"Das ist das unwiderrufliche Schicksal"

Von Otto Langels · 19.12.2009
Mitte des 19. Jahrhunderts war Hongkong britische Kronkolonie geworden. Der Status der ostasiatischen Freihandelszone aber blieb umstritten. Wiederholt forderte China die Rückgabe Hongkongs. Mit Erfolg: Am 19. Dezember 1984 wurde ein Vertrag über die Rückgabe Hongkongs an die Volksrepublik China unterzeichnet.
Am 19. Dezember 1984 unterzeichneten die britische Premierministerin Margaret Thatcher und der chinesische Ministerpräsident Chao Tzu-yang in Peking einen Vertrag, in dem die Rückgabe der britischen Kronkolonie Hongkong an die Volksrepublik China für das Jahr 1997 vereinbart wurde:

"Die chinesischen Kommunisten wollen in Hongkong ihre neue Maxime gelten lassen, die da lautet: ein Land, zwei Systeme."

Berichtete der Hörfunkkorrespondent Hans-Joachim Bargmann aus Peking über das Abkommen.

Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die Briten Hongkong besetzt, eine malerisch gelegene bergige Halbinsel an der Mündung des Perlflusses in das chinesische Meer. Im Vertrag von Nanking traten die Chinesen das Territorium offiziell an die Besatzer ab. 1898 pachtete Großbritannien für 99 Jahre angrenzende Gebiete im Norden sowie zahlreiche umliegende Inseln, um die Versorgung des Handelspostens mit Wasser und Nahrungsmitteln sicherzustellen.

Nach der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 flüchteten Hunderttausende vor dem kommunistischen Regime nach Hongkong. Viele ausländische Firmen verlegten ihren Sitz in die 1.000 Quadratkilometer große Kronkolonie, die sich zu einem internationalen Industrie- und Handelszentrum entwickelte.

Das kommunistisch regierte China wollte jedoch die ausländische Herrschaft über Hongkong nicht hinnehmen und verlangte nicht nur die Rückgabe der für 99 Jahre gepachteten Territorien, sondern auch des Kerngebietes.

1982 begannen die Verhandlungen zwischen Peking und London. Der England-Korrespondent Jürgen Krönig:

"Großbritannien gibt die spärlichen Restbestände seines einstmals weltumspannenden Empires gewiss nicht gerne auf. Schon gar nicht ein Glanzstück wie Hongkong, an dem die britischen Banken und Wirtschaftsunternehmen prächtig verdienen. Im Falle Hongkong verbot sich aber nur der Gedanke an eine andere Lösung, als sich mit Peking gütlich zu einigen."

Erleichternd wirkte sich auf die Gespräche aus, dass nach dem Tod Mao Zedongs die Volksrepublik China unter Führung Deng Xiaopings einen liberaleren Wirtschaftskurs einschlug. Peking richtete an der Südküste des Landes Wirtschaftssonderzonen ein und machte damit Zugeständnisse an den kapitalistischen Westen. Mit einer flexiblen Arbeitsmarkt- und Finanzpolitik versuchte man ausländische Investoren anzulocken. Der China-Experte Werner Pfennig von der Freien Universität Berlin:

"Das Jahr 79 ist für die Entwicklung Hongkongs wichtig. Da begannen die Wirtschaftsreformen in der Volksrepublik. Und seit dieser Zeit ist Hongkong zusammen mit der Nachbarprovinz Guandong fast zu einem Wirtschaftsgebiet zusammengewachsen."

Die Bevölkerung Hongkongs reagierte zunächst beunruhigt auf die Verhandlungen zwischen Peking und London. Die Hongkonger Zeitung Express schrieb:

"Obschon die Braut ihren zukünftigen Bräutigam kennt, wird sie beim Gedanken an die Hochzeit von Angstanfällen geplagt."

Doch die britische Regierung versuchte die Bevölkerung mit dem Aushandeln einer 12-jährigen Übergangsfrist und dem Versprechen zu beruhigen, das Zusammenwachsen mit dem Mutterland werde sich ohne Erschütterungen vollziehen. In dem Vertrag vom 19. Dezember 1984 hieß es dann unter anderem:

"Die Sonderverwaltungszone Hongkong behält mit Ausnahme der Außen- und Verteidigungspolitik ein hohes Maß an Autonomie. Die Sonderverwaltungszone wird mit exekutiven und legislativen Rechten sowie einer unabhängigen Justiz ausgestattet. Die bestehenden Sozial- und Wirtschaftssysteme bleiben unberührt, ebenso die Rede-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Reisefreiheit. Die Sonderverwaltungszone Hongkong behält den Status eines internationalen Finanzzentrums."

In dem Vertrag sicherte die Volksrepublik zu, die besonderen Rechte Hongkongs 50 Jahre lang zu respektieren.

Nach dem Ende der 12-jährigen Übergangszeit übernahm China zum 1. Juli 1997 die Kontrolle über Hongkong. Am Vorabend verabschiedete sich Chris Patten, der letzte britische Gouverneur der Kronkolonie, von den acht Millionen Einwohnern.

"Nun übernimmt die Bevölkerung Hongkongs die Geschicke Hongkongs. Das ist das Versprechen und das ist das unwiderrufliche Schicksal."