Das neue Gesicht auf der Museumsinsel

Von Margarete Limberg · 12.08.2005
Die Büste der ägyptischen Königin Nofretete kehrt nach mehr als 60 Jahren in das Alte Museum auf der Berliner Museumsinsel zurück. Sie sei eine ideale Lobbyistin für den Ausstellungsort, meint der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann.
Der nach menschlichem Ermessen vorletzte Umzug der Nofretete vom Kulturzentrum am Potsdamer Platz ins Alte Museum auf der Museumsinsel vollzog sich in der vergangenen Nacht zwar unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen, lief aber, wie der Direktor des Ägyptischen Museums Dietrich Wildung erleichtert betont, auf enttäuschende Weise unspektakulär ab.

Wildung: " Dennoch ist der heutige Tag ein großer Tag. Er ist für uns das Ende der Nachkriegszeit. Wir sind da, wo das Ägyptische Museum 1850 im Neuen Museum seine große Geschichte begonnen hat. "

Die spektakuläre Wanderschaft der 3300 Jahre alten Büste Nofretetes hat aber nur ein vorläufiges Ende erreicht. Erst 2009, wenn ihre alte Heimstatt, das Neue Museum, aus dem sie im Zweiten Weltkrieg evakuiert wurde, renoviert und saniert ist, ist ihre lange Reise zu Ende.

Sie führte im Krieg unter anderem in ein Salzbergwerk in Thüringen, nach dem Krieg wurde sie zunächst von den Amerikanern beschlagnahmt, 1956 kam sie nach Westberlin, erst nach Dahlem, dann mit der Ägyptischen Sammlung in den Stülerbau am Schloss Charlottenburg.

Jahrzehntelang führte dieses einmalige Kunstwerk eher eine Nischenexistenz. Zu sensationsträchtigen Events wurden erst ihre jüngsten Umzüge, zunächst im März dieses Jahres in das Kulturforum und jetzt auf die Museumsinsel. Jeder, der für seine Sache nach öffentlicher Aufmerksamkeit strebt, kann nur mit Neid auf die Inszenierungskünste der Staatlichen Museen blicken. Das hat nicht nur mit der einzigartigen Schönheit der Königin und der Bedeutung der ägyptischen Sammlung insgesamt zu tun, die nun - aus Platzgründen nur zum Teil - mit ihr im Alten Museum ausgestellt ist.

Es geht nicht zuletzt darum, für das gigantische, langwierige und äußerst kostspielige Sanierungswerk Museumsinsel die gebotene Aufmerksamkeit zu bekommen und Unterstützung zu mobilisieren. Hier sei Nofretete die ideale Lobbyistin, meint der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann. Peter Klaus Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin formuliert es so:

" Das Ziel dieser vorzeitigen Rückkehr ist, dass wir eine verstärkte Wahrnehmung der Museumsinsel erzielen wollen, eine, wenn man so will, Ikonisierung der Museumsinsel. Betender Knabe, Nofretete übereinander, die Ikonen der Staatlichen Museen zu Berlin. "

Die Besucherströme, mit denen man sicher rechnen kann, werden überdies, so hofft Schuster, beim staatlichen Geldgeber die Einsicht befördern, dass der Bau eines neuen Eingangsgebäudes für alle fünf Gebäude der Museumsinsel unerlässlich ist:

" Die Nebenabsicht ist natürlich ein geordnetes schönes Chaos zu erzeugen. Heißt: nachzuweisen, wie sehr die Museumsinsel besucht wird, wie sehr wir ein Eingangsgebäude brauchen. Schauen Sie nach draußen. Alte Nationalgalerie, "Goya"-Schlange und all dies. All das wird sich mit Nofretete hier einstellen. Das schöne neue Chaos."

Der jetzige Umzug wäre ohne private Geldgeber nicht zustande gekommen. Drei Millionen Euro hat er gekostet und aufgebracht wurde diese Summe vom Kuratorium Museumsinsel:

Schuster: " Dieses Kuratorium Museumsinsel ist der Club der 14 Edlen. Deutsche, internationale Unternehmen, die in diesem Kuratorium zusammengeschlossen sind und die den vorzeitigen Umzug des Ägyptischen Museums auf die Museumsinsel ermöglicht haben. "

Der erste würdige Auftritt Nofretetes – so nennt der Direktor des Ägyptischen Museums Dietrich Wildung ihren neuen Standort. In einer großen Vitrine aus Panzerglas beherrscht sie den großen, Licht durchfluteten Mittelsaal des Obergeschosses des Alten Museums, umrahmt nur von zwei kleinen Statuetten Nofretetes und ihres Ehemannes Echnaton und einem Fragment, das die verschränkten Hände des Ehepaares zeigt.

Die Büste der ägyptischen Königin und andere altägyptische Kunstwerke wurden am 6. Dezember 1912 von einem deutschen Ausgrabungsteam gefunden. Der Fund wurde später zwischen den Deutschen und dem Osmanischen Reich, zu dem Ägypten damals gehörte, geteilt. Nofretete gelangte in den Besitz des Finanziers der Ausgrabungen, des Berliner Kaufmanns James Simon. Der schenkte sie 1920 dem Ägyptischen Museum. Ägyptens Forderungen nach Rückgabe der Büste wurden und werden strikt abgelehnt. Dietrich Wildung ist sich sicher:

" Die Frage ist seit der Fund-Teilung von Januar 1913 juristisch eindeutig beantwortet."

Auch die Staatsministerin für Kultur Christina Weiss lässt keinen Zweifel daran aufkommen, wo die ägyptische Königin hingehört. Nofretete sei das Gesicht der Museumsinsel. Sie sei ohne Zweifel die Mona Lisa der Staatlichen Museen, sie sei uns, wenn man so wolle, heilig, sagte die Staatsministerin bei der Eröffnung der Ausstellung.

Service:

Am 13. August 2005 wird das Ägyptische Museum im Alten Museum auf der Berliner Museumsinsel wieder eröffnet.