Debatte um deutschen Genozid in Namibia

Vom Bundespräsidenten abgefertigt

Herero-Vertreter Vekuii Rukoro im Gepräch mit Stephan Karkowsky
Herero-Vertreter Vekuii Rukoro im Gepräch mit Stephan Karkowsky © Deutschlandradio Kultur / Stefan Ruwoldt
Vekuii Rukoro im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 07.07.2015
Deutschland soll den Mord an den Hereros durch die ehemalige Kolonialmacht in "Deutsch-Südwest-Afrika"als Genozid anerkennen. Das fordert der heutige Führer des namibischen Volksstamms. Doch von der Regierung fühlt er sich respektlos behandelt. Es werde offenbar mit zweierlei Maß gemessen.
Der aktuelle Führer der namibischen Herero, der OvaHerero Paramount Chief Vekuii Rukoro, gehört zu einer Delegation, die 100 Jahre nach dem Ende der Kolonie "Deutsch-Südwest-Afrika", dem heutigen Namibia, für die Anerkennung des Genozids an den einheimischen Hereros kämpft. Solidarität erfährt er zwar von deutschen NGOs und einigen Parlamentariern. Doch Bundespräsident Joachim Gauck ließ den Politiker und Generalstaatsanwalt von Namibia auf der Straße abfertigen, als dieser ihm die Petition "Völkermord ist Völkermord" übergeben wollte.
Opfer grausamer Morde und Experimente
"Unhöflich und respektlos" habe er sich behandelt gefühlt, sagt Rukoro. Hundertausende seiner Vorfahren seien zwischen 1904 und 1908 brutal ermordet und Opfer grausamer Menschenexperimente geworden. Sein Appell, diese Taten offiziell anzuerkennen, wird von einigen Bundestagsfraktionen (Grüne, Linke) mittlerweile unterstützt. Der Grund, warum sich die deutsche Politik insgesamt aber mit dem Thema schwer tut, ist offenbar die Angst vor Entschädigungszahlungen. "Ein Menschenleben kann man nicht mit Geld aufwiegen", sagt Rukoro dazu, "doch der Genozid muss klar benannt und eingestanden werden."
Als besonders bitter und unverständlich empfinde er es, dass es der deutschen Regierung offenbar leichter falle, das Wort "Genozid" zu verwenden, wenn es um die Gräueltaten an den Armenier gehe. "Der Völkermord an Schwarzen wird offenbar anders bewertet als der an Europäern." Doch da es sich beim Mord an den Hereros um "den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts" handele, dürfe er nicht totgeschwiegen werden.
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