Das Terror-Manifest von Christchurch

Narrative, die bei Rechtspopulisten weltweit anzutreffen sind

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Neuseeländische Polizisten sichern die Umgebung nach dem Terror-Anschlag auf die Masjid-Al-Noor-Moschee in Christchurch.
Neuseeländische Polizisten sichern die Umgebung nach dem Terror-Anschlag auf die Masjid-Al-Noor-Moschee in Christchurch. © www.imago-images.de
Matthias Quent im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 15.03.2019
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Einer der mutmaßlichen Attentäter des Terroranschlags in Christchurch hat offenbar ein rechtsradikales, rassistisches Manifest im Netz veröffentlicht. Der Soziologe Matthias Quent sagt, unterfüttert würden die Theorien eher in Frankreich und Deutschland.
Der Text, den der mutmaßliche Attentäter von Christchurch im Internet veröffentlicht hat, mache einen sehr geschlossenen Eindruck, sagt der Soziologe und Rechtsextremismusforscher Matthias Quent.
"Das ist nicht das Machwerk eines Irren, sondern eine ziemlich kohärente neofaschistische Ideologie, die dort dokumentiert wird, die Ideologie einer globalen rechtsradikalen Bewegung, die sich in einem Kulturkampf sieht, einem Kampf gegen den angeblichen Untergang durch Überfremdung."

Parallelen zur völkischen Ideologie der 1920er

Diese Thesen seien sowohl in der rechtsradikalen als auch in der rechtspopulistischen Szene weit verbreitet, so Quent. "Damit muss man sich auseinandersetzen, weil die Ursachen dafür auch in der Gesellschaft liegen und wir diese deshalb auch in der Gesellschaft diskutieren müssen." Die intellektuelle Unterfütterung dieser Theorien sei in Australien und in Neuseeland bisher gar nicht so weit verbreitet gewesen. Man kenne das eher aus Frankreich und Deutschland.
Die Identitäre Bewegung habe Kampagnen, die genau so heißen, wie der Text des Attentäters im Titel heißt: 'Der große Austausch'. Auch Politiker der AfD und die Alt-Right-Bewegung in den USA benutzten diesen Begriff.
"Das ist ein globale Legende, eine Annahme, die sich durch die Vernetzung in sozialen Netzwerken gegenseitig bestätigt findet. Erstaunlicherweise gibt es da große Parallen zu den völkischen Vordenkern in den 1920er Jahren."

Geltungsbedürfnis und Sendungsbewusstsein

In dem Text des Attentäters erkenne man auch, dass er sich gerne als Rächer betrachtet für die islamistischen Anschläge in Europa und auf der ganzen Welt. "In dieser Ideologie spielen nationale Grenzen keine große Rolle. Es geht um Rasse, Ethnie und Kultur. Der Täter hat offenbar zudem ein großes Geltungsbedürfnis und ein politisches Sendungsbewusstsein. Er will dafür werben, dass sich Nachahmer finden. So etwas wollte auch der NSU in Deutschland mit seinem Video bewirken. Und es geht natürlich auch darum, unter Muslimen und Einwanderern Angst und Schrecken zu verbreiten. Er sieht sich als Kreuzzügler gegen den Islam." Das seien Narrative, die bei Rechtsradikalen und Rechtspopulisten weltweit anzutreffen sind.
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