Das Museum der Woche

Von Stefanie Pesch · 09.02.2007
Das Deutsche Schiffahrtsmuseum Bremerhaven ist ein nationales Forschungsmuseum, das einzige des Landes Bremen. Klein ist es nicht gerade: 8000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, das ist etwa so viel wie ein kleines Einkaufszentrum. Aber die Größe ist nötig, schließlich sind einige Ausstellungsstücke auch ganz stattlich. Ein Schiff passt kaum in eine Vitrine.
Ein langgestreckter Bau, direkt am Weserdeich. Leise leckt das Wasser an den Schiffen im Museumshafen. Ruhe ringsum, nur ein paar Möwen kreischen. Drinnen dagegen: Lärm wie auf einer Schiffswerft. Zumindest hier in der kleinen Halle, in der sie vor Anker liegt. Sie, von der Direktorin Ursula Warnke beinahe ehrfürchtig spricht.

"Die alte Hansekogge aus dem Jahr 1380, gefunden in Bremen, ist unser ältestes Schmuckstück und auch unser Hauptexponat."

Ein monströser Bottich aus dunklem Holz, 23 Meter lang. Der Schiffstorso ist mit Stahlseilen an der Decke befestigt. Drumherum hocken Männer mit Schweißerbrillen und befestigen Metallstützen.

"Da ist gerade einer unserer Auszubildenden dabei, eine Stütze zu schweißen! die Kogge ist durch die Aufhängung etwas aus der Form geraten, und diese Stützen, die passgenau angesetzt werden, werden computergesteuert, millimeterweise, die Kogge wieder in ihre ursprüngliche Form zurückdrücken. Sie müssen sich vorstellen, ein Schiff hat ja normalerweise von außen Druck durch das Wasser und wird so auch zusammengehalten, und durch die Aufhängung war das Ganze nicht mehr gegeben."

Das Prinzip "Zahnspange", manchmal kann eben auch ein Schiff davon profitieren. Das hölzerne Ungetüm soll schließlich noch lange die Blicke der Besucher des Schifffahrtsmuseums auf sich ziehen. Und von der Zeit erzählen, als Seefahrt noch ein lebensgefährliches Abenteuer war. Als Koggen und andere Schiffe, beladen mit Handelsgütern, auf Ost- und Nordsee segelten. Als mutige Männer an Bord das Rahsegel hißten, und gegen Naturgewalten kämpften. Große und ganz kleine ...

"Wir haben eine Toilette gefunden, auch ein ganz interessanter Fund, und die läßt Rückschlüsse zu, weil sie vorne eine ganz bestimmte Aussparung hat, und sie könne sich vorstellen wozu die diente. Und das lässt Rückschlüsse darauf zu, daß die Besatzung auf solchen Schiffen auch nur aus Männern bestand."

1962 wurde die Kogge bei Baggerarbeiten in der Weser entdeckt. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte man den Schiffstyp aus der Hansezeit nur von Abbildungen. Der Fund war eine wissenschaftliche Sensation. Und stellte Forscher zugleich vor ein großes Problem. 500 Jahre altes Holz haltbar machen, das ist leicht. Dazu braucht man nur eine bestimmte chemische Lösung. Aber ein Schiff von dieser Größe zu konservieren, dazu ist Geld nötig und: Erfindungsreichtum.

"Das war tatsächlich so, daß eine Wanne genau in der Größe des Schiffs gebaut war, und die wurde gefüllt mit dieser Lösung, die dann immer ausgetauscht wurde, die Konzentration wurde geändert, es war erst eine dünnflüssigere Lösung, die dann später dickflüssiger wurde. Und es ist so, dass das Wasser, das in den Holzporen sitzt, nach und nach herausgedrückt wird, und durch diese wachsartige Lösung ersetzt wird, die dann die Poren aussteift, und so das Holz in der bestehenden Form konserviert ist."

20 Jahre lang lag der morsche Eichenrumpf in seiner Konservierungswanne. Museumsdirektorin Warnke erinnert sich an ihre Studienzeit.

"Also wir hatten eine Exkursion nach Norddeutschland und sind natürlich als Archäologen in dieses Museum gekommen, um diesen bedeutenden archäologischen Fund auch zu sehen. Und da war die Kogge noch im Tank, und man konnte durch Bullaugen die Form der Kogge mehr erahnen als denn tatsächlich sehen. Die grünliche Konservierungsflüssigkeit trübte die Sicht, aber es war natürlich schon beeindruckend für mich als Studentin, das zu sehen. Denn das war der erste große Schiffsfund, der überhaupt konserviert wurde. Also eine einmalige Sache, die hier im Schiffahrtsmuseum erstmalig angegangen wurde."

Heute ist die Studentin von damals Kapitänin einer ganzen Museumsflotte. Ein U-Boot, ein eisernes Feuerschiff, eine Dreimastbark und ein Expeditionsschiff liegen im Museumshafen des Bremerhavener Schiffahrtsmuseums vor Anker. Das Museum selbst zeigt auf 8000 Quadratmetern Ausstellungsfläche so ziemlich alles, was irgendwie mit Seefahrt zu tun hat. Vom Bootsbau, über das Rettungswesen, Walfang, Fischerei bis zur Kriegsmarine. Pensionierte Seeleute erklären den Besuchern die Schiffsbrücke eines Tankers

"Das ist jetzt hier der Maschinentelegraf, und von hier kann ich dann Signal geben"

Einige Abteilungen sind hell und modern, andere staubig und eng. Aber das soll sich ändern.

Warnke: "Die Ausstellung ist mittlerweile 30 Jahre alt und wir werden jetzt sukzessive einzelne Abteilungen erneuern und dort auch moderne Vermittlungsmethoden zum Einsatz bringen und auch die ganze Gestaltung moderner machen."

Es wird also noch einige Monate andauern, das Klopfen und Hämmern in den Museumsräumen. Wenn dann alles in neuem Glanz erstrahlt, wird nur noch eine Frage bleiben: Schreibt man Schifffahrt nun mit zwei F oder mit dreien? Auch darauf hat Ursula Warnke eine Antwort:

"Es wurde früher, vor der Rechtschreibreform, mit zwei F geschrieben, es wird jetzt mit drei F geschrieben, wir als Schiffahrtsmuseum werden uns allerdings weiterhin mit zwei F schreiben, weil es in unserer Satzung so festgeschrieben ist. Und diese Satzung zu ändern ist ein ganz großer Aufwand, der auch mit Kosten und ganz viel Arbeit verbunden ist. Und so lassen wir es als Eigenname noch, sag ich mal, bestehen."