Das Riesenrad ist sozialdemokratisch

Von Michael Frantzen · 13.08.2013
Wenn sich SPD-Mitglieder zu einem Ortsverein zusammenschließen wollen, dürfen sie das eigentlich nur an ihrem Wohnort. Für die Schausteller auf dem Hamburger DOM gibt es eine Ausnahme: Auf dem legendären Rummelplatz tummeln sich 120 Genossen, vereinigt im SPD Distrikt "Heiligengeistfeld".
Losverkäufer: "Herzlich Willkommen! Hallo liebe Gäste..."

Netter Empfang schon mal. Beim Sommer-"DOM", dem Rummel auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg. Sie haben einiges zu bieten hier: Eine Geschichte, die bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht; die Reeperbahn und das Stadion von Sankt Pauli um die Ecke; und last but not least: Eine geballte Ladung politischer Sachverstand. Denn für mehr als 120 Schausteller ist das größte Volksfest Norddeutschlands die politische Heimat. Neunzig Tage im Jahr. Allesamt Genossen.

"Hauptanliegen ist der Erhalt des Hamburger DOMs als Veranstaltungsfläche"

Benno Fabricius. Der Betreiber der "Bauernschänke", dem man seine Vorliebe für gutbürgerliche Küche ansieht, ist stellvertretender Vorsitzender hier – und seit Anfang an dabei. Vor mehr als 25 Jahren, 1987, versuchten Fabricius und ein paar Mitstreiter, ihr Schausteller-Dorf politisch auf Kurs zu bringen.

"Ich bin hier in der Freien- und Hansestadt Hamburg selbstständig geworden. Ich komme eigentlich aus Lüneburg. Mir ist es gut gegangen unter der Regierung, die hier ja Jahrzehnte SPD-regiert war. Und da gab es für mich überhaupt kein Überlegen. Bin damals in die SPD eingetreten."

Gerhard Schröder bekam ein Lebkuchenherz
Seitdem hat Fabricius diverse SPD-Vorsitzende kommen und gehen gesehen. Die meisten auch leibhaftig. Gerhard Schröder beispielsweise: War ein gern gesehener Gast auf dem DOM.

"Is ja ganz klar, dass wir dann versuchen, ihre Kollegen zu motivieren, über den DOM etwas zu schreiben. Und was ist das beste Werbemittel? Nen‘ Lebkuchenherz."

Letzteres bekam der "Genosse der Bosse" einst von Benno Fabricius in die Hand gedrückt – samt der Aufschrift: "Gerd! Du bist bei uns immer Willkommen!" Schon eine Weile her. Seitdem hält sich das mit den politischen PR-Aktionen in Grenzen. Es gelten klare Regeln, im roten Schausteller-Distrikt. Vorsitzender etwa kann nur ein Externer werden.

"Weil damit auch ausgeschlossen wird, dass wohlmöglich wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielten könnten."

Um das zu verhindern, hat mit Dirk Sielmann einer das Sagen, der hauptberuflich mit Kirmes nichts am Hut hat: Der beflissene Mann verdient sein Geld als Vorsitzender des "Landesbundes der Gartenfreunde in Hamburg." Ein Kleingärtner als oberster Schausteller-Genosse: Der "SPD-Distrikt Heiligengeistfeld" fällt auch sonst aus dem Rahmen.


"Weil die Schausteller ja ein reisendes Volk sind. Und nicht wohnortnah sich politisch engagieren können."

Es war anfangs gar nicht so einfach, die Parteiführung davon zu überzeugen, eine Ausnahme zu machen: Vom sonst gültigen "Wohnort-Prinzip", wonach man sich als braver Parteisoldat nur da mit anderen braven Parteisoldaten zu einem Ortsverein zusammenschließen kann, wo man wohnt. Doch diese reine Lehre – bei den Schaustellern funktioniert sie nicht. Und so kommt es, dass im SPD-Distrikt Heiligengeistfeld über 120 Mitglieder vereint sind, die aus sechs Bundesländern kommen. Sind in guter Gesellschaft.

"Es gibt weitere Ausnahmeregelungen. Zum Beispiel für EU-Mitarbeiter in Brüssel und Straßburg. Die im Unterbezirk Aachen angesiedelt sind. Und es gibt sogar noch nen Ortsverein für die ganzen UNO-Mitarbeiter in New York. Insofern ist das keine Außergewöhnlichkeit."

Sinniert Dirk Sielmann, der, wenn er nicht gerade für die Schausteller oder Kleingärtner spricht, auch noch Zeit findet, für die SPD im Bezirksparlament des Stadtteils Mitte mitzumischen – unter anderem als Vorsitzender des sogenannten "City Ausschusses."

Ein Filet-Grundstück mitten in der Hamburger City
Womit wir wieder beim DOM wären: Schließlich wird im innerstädtischen Ausschuss auch über die Vergabe von Standplätzen auf Volksfesten entschieden.

"Wenn man nicht sich darum kümmert, dass das Volksfest noch seine Existenz hat, dann wird es irgendwann aussterben. Es gibt viele Festveranstaltungen, die inzwischen schon gar nicht mehr stattfinden, weil es sich nicht mehr lohnt. Darum muss man sich kümmern. Und wir kümmern uns zum Beispiel darum, dass diese Fläche erhalten bleibt. Das ist ein Filet-Grundstück in der Stadt Hamburg. Man muss sich das vorstellen: Mehrere Fußballfelder groß. Mitten in der Stadt."

"Dieses Heiligengeistfeld ist eines der wertvollsten Grundstücke in ganz Hamburg."

Sekundiert Egon Greger, Pizza-Bäcker und Urgestein des SPD-Distrikts.

"Das Schlimmste, was Schaustellern passieren könnte, ist, dass dadurch, dass wir nur dreimal im Jahr hier sind, die verantwortlichen Politiker einmal schlafen und die Sache verpennen. Und wir hier abgesiedelt werden in eine andere Region. Das wäre für Hamburg das Aus für den Hamburger DOM. Der Hamburger DOM lebt hier im Herzen dieser Stadt. In Verbindung mit der Reeperbahn."

Eine unschlagbare Kombination – doziert Greger in der Sitzecke, draußen vor seinem nicht gerade klein bemessenen Wohnwagen.

"Ich bin 72 Jahre, habe aber die Kraft der zwei Herzen."

Dementsprechend hat er noch viel vor.

"Ich pflege immer zu sagen: Mein großes Vorbild ist der Johannes Heesters. Der hat noch mit über hundert auf der Bühne gestanden. Und die Leute begeistert. Wenn ich es dann auch noch kann, dann wäre es also die Erfüllung meines Lebens."

Ähnlich wie sein Ende 2011 verstorbenes Vorbild legt Greger Wert auf das Äußere: Goldring, weißes Hemd, Krawatte. Gehört sich so.
"Seit 1874 bereisen wird hier den Hamburger DOM. In der vierten Generation. Sind ein Familienbetrieb und haben ursprünglich mal mit einer Venezianischen Barock-Schiffsschaukel angefangen."

Egon Greger wurde 1936 geboren – auf dem Rummeplatz
Aus der Schaukel, der per Muskelkraft betriebenen, wurde mit der Zeit eine Pizzeria. War lukrativer. Egon Greger zuckt die Schultern: Wer im Schaustellergeschäft über die Runden kommen will, muss flexibel sein - Traditionen hin oder her. Sein Großvater hätte das sicher verstanden. Von Hause aus Seemann segelte er im 19. Jahrhundert um Kap Horn, bis er beim Landgang in Cuxhaven eine Schaustellerwitwe kennen- und lieben lernte. Sein Enkel wurde 1936 geboren: auf dem Rummel.

"Eltern und ich glaub auch schon der Großvater: Wir alle waren immer SPD-zugehörig. Es hat natürlich auch keine Nachteile, wenn man in der SPD ist. Denn letzten Endes sind wir in unserem Gewerbe nur Bittsteller. Wir brauchen immer wieder die Unterstützung gewisser Leute, die Einfluss haben und sagen: So! Helft denen mal, den Kameraden! Die haben es ja schwer genug."

Meint der Pizzabäcker – und zupft an seiner Krawatte. Greger schaut auf seine Chrom-Armbanduhr: Viertel vor drei. Er muss bald los. In einer viertel Stunde macht sein Stand auf, der abends, in der Dunkelheit, so vor sich hin leuchtet, dass die Spielcasinos in Las Vegas ihre helle Freude daran hätten. Zwar ist seine Tochter Christin längst mit von der Partie: Doch der Seniorchef lässt es sich nicht nehmen, selbst Flagge zu zeigen. Auch wenn ihm das in der letzten Zeit nicht immer leicht gefallen ist.

"Meine Frau ist leider vor einiger Zeit an Krebs verstorben – mit 46 Jahren. Und unseren Sohn haben wir bei einem Autounfall im Alter von 22 verloren. Die erste Zeit war sehr schwer. Weil meine Frau sehr bekannt war. Unser Sohn auch. Und immer wenn die Trauer sich ein bisschen beruhigt hatte, kam jemand und sagte: Ist Christian gar nicht da? Wo ist Christian? Und bei meiner Frau war es ähnlich. Eine bildhübsche Frau. Is‘ ihre Frau gar nicht da, Herr Greger? Wir haben ihre Frau noch gar nicht gesehen? Das ist dann sehr schwer und dauert dann unendlich lange. Wenn man da nicht von netten Kollegen aufgefangen wird, dann geht man unter, ja?! Weil man sagt: Für wen noch?"

Inzwischen hat sich Egon Greger wieder gefangen. Es gibt eine neue Frau in seinem Leben. Und ansonsten gilt: Die Show muss weiter gehen. Ein miesepetriges Gesicht wollen die wenigsten Gäste sehen – meint Greger trocken auf dem Weg vom Wohn- zum Pizzawagen. Auch nicht die Promis. Links neben der Theke auf einer Fotowand sind sie versammelt: Uwe Seeler; Dagmar Berghoff, die Klitschkos. Alle schon mal da gewesen. Auch Rudolf Augstein, der 2002 gestorbene Spiegel-Gründer.

"Hätt ich fast vergessen. Rudolf Augstein bin ich das erste Mal begegnet in Lanz – das liegt in der Nähe von Innsbruck. Ist ein sehr berühmtes Sanatorium. Und wir kamen ins Gespräch. Ich erklärte ihm, wie ich Spiegel-Leser geworden bin, nach dem Krieg. Er war davon sehr angetan. Und begeistert. War aber krank. Und ich hab ihm dann einen kleinen Vers genannt. Der lautete: "Tüchtig ist der, der den Löwen bezwang. Tüchtiger ist der, der die Welt bezwang. Und am tüchtigsten der, der sich selbst bezwang." Da hat er mich in den Arm genommen und dann hat er gesagt: "Toll! Einen Schausteller kennen zu lernen, der so schöne Dinge weiß."

Weiß halt eine ganze Menge, Genosse Greger. Nicht nur über die schönen Dinge des Lebens. Sondern auch, wie man einen ordentlichen Wahlkampf führt: Da könnte sich Peer Steinbrück, der SPD-Kanzlerkandidat, eine Scheibe von abschneiden.

"Ich meine, dass er vielleicht nicht volksnah genug ist. Menschen vergessen so etwas sehr langsam, wenn es heißt: Ich trinke kein Prosecco ab einer gewissen Preisklasse. Er müsste sich vielleicht unters Volk mischen, auf den DOM gehen. Das wäre vielleicht mal etwas Wunderbares. Und sagen: Leute! Schaut mal! Da bin ich! Ich kann es! Ich beweise es euch, ja?! So müsste das rüber kommen."

Tut es aber irgendwie nicht so richtig. Da kommt der Genosse im Allgemeinen und Theo Rosenzweig im Speziellen schon mal ins Grübeln.

"Peer Steinbrück issen Mann: Wenn man den im Fernsehen sieht oder im Radio reden hört: Datt is eijentlich nen Wort-Mann."Versucht sich der Rheinländer, den es Anfang der 70er der Liebe wegen in den Norden verschlagen hat, auf den SPD-Spitzenkandidaten einen Reim zu machen.

"Manchmal machta datt vielleicht auch verkehrt oder nen bisschen hart. Datt die Alljemeinheit datt nich versteht. Isch weiß ett nitt. Man hat ihn ja vielleicht schon ein bisschen in ne Form oder ne Richtung gebracht, datta nisch so hart klingt, näh?! Aber man muss den Mann verstehen. Er sagt ett praktisch so raus, wie er ett oben eben drin hat."

Halt durch und durch ein Hanseat, meint Rosenzweig achselzuckend. Wenn er nicht gerade mit seinem Riesenrad – dem weltweit größten mobilen seiner Art – den Sommer- und Winter-DOM in Hamburg besucht, lebt der gebürtige Kölner samt Frau, Kindern und Enkelkindern im niedersächsischen Bad Oeynhausen. Bis auf die Enkel: Alles SPD-Mitglieder.

"Ja sischa. Man muss sisch doch für eine Partei entscheiden. Und datt is in unserer Familie halt die SPD. Ich hab als siebenjähriger Junge bei Hans-Jürgen Wischnewski bei uns im Wohnwagen auffen Schoss gesessen."

Dem Staatsminister im Kanzleramt unter Helmut Schmidt.

"Da is dann irgendwann auch ne Freundschaft entstanden."

Mit Parteiprogrammen, geschweige denn Spiegelstrich-Debatten auf irgendwelchen Parteitagen, hat Rosenzweig nichts am Hut. Theorie – das ist nicht so sein Ding. Dafür die Praxis. Etwa die, sein mehrere Tonnen schweres Riesenrad auf 32 Sattelschleppern von Bad Oeynhausen nach Hamburg zu transportieren und danach innerhalb von sechs Tagen auf dem Heiligengeistfeld aufzubauen. Oder auch: Wie betreibt man möglichst effizient die neue, ökologisch-korrekte LED-Lichtanlage? 300.000 Euro hat die Anlage die Rosenzweigs gekostet. Aber trotz aller praktischen Arbeit.
"Ohne Politik jeht ett nitt. Wenn man irgendwo watt hat: Man muss sisch ja irgendwo noch beschweren können. Und datt jeht eijentlisch nur über die Politik."


Böse Investoren möchte das Feld bebauen
Besonders, wenn wieder einmal Privatinvestoren ein Auge werfen auf das Heiligengeistfeld, eine der größten innerstädtischen Brachflächen Deutschlands. Wohnraum ist in Hamburg knapp und teuer: So etwas weckt Begehrlichkeiten. Theo Rosenzweigs Frau Marlies kneift die Augen zusammen: Lauter Turbo-Kapitalisten, die den schnellen Reibach machen wollen. Das passt so gar nicht zu ihren Werten.

"Dass wir eine rote Familie sind; rote Socken. Meine Eltern haben uns Sozialdemokratie vorgelebt. Und auf keinen Fall dazu überredet. Sondern: Das Vorleben hat man eben so empfunden, dass das in Ordnung war. Und dazu gehört eben auch das soziale Verhalten. Eigentlich stand für mich nie was anders zur Debatte."

Wir und die - bei Rosenzweigs unterm Riesenrad sind die Rollen noch klar verteilt. Die Guten: Selbstredend die Sozialdemokraten, die, nach dem christdemokratischen Intermezzo mit Ole von Beust, seit der Wahl von Olaf Scholz zum Ersten Bürgermeister in der Hansestadt wieder das sind, was sie vorher Jahrzehntelang schon einmal waren: Regierungspartei. Die Bösen: Genauso selbstredend all die Möchtegern-Investoren wie die Hamburger Messe, die es auf die DOM-Fläche abgesehen haben.

(M. Rosenzweig) "Da muss man ja schon gerüstet sein. Denn jetzt war ja wieder das große Thema Privatisierung. Und wenn man da nicht politisch unterstützt wird, ist das natürlich schon schlecht."

Vor einer möglichen Privatisierung haben viele Schausteller Angst; spätestens seitdem der Hamburger Rechnungshof in seinem aktuellen Jahresbericht die Frage aufwarf, ob man den DOM nicht eventuell kostengünstiger in Privat-Trägerschaft organisieren könne. Das kam nicht so gut an – weder bei Schaustellern wie den Rosenzweigs noch bei der Hamburger SPD. Vorerst ist das Thema vom Tisch: Die SPD-Mehrheit in der Bürgerschaft hat beschlossen, das Volksfeld auch weiterhin unter städtischer Regie zu veranstalten. Gut so, findet Dirk Sielmann, der Vorsitzende des SPD-Distrikts DOM – und wedelt triumphierend mit der entsprechenden Drucksache. Hat sich sein Einsatz hinter den Kulissen gelohnt.

CDU spricht von Bevorzugung der SPD-Schausteller
Auch die CDU hat der Sache zugestimmt. Was durchaus bemerkenswert ist, wirft sie dem SPD-Funktionär doch ansonsten gerne vor, er sorge als Vorsitzender des "City Ausschusses" im Bezirk Mitte dafür, dass fast nur Schausteller mit SPD-Parteibuch den Zuschlag für Jahrmarktsflächen bekämen.

"Es wird nicht nach Parteiproporz vergeben. Es wird nach einem Ausschreibungsverfahren vergeben. Dieses ist so transparent, dass daran sogar die Anrainer beteiligt werden. Die Anrainer und alle politischen Fraktionen mit einer Stimme. Das heißt, die SPD, meine Partei, die mit fast fünfzig Prozent der Stimmen hier gewählt worden ist, ist da nur mit einer Stimme in diesem Auswahlgremium vertreten."

Wiegelt der Vorsitzende des SPD-Distrikts Heiligengeistfeld ab. Wer das beste Angebot macht, bekommt den Zuschlag. Für den innerstädtischen Weihnachtsmarkt am Gerhard-Hauptmann-Platz war das eine GmbH, die seinem Stellvertreter Fabricius und einem weiteren DOM-Schausteller, Robert Kirchhecker, gehört. Dessen Bruder Sascha kann daran nichts Verwerfliches finden. Mehrere Standbeine zu haben, meint er, sei schließlich nie verkehrt. Schon gar nicht heutzutage.

"Wir hatten schon mal bessere Zeiten. Die Kosten!"

Stöhnt der Betreiber einer Crêperie und Spielhalle auf dem DOM.

"Das sind die Transportkosten. Das sind die Standgeldkosten. Jeder dreht an der Schraube. Sie brauchen nur die Spritpreise angucken. Und wenn wir von A nach B fahren: Ich sag mal ganz vorsichtig: Was früher hundert Euro gekostet hat, kostet mittlerweile zweihundert Euro."

Wie viele hier ist Kirchhecker auf dem Rummel groß geworden. Schon sein Großvater hatte ein Fahrgeschäft. Immer war er da, wo seine Eltern gerade waren: Auf dem Hamburger DOM, auf irgendwelchen Jahrmärkten in Norddeutschland. Keine schlechte Zeit, erinnert sich der 38jährige – auch wenn er mit dem Klischee von der Wohnwagen-Romantik nur wenig anfangen kann.

"Die werden alle erschrocken sein, wie erschreckend normal das Leben doch tatsächlich ist. Es sind viele Arbeitsstunden. Also der Tach fängt bei uns so um halb zehn an. Und endet dann abends: Während der Betriebszeit elf, halb zwölf, je nach dem, was nen Tach wir haben. Romantik? Mit Romantik hat das hier nicht viel zu tun."

Schon gar nicht, wenn er sich für die SPD-Ortsgruppe ins Zeug legt.

"Ich bin der Kassierer. Hier bei uns Schaustellern ist es überwiegend üblich, dass der Kassierer tatsächlich noch mit der Kasse rum geht. Ich hab nen Beutel und dann geh ich rum zu den Geschäften: Der Beitrag is fällig. Und dann stell ich ne Quittung aus. Das ist meine Aufgabe. Und zu sorgen, dass die Kasse stimmt. Geld muss ja reinkommen."

Beim SPD-Distrikt Heiligengeistfeld im Speziellen. Und der SPD im Großen und Ganzen. Besonders in einem Wahlkampfjahr. So richtig aber will der Funke noch nicht überspringen – beim Genossen Schausteller.

Kirchhecker: "Es ist jetzt nicht so, dass ich mit Stellschildern hier rumlaufen werde oder so. Aber ich drücke Herrn Peer Steinbrück die Daumen. Und was ich dann machen kann, dann helf ich ihm. Aber: Ich hab eben noch meinen Job. Und der beansprucht mich."
(Sielmann) "Wir werden hier keine Großveranstaltung vor Ort haben. Weil wir kein Großzelt in diesem Jahr haben."

Hält auch Dirk Sielmann, der politische Multifunktionsträger, den Ball flach.

"Aber wir werden einen DOM-Rundgang mit unserem Spitzenkandidaten zu organisieren wissen. Und hoffen auch darauf, dass das klappt."

Das mit dem Kandidaten. Und dem Wahlsieg.

"Ich bin Fachmann. Behaupte ich. (lacht) Und hoffe darauf, dass wir über dreißig Prozent kommen werden."

Alles eine Frage der Motivation, der richtigen. Egon Greger jedenfalls, das rote DOM-Urgestein, ist gewappnet.

"Tschaka! Wir schaffen es! Tschaka! Wir packen’s an, ja?!"
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