Das Violinkonzert von Erich Wolfgang Korngold

Großes Kino für die Geige

Die Geigerin Carolin Widmann
Voller Einsatz für neue und weniger bekannte Werke: Die Geigerin Carolin Widmann, aufgenommen im Herkulessaal ihrer Heimatstadt München © imago stock&people
Gast: Carolin Widmann, Geigerin; Moderation: Michael Struck-Schloen · 19.01.2020
Hier geht die Geige ins Kino: Erich Wolfgang Korngold hat in seinem Violinkonzert eigene Filmmusiken aufgegriffen. Und ein höchst originelles Virtuosenwerk geschaffen, das allerdings viele Jahre lang vernachlässigt wurde.
André Previn, musikalischer Universalist und Seelenverwandter von Erich Wolfgang Korngold, hat es einmal mit drastischen Worten auf den Punkt gebracht: Einem seriösen Komponisten würde man "eher einen Mord oder Totschlag verzeihen als eine Komposition für den Film".

Hier geht es zur Playlist der Sendung.

Die bittere Wahrheit hinter diesem Aperçu hat Korngold noch viel mehr als Previn zu spüren bekommen: Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang es dem in die USA emigrierten Österreicher nicht mehr, als Komponist "ernster" Musik in Europa Fuß zu fassen. Zu sehr klang das alles nach Hollywood, nach großer Leinwand und großem Geld, und so wurde auch sein 1947 von Jascha Heifetz uraufgeführtes Violinkonzert jahrzehntelang mehr oder minder missachtet.

Bewundert und vertrieben

Korngold, 1897 in Brünn geboren, war ein Wunderkind und konnte noch als Teenager seine eigene Musik an der Wiener Hofoper hören. Seine Opern "Die tote Stadt" (1920) und "Das Wunder der Heliane" (1927) waren Sensationserfolge. 1934 holte ihn Max Reinhardt nach Hollywood – ein folgenreicher Schritt, denn was möglicherweise nur als Projekt geplant war, wurde zur schicksalhaften Lebensaufgabe.
Der Komponist Erich Wolfgang Korngold (rechts) und der Regisseur William Dieterle 1939 im Studio.
Laufen hatten die Bilder schon gelernt, jetzt sollten sie zum Klingen gebracht werden: Erich Wolfgang Korngold (rechts) schrieb 1939 die Musik zu den Film "Juarez" von William Dieterle (links).© imago stock&people
Erst konnte Korngold aufgrund des nationalsozialistischen Rassenwahns nicht in seine Heimat zurückkehren, dann wurde er dort als Komponist spätromantischer Musik zum alten Eisen gelegt. Noch lange nach seinem Tod 1957 – und vielleicht hier und dort auch heute noch – galt Korngold als zweite Wahl, als geschickter Arrangeur mehr denn als bedeutender Komponist.

Vom Filmstudio in den Konzertsaal

Inzwischen hat sich wenigstens das Violinkonzert, in dem Korngold einige seiner schönsten Ideen aus der Filmarbeit in den Konzertsaal herüber rettete, als Werk etabliert. Viele – und gerade jüngere – Geigerinnen und Geiger haben es im Repertoire, wobei man nicht unbedingt auf die Idee kommen würde, dass sich auch Carolin Widmann für dieses Werk erwärmen kann.
Die Münchner Geigerin mit Wohnsitz und Professur in Leipzig gilt als Spezialistin für Neue Musik, womit Korngolds Konzert herzlich wenig zu tun hat. Dennoch liebt Carolin Widmann diesen Komponisten und seinen höchst originellen Zugriff auf die eigene Filmmusik. Im Studio der "Interpretationen" enthüllt die Geigerin Schönheiten und Details von Korngolds Musiksprache.
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