehr kapitalistische Gesellschaft und es ist oft sehr oberflächlich und fühlt sich irgendwie unreif an und ich kam aus so einer alten Welt und ich konnte die Brücke nicht bauen zwischen den beiden Welten. Eigentlich gab es eine kürzere Brücke von meiner Gemeinschaft nach Europa als nach Amerika."
Inzwischen lebt Deborah Feldman in Berlin. Die Geschichte ihrer leidenschaftlichen Selbstbefreiung dokumentierte sie in einem Erfahrungsbericht. Dieser erschien 2012 in den USA unter dem Titel "Unorthodox. Die skandalöse Abwendung von meinen chassidischen Wurzeln" und erzielte auf Anhieb eine Millionenauflage. Auch die deutsche Übersetzung führt hierzulande die Bestsellerlisten an.

Deborah Feldman: "UnOrthodox"
Secession-Verlag,
319 Seiten, 22 Euro