Das multimediale Werk von Rolf Dieter Brinkmann

Keiner weiß mehr

Ein Stapel Tagebuchaufzeichnungen.
Brinkmann gehört seit langem zum festen Bestand der modernen Literatur. © Simson Petrol / Unsplash
Von Markus Mayer  · 12.04.2020
Zu den 68ern gehören auch solche, die nichts mit ihnen zu tun haben wollten. Rolf Dieter Brinkmann war kein Sprachrohr der Apo – gegen die Mode der Politisierung und den Rudi-Dutschke-Oberlehrer-Ton setzte er exemplarisch seinen Romantitel: "Keiner weiß mehr". Zum 80. Geburtstag von Rolf Dieter Brinkmann.
Rolf Dieter Brinkmann war ein moderner Dichter. Er konnte sich viele Arten vorstellen, mit Büchern umzugehen. Er mixte Medien, arbeitete mit Tonband, Kamera, Schere, Wörtern. „Rom, Blicke” ist randvoll mit Tagebuchnotizen, bekritzelten Stadtplan-Ausrissen und ungestümen Foto-Collagen. Ein Konvolut, das sich allen traditionellen Genrezuschreibungen widersetzt. Und eines der ungewöhnlichsten Bücher der Nachkriegsliteratur, das nur in zensierter Form erscheinen konnte, weil der Verlag Gerichtsverfahren wegen Beleidigung und Verbreitung von Pornografie fürchtete. Ist das noch eine Collage oder schon ein Text, der in jede Richtung und jedes Medium hineinwuchert? Ein Intertext?
Der DDR-Dramatiker Heiner Müller nannte ihn „das einzige Genie im Westen”. War er auch ein Hypertexter avant lettre? Im Feature kommen alte Weggefährten zu Wort, wie Ralf-Rainer Rygulla und Hermann Peter Piwitt, und es wird erkundet, welche Spuren Brinkmann hinterlassen hat. Wie lassen sich seine Texte heute lesen, nachdem uns das Internet gelehrt hat, Bild und Text und Film gleichzeitig wahrzunehmen?
Vor 80 Jahren, am 16. April 1940, wurde Rolf Dieter Brinkmann in Vechta geboren. Vor 45 Jahren, am 23. April 1975, wurde er in London von einem Auto erfasst und starb.

Keiner weiß mehr
Das multimediale Werk von Rolf Dieter Brinkmann
Von Markus Mayer

Regie: Christiane Klenz
Es sprachen: Ditte Schupp, Steven Scharf, Markus Mayer
Ton und Technik: Ruth Ostermann
Redaktion Dlf: Klaus Pilger
Produktion: BR 2015