Debatte um Corona-Maßnahmen

"Die Entscheidung muss zurück in die Parlamente"

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Konstantin Kuhle spricht im Bundestag
Es trifft die Falschen: FDP-Politiker Konstantin Kuhle kritisiert die neuen Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Er fordert zudem eine Rückkehr der Entscheidungsmacht ins Parlament. © imago / Christian Spicker
Konstantin Kuhle im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 29.10.2020
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Dass die Regierung momentan ohne Parlamentsbezug handle, verkehre die Gewaltenteilung, findet der FDP-Politiker Konstantin Kuhle: „Üblicherweise werden die Regeln vom Parlament gemacht und dann umgesetzt von der Exekutive und nicht umgekehrt.“
Fast 17.000 Neuinfektionen meldet das Robert Koch-Institut aktuell. Dass die Situation in der Pandemie "sehr ernst ist", müsse man sich klarmachen, räumt der FDP-Politiker Konstantin Kuhle ein. Doch an den jüngsten Beschlüssen der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin übt er grundsätzliche Kritik: Vor allem eine Schließung der Gastronomie und der Kulturbetriebe hält der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion nicht für angemessen. Ihm stellt sich die Frage, warum man diejenigen bestrafe, die "Maßnahmen ergriffen haben, damit es gerade nicht zu Infektionen kommt", so Kuhle.
Aus Sicht des Politikers zeugen die Beschlüsse von "Aktionismus". Zu den wirksamen Maßnahmen zählt er Kontaktbeschränkungen im privaten Raum, an die sich die Menschen halten müssten:
"Es ist auch auf jeden Fall richtig, darauf hinzuwirken, dass private Feiern nicht stattfinden, denn das scheint ja der Hauptort der aktuell stattfindenden Infektionen zu sein. Aber an Maßnahmen festzuhalten oder sogar neue auf den Weg zu bringen, bei denen es evident ist, dass ein Großteil der aktuellen Infektionen dort nicht stattfindet, das bringt viele Menschen auf die Palme und macht sie auch wütend und das kann man verstehen."

Ein informelles Gremium mit informellen Absprachen

Kuhle hält auch die Art, wie die verschärften Maßnahmen gegen Corona zustande kamen, für problematisch. Die Ministerpräsidentenkonferenz sei ein "informelles Gremium". Es sei ein Problem, dass dessen "informelle Absprachen" erst am nächsten Tag im Parlament besprochen würden. An der Regelung könne man aber nichts mehr ändern: "Das ist eine Verkehrung der Gewaltenteilung".
Das schnelle und pragmatische Handeln zu Beginn der Pandemie sei richtig gewesen, so Kuhle weiter. "Aber es stellt sich allmählich ein Gewöhnungseffekt dar hinsichtlich einer dauerhaften Achsenverschiebung von der Legislative, von den Parlamenten, von den direkt gewählten Volksvertreten auf die Regierung. Deswegen befürchten wir, dass die Gewaltenteilung Schaden nimmt. Deswegen muss die Entscheidung zurück in die Parlamente."
(bth)
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