Das Schweigen beim Sprechen

Von Christine Nagel · 25.10.2011
Exil und ein früher literarischer Erfolg mit dem Preis der Gruppe 47 prägten das Werk der österreichischen Autorin. Erst als das Hauptwerk geschrieben war, gab sie Auskünfte in Interviews über Erinnerung, Schweigen und Verschwinden.
Die große österreichische Schriftstellerin Ilse Aichinger, die am 1. November 2011 90 Jahre alt wird, galt lange Zeit als Interview scheue Autorin. Dies änderte sich mit zunehmendem Alter. Die Sendung hört in ihre Rundfunkinterviews hinein, erkundet, wie sich rückblickend Aussagen zu Schreiben und Sprache mit ihrem Werk als Schriftstellerin ergänzen. Das Dialogische findet sich im Sprechen und in ihrer Literatur, und oftmals hat es komische Momente.

Als Ilse Aichinger 1952 den Preis der Gruppe 47 für ihre "Spiegelgeschichte" erhielt, stand sie zwar, wie Ingeborg Bachmann, im Mittelpunkt des literarischen Interesses. Doch wenn man nach Interviews sucht, ob in Presse oder Rundfunk, sind solche erst ab 1971 zu finden. Zu dieser Zeit lag ihr Hauptwerk größtenteils vor; es folgten 20 Jahre, in denen sie kaum schrieb und nichts veröffentlichte. Erst hier beginnt sie zu sprechen, über das Schweigen, die Erinnerung und notwendige Sätze.

Als sie in den 90er-Jahren von zu oft wiederholten Aussagen abrückt, da die Gesprächspartner sie darauf festzulegen scheinen, entwickelt sie im sprechenden Nachdenken das Stichwort für ihr Spätwerk: das Verschwinden.

Manuskript zur Sendung als PDF-Dokument oder im barrierefreien Textformat