Philipp Oswalt zum Wiederaufbau der Garnisonkirche

"Diese Form der Geschichtsklitterung empört mich"

10:05 Minuten
Vor einem Baukran an der Baustelle für den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam ist ein stilisiertes christliches Kreuz zu sehen. Die Botschaft darunter lautet: Geschichte erinnern - Verantwortung lernen - Versöhnung leben
Die Stiftung Garnisonkirche wirbt für den Wiederaufbau des Gotteshauses mit einer Botschaft der Versöhnung. Unumstritten ist das Projekt jedoch keineswegs. © Jürgen Ritter / imago-images
Moderation: Vladimir Balzer · 20.06.2019
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Der Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche ist von der Debatte um "Rechte Räume" in der Architektur erfasst. Die Kirche gilt als Traditions- und Identifikationsort der Rechtsradikalen. Der Architekt Philipp Oswalt ist ein Gegner des Wiederaufbaus.
Die kirchlichen und politischen Eliten, die den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche vorantreiben, stellten die Kirchengeschichte im Bezug auf den Nationalsozialismus allgemein als Opfergeschichte dar, sagt der Architekt und Architekturtheoretiker Philipp Oswalt.
"Die Probleme in der Kirchengeschichte werden aber nicht dargestellt, dabei gehen sie weit zurück. Diese Kirche ist das Symbol der Einheit von Kirche, Staat und Militär. Das ist schon fatal in sich. In dieser Kirche wurden die deutschen Kolonialkriege gesegnet und sie hat als rechtsradikaler Identifikationsort in der Weimarer Republik gedient."

Versöhnungsgedanke als reines Feigenblatt

Das Konzept der Versöhnung und Friedensarbeit im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau sei ein für ihn ein reines Feigenblatt, so Oswalt. "Das wäre nur glaubwürdig gewesen, wenn man die 'Aktion Sühnezeichen' oder 'Pro Asyl" mit in das Boot genommen hätte. Stattdessen hat man mit den Mitstreitern des rechtsextremen ehemaligen Bundeswehroffiziers Max Klaar, der der Initiator des Wiederaufbaus war, zusammengearbeitet und diese Leute saßen auch im Förderverein im Vorstand."
Der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Garnisonkirche hülle sich in Schweigen. "Auf sachliche, kritische Briefe von mir und von der Martin-Niemöller-Stiftung, die sich ebenfalls gegen den Bau gestellt hat, gab es keinerlei Antwort. Kirche und Stiftung haben sich geweigert, an einem von mir geplanten Streitgespräch teilzunehmen. Gerd Bauz von der Martin-Niemöller-Stiftung hat bei denen Hausverbot bekommen. Das sind die Umgangsformen."

Einheit von Kirche, Staat und Militär

In der Stiftung spiegele sich außerdem die oben erwähnte Einheit von Kirche, Staat und Militär wider. "Da sitzen Kirchenvertreter, Politiker und Vertreter der Bundeswehr. Das befremdet mich. Natürlich sind das jetzt keine rechtsradikalen Kräfte, aber sie halten die Flanke nach rechts offen." Außerdem vertrete die Stiftung weiter den Mythos, dass die Kirche ein Ort des Widerstand gewesen sei. "Diese Form der Geschichtsklitterung empört mich", sagt Oswalt.
(rja)
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