Das Leben als Quelle

Von Blanka Weber · 30.01.2013
Tino Brandt galt jahrelang als "Top-Zugang" in die rechte Szene, etwa 200.000 D-Mark erhielt er für seine Dienste als V-Mann im Laufe der Jahre. Als er 2001 enttarnt wurde, verlor er alles: Seinen Job, seine Freunde, seine Kontakte. Heute spricht er gelegentlich über seine verdeckte Arbeit.
Tino Brandt: "Ich denke, ich hätte mich trotzdem in der Führungsebene entwickelt auch ohne die Kohle. Ja! Nun, durch die Enttarnung, komplett rausgerissen, da hatte man von einem Tag auf den anderen eine Situation, die bei anderen Leuten zu Selbstmorden führen kann. Es war der Komplettriss."

Tino Brandt sitzt in einem Café seiner Heimatstadt in Thüringen, nebenan werden Getränkekästen durch den Raum geschoben. An der Bäckertheke wird Kuchen verkauft. Öffentlichkeit stört ihn nicht. Er redet über sich und seine Zeit als V-Mann. Bis zu 5000 Euro haben ihm Sender für Interviews geboten. Er lehnt alles konsequent ab. Keine Bilder. Keine Töne. Für ein Gespräch steht Tino Brandt dennoch zur Verfügung. Nur seine Stimme soll nicht im Radio zu hören sein. Ein Sprecher zitiert seine Aussagen.

Brandt: "Diese Selbstdarstellung kommt in der Szene ganz schlecht an. Ich bin froh, dass ich hier weiter wohnen kann. Was eben auch mit meiner politischen Arbeit früher zu tun hat."

Früher war Tino Brandt einer der wichtigsten und am besten vernetzten Neonazis in Thüringen, der mit 16 Jahren Aufkleber mit nationalen Parolen verteilte. Später beeindruckte er die Skinhead-Szene, weil er umstrittene Bands holte für Rechtsrock-Konzerte, die er mitorganisierte. Dass man weg vom Schlägerimage wolle und hin zur Politik, erklärte er damals in einem Zeitungsinterview:

Brandt: "Da kam dann jemand mit Ausweis Innenministerium - sie finden das gut, sie wollen das unterstützen, weg von der Gewalt hin zur Politik und hätten da ein paar Fragen wie wir uns das vorstellen und die Interviewfragen wollen sie uns auch bezahlen."

Unter dem Decknamen "Otto" wurde er V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Das war 1994. Parallel dazu stieg er in den kommenden Jahren in der Thüringer NPD auf – und wurde Partei-Landesvize. Heute ist er offiziell raus aus der Politik und hat nur vereinzelt Kontakt zu früheren Mitstreitern. V-Mann zu sein, koste Freunde:

Brandt: "Also wenn ich ein böser V-Mann gewesen wäre, da wären viele Leute für viele Jahre in Haft gegangen. Das ist ja eben nicht geschehen."

Tino Brandt – ein guter V-Mann? Etwa 200.000 D-Mark hat er im Laufe von 6 Jahren vom Verfassungsschutz erhalten. Er war ein so genannter "Top-Zugang" in die Szene. Drei bis vier Mal pro Woche wurde er kontaktiert und ein Mal pro Woche hat ihn sein V-Mann-Führer getroffen.

Hunderte Treffen gab es. Vier bis fünf Mitarbeiter des Verfassungsschutzes waren seine V-Mann-Führer, wie sie offiziell heißen.

Diese Mitarbeiter des Verfassungsschutzes arbeiten im Verborgenen, so unscheinbar wie möglich. Sie sind nicht in Vereinen, geben keine Bilder in sozialen Netzwerken preis und fallen möglichst nirgendwo auf. Auch hier gilt: Keine öffentlichen Interviews. Auch seine Aussagen werden von einem Sprecher gelesen.

Sascha W.: "Jegliches politisches Engagement ist völlig tabu, weil das immer eine Öffentlichkeit herstellt, die kein V-Mann-Führer will. Das heißt, man muss ein sehr, sehr unauffälliges Leben führen, auch in der Familie. Die meisten Kinder wissen nicht, was ihre Väter dort tun oder ihre Mütter. Es gibt ja auch V-Mann-Führerinnen."

Brandt wollte nicht aus der Szene raus
Wir nennen ihn Sascha W. – denn seine wahre Identität möchte er nicht preisgeben. Über die Arbeit beim Verfassungsschutz zu reden, ist nicht erwünscht. Sascha W. kennt die Arbeit der V-Mann-Führer in den Landesämtern.

Sascha W.: "Bei Tino Brandt bin ich mir ziemlich sicher, dass wir ihn versaut haben mit dem Geld. Also er ist wirklich von dem Geld abhängig gewesen und hätte wohl sofort sein Geld verloren, wenn er aus der Szene raus wäre."

Tino Brandt wollte nicht aus der Szene raus. Er machte Karriere. Und der Verfassungsschutz hatte eine gut funktionierende Quelle.

Sascha W.: "Wir haben für ein hohes Maß an Mobilität gesorgt für ihn, die er sicherlich nicht gehabt hätte ohne das Geld. Das heißt, wir haben indirekt schon dafür gesorgt, dass er eine exzellente Vernetzung hatte, das ist so ein Spagat, einerseits will man diese Zugänge haben, andererseits fördert man diese Zugänge. Ich kann es gar nicht ausschließen, dass dieses Geld, was die Quelle bekommt, indirekt der Szene auch zu Gute kommt. Völlig klar."

Der ehemalige V-Mann lässt keinen Zweifel daran: Er habe alles für seine politische Arbeit genutzt, sagt Tino Brandt heute. Er galt als einer, der damals jeden kannte, der Rang und Namen hat, in der rechten Szene. Ältere wie jüngere.

Brandts Eltern waren frisch geschieden, als er als V-Mann einstieg
Sascha W.: "Man erkauft sich damit auch eine gewisse Loyalität. Aber die ist erkauft. Das Geld als Führungsmittel ist natürlich nur begrenzt einsetzbar, wenn es wenig ist. Denn: Dann tut’s ja nicht so weh, wenn ich es ihm mal entziehe."

Als Tino Brandt beim Verfassungsschutz als V-Mann einstieg, war er 19 Jahre alt, die Eltern geschieden, er wohnte zu Hause. Irgendwann hatte es seine Mutter aufgegeben, die Post der rechten Szene aus dem Briefkasten zu fischen, bevor er es merkte. Der Sohn fand immer mehr Gefallen am nationalen und rechtsextremen Gedankengut und holte bekannte Bands der rechten Szene nach Thüringen, wie "Noie Werte" mit dem Sänger Steffen Hammer und die Band "Brutale Haie":

Brandt: "Ja. Ich hatte hauptsächlich mit der Organisation zu tun. Die ersten zwei Konzerte hatte ein anderer von unserer Gruppe. Ich will den Namen jetzt nicht nennen - er ist heute im Ausland tätig und er hat das damals organisiert. Ich war dafür zuständig, dass die Leute hin finden, das ist alles noch sehr konspirativ gelaufen. Wir hatten in einem Dorf bei Rudolstadt einen Saal gemietet, Treffpunkt war eine Gaststätte in Saalfeld, wo wir uns immer getroffen haben. Da habe ich die ganzen Autos zusammen gefasst, die Leute haben nicht erfahren, wo es hin ging und im Konvoi ging es los. Die Polizei war dann total überfordert, hat dann nur noch Kontrollen gemacht nach Waffen und hat das dann… passieren lassen."

100 bis 200 Jugendliche kamen anfangs, etwa 1000 stoppte die Polizei unterwegs. Ein Erfolg für die Veranstalter. Seitdem galt Tino Brandt als jemand, der gut organisieren kann. Es ging bergauf für ihn in den 90er Jahren: Mehr Konzerte für die Szene, mehr politische Arbeit für ihn und mehr Erfolg in der NPD. Er war ausgestattet mit Geldern, die heute kritisch betrachtet werden müssen – sagte der ehemalige Bundesrichter Gerhard Schäfer, als er im Mai 2012 seinen gleichnamigen Bericht zum Behördenversagen rund um die Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) vorstellte:
Gerhard Schäfer: "Ich will nicht abschätzen, ob die 200.000 DM dem Wert der Erkenntnisse entsprachen, das ist Sache des Verfassungsschutzes. Aber es ist eine politische Frage, ob ich einem Menschen aus der rechten Szene für solche Erkenntnisse so viel Geld geben soll und darf, Geld, das dieser natürlich wieder in seine rechte politische Arbeit steckt."

Und in Kontakte, von denen der Verfassungsschutz profitieren wollte. Egal, ob sich Ermittler und Staatsanwälte an einer Quelle gerade die Zähne ausgebissen haben:

Sascha W.: "Der Verfassungsschutz unterliegt nicht dem sogenannten Legalitätsprinzip, das bedeutet: Wenn ich nach dem Legalitätsprinzip arbeite wie die Polizei, muss ich, sobald mir eine Straftat bekannt wird, diese verfolgen. Der Verfassungsschutz arbeitet nach dem Opportunitätsprinzip, das heißt: Wenn eine Straftat, – ich rede jetzt nicht von einem Kapitalverbrechen – ein Propagandadelikt, einem bekannt wird, muss ich das nicht verfolgen, kann opportun entscheiden, ob ich das zur Verfolgung bringe oder ob ich das nicht für angezeigt halte, weil es meine Quelle gefährdet. Ich habe naturgemäß nicht das gleiche Interesse wie die Polizei, ich will ja was aufklären, ich will ja Berichte schreiben über eine Szene. Aber ich will die Szene unbehelligt lassen. Es ist nicht meine Aufgabe, die Szene in irgendeiner Form zu beeinflussen oder zu sanktionieren. Das ist Aufgabe der Polizei. Das steht ja auch so im Verfassungsschutzgesetz drin: Der Verfassungsschutz hat die Aufgabe, Extremisten zu beobachten. Punkt."

Brandt überstand unbeschadet 35 Ermittlungsverfahren
Sagt Sascha W. und bezieht sich auf das Thüringer Verfassungsschutzgesetz. Es oblag also den Mitarbeitern und Vorgesetzten, inwiefern sie einen Vermerk mit der Bezeichnung "dienstlich wurde bekannt" weiter gegeben haben oder eben nicht, um ihre Quelle zu schützen wie im Falle des Top-Zugangs Tino Brandt: Er überstand unbeschadet 35 Ermittlungsverfahren. Warum? Das wollte auch der ehemalige Bundesrichter Gerhard Schäfer wissen und befragte für seine Analyse Ermittler der Polizei:

Schäfer: "Die Beamten haben uns das sehr plastisch geschildert, sie kamen hin mit dem Durchsuchungsbeschluss, Tino Brandt empfing sie grinsend und sagte: Bei mir findet ihr nichts. Die Festplatte war leer, der Schreibtisch war weggeräumt. Nichts war da."

Sascha W.: "Eine hochrangige Quelle muss sich immer darüber im Klaren sein, dass jederzeit der Staatsschutz an der Tür klingelt und einen Durchsuchungsbeschluss eines Richters vorlegt. Von daher wäre es natürlich blauäugig, die Quelle darüber im Unklaren zu lassen, das ist Tagesgeschäft, die Quelle entsprechend einzustellen und zu belehren."

Sagt Sascha W. – der ebenfalls über Jahre einen V-Mann in der rechten Szene führte. Quellen galt es auch damals in Thüringen zu schützen. Und sie wurden auch gewarnt, ergänzt Gerhard Schäfer:

Schäfer: "Wir haben auch den Tino Brandt gefragt, und der Tino Brandt hat ganz offen eingeräumt, vier bis fünf Mal sei er vom Verfassungsschutz vor solchen Durchsuchungen gewarnt worden, mit dem Zusatz, natürlich nicht, wenn wegen Gefahr im Verzug durchsucht wurde und natürlich auch nicht, wenn die Durchsuchung von Bayern ausgegangen ist. Er war ja auch mal eine zeitlang in Bayern zu Gange."

Auch bei einem sachbearbeitenden Thüringer Staatsanwalt sei ein Beamter des Verfassungsschutzes aufgetaucht und meinte, ein gutes Wort für den V-Mann einlegen zu müssen, erklärte der ehemalige Bundesrichter:

Schäfer: "Mit dem Hinweis, er sei doch gar nicht gewalttätig und so eine gute Quelle dürfe man doch nicht zum Erliegen bringen. So was brauche man doch."

Zwar gebe es keinen Quellenbeweis, doch im Falle Tino Brandt habe der Verfassungsschutz auch schon mal die Verteidigerkosten übernommen, sagte der ehemalige Bundesrichter. Wenn Tino Brandt heute auf seine Zeit beim Verfassungsschutz zurückblickt, so sagt er:

Brandt: "Das ist privat für mich ein wichtiger Punkt, dass ich niemanden persönlich geschädigt habe, was natürlich nicht wirklich stimmt, weil natürlich zwei bis drei Mann wegen mir womöglich keine Bundeswehr-Karriere gemacht haben."

Nochmals arbeiten für den Verfassungsschutz? "Nein!", formuliert der korpulente 38-Jährige resolut. In der Szene habe er mit dem Stigma des enttarnten V-Mannes auch keinen Fuß mehr drin – bis auf einzelne Kontakte.

2001 wurde Brandt "abgeschaltet"
Brandt: "Es hat den gesamten Freundeskreis im Normalfall gekostet, es hat die Arbeit gekostet, die politische Arbeit, die ich sehr gerne gemacht habe. Ich könnte mir wirklich gut vorstellen, wenn diese Geschichte damals nicht gewesen wäre, würde die NPD in Thüringen womöglich im Landtag sitzen, wenn ich weiter hätte politisch arbeiten können."

Der einstige "Top-Zugang" wurde 2001 vom Thüringer Verfassungsschutz "abgeschaltet", wie es offizieller Sprachgebrauch ist.

Brandt: "Ich wusste es einen Tag vorher schon. Das Landesamt hat einem mitgeteilt, dass morgen oder übermorgen ein Zeitungsartikel drin stehen wird. Punkt. Und da haben sie gesagt, sie können das nicht verhindern und das es sich damit erledigt hat."

Es gab Fotos vom Treffen des V-Mannes mit dem V-Mann-Führer. Entstanden kurz hinter der Thüringer Landesgrenze, im bayrischen Coburg, wo der junge NPD-ler für einen rechten Verlag arbeitete. Weit weg also vom Sitz des Landesamtes in Erfurt, was damals bereits einen neuen Chef hatte. Tino Brandt vermutet hinter der Enttarnung einen kleinen Racheakt des Amtsvorgängers, denn nur wenige wussten, wo die wöchentlichen Treffen mit der Quelle stattfanden. Ein Zeitungsjournalist berichtete von dem geheimen Treffen. Die Bilder waren der Beweis.

Brandt: "Man konnte es noch ein bisschen dementieren, aber dadurch, dass sie Fotos hatten vom Treffen und dokumentiert hatten, dass das Auto von demjenigen hinterher sein Kennzeichen gewechselt hat, das ist ja nicht allzu typisch. Was wollte man noch diskutieren? Da konnte man nur noch seine Ämter niederlegen. Sehen was passiert."

12 Jahre später lebt Tino Brandt zurück gezogen. Einen festen Job hat er nicht, er ist in Privatinsolvenz gegangen und hat erneut Ärger mit der Staatsanwaltschaft. Der Vorwurf lautet dieses Mal: Betrug. Noch immer wohnt er dort, wo er auch groß wurde. Ein anderer Ort käme für ihn derzeit nicht infrage. Seine abgeschlossene Lehre als Einzelhandelskaufmann nützt ihm heute wenig. Wer würde ihn schon einstellen, wenn ständig über ihn – in Verbindung mit NPD und der Terrorzelle NSU berichtet wird – fragt er zurück. Obwohl es auch schon Arbeitgeber gab, erzählt er, die kein Problem hatten mit seiner politischen rechten Gesinnung. Die ist geblieben.

Für Brandt ist der Verfassungsschutz ein "Gestrüpp"
Ob er sich vorstellen könne, wieder für die rechte Szene zu arbeiten? Ja, sagt er und nickt. Seine Sicht auf den Verfassungsschutz heute? Er nennt ihn "Gestrüpp" und würde – ganz wie die Linke, betont er – den Verfassungsschutz eher abschaffen als erhalten.

Das sieht Sascha W. ähnlich: "Den Extremismus links wie rechts, glaube ich, müssen wir nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln, sprich V-Leuten, beobachten. Es reicht völlig aus, wenn da die Zivilgesellschaft hinguckt und alles, was ihr zur Verfügung steht, nutzt. Wenn Aufklärung geschieht und Gelder umgelenkt werden in alle zivilgesellschaftlichen Zusammenhänge, indem man zum Beispiel Staatsschutzabteilungen bei der Polizei in irgendeiner Weise verstärkt. Das ist in meinen Augen völlig ausreichend. Ich glaube nicht, dass von Extremisten – rechts wie links – eine tatsächliche Gefahr für diesen Staat ausgeht."

Zumindest wird es schwierig werden, alle Bundesländer unter einen Hut zu bringen, wenn es um die Reform des Verfassungsschutzes geht. Nur in einem Punkt herrscht Einigkeit: Keine V-Leute mehr aus den Führungsetagen der NPD. Diese Entscheidung hängt allerdings auch mit einem möglichen neuen NPD-Verbotsantrag zusammen. Im Umkehrschluss bedeutet das, keine Quellen zu haben, die verwertbares Material von der Spitze liefern.
Sascha W. bezweifelt, ob das funktioniert: "Führungspersonen sind natürlich immer interessanter. Mitläufer werden nicht zeitnah in irgendwelche Planungen eingebunden. Es ist ja ein hierarchisches System, es geht von oben nach unten."

Frauen werden keine V-Leute
Der Verfassungsschutz wird umdenken müssen. Vielleicht auch intern. Denn bislang gilt er als Machobetrieb, als Männerdomäne. Nichts für Frauen. Und Frauen als V-Leute? Irrglaube, sagt Sascha W., wenn man denkt, die seinen schnell dafür zu begeistern:

Sascha W.: "Frauen sind charakterlich viel, viel gefestigter und der Verräterkomplex, die moralischen Bedenken, so etwas zu tun, Verrat zu üben – diese Bedenken sind bei Frauen viel ausgeprägter. So ist jedenfalls meine Erfahrung: Sie tun es nicht!"

Kaum bekannt ist das, was die verdeckten Ermittler leisten – zum Beispiel in der rechten Szene. Auskunft dazu gibt es nicht, auch keine Zahlen. Die Ermittler sind meist sehr junge Psychologen, meint Sascha W., Anfang 20, Single, für die eine neue Familie konstruiert wird, damit alles authentisch wirkt:

Sascha W. "Also der eine Fall, den ich kenne, das war ein junger Mann. Der ist in die Szene reingeschleust worden und er wusste von vornherein, dass er danach im höheren Dienst landet oder ein Jahr Sabbatjahr bekommt – das war das Zuckerl."

Bei manchen wirkt das "Zuckerl" aber auch nicht, sie schaffen den Sprung zurück in das ursprüngliche Leben nicht mehr und rutschen ab. Auch das gibt es, wenn ein Beamter vom Milieu – wie es heißt – zurückkommt.

Sascha W.: "Es ist sehr aufwendig vom Verfahren her. Die Leute machen das fünf Jahre, werden ein Jahr in die Szene reingeschleust, arbeiten drei Jahre in der Szene und werden ein Jahr rausgeschleust aus der Szene. Ganz einfach – damit die Szene anschließend nicht weiß, was ihnen dort geschah."

Ob verdeckte Ermittler oder V-Männer und V- Frauen – es bleibt zu klären – wie deren Informationen künftig nutzbar gemacht werden für eigene Ämter und andere.

Wenn derzeit ehemalige Mitarbeiter des Thüringer Verfassungsschutzes vor dem NSU- Landtagsuntersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen, so ist die meist gegebene Antwort auf Fragen zum damaligen Tun: "Ich kann mich an nichts erinnern!" Ein Verhalten, dass die Abgeordnete der Linkspartei, Katharina König, schlicht als "unverschämt" bezeichnet.

Katharina König: "Das Entscheidende, was ich den Verfassungsschützern – wobei ja die Bezeichnung als solche schon mehr als zynisch ist - vorwerfe, ist, dass sie absolut ignorant waren gegenüber Fakten, die sie selber wahrgenommen haben und das sie zum Zweiten totale Unkenntnis haben über die Vernetzung und Strukturen der Neonazi-Szene und das trotz V-Männer in hohen Positionen und trotz Beobachtung der Szene. Sie haben keinerlei Analyse der Infoamtionen, Auswertung, Zusammenführung, wie auch immer, durchgeführt, die ihnen vorlagen. Und das werfe ich ihnen vor."


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