"Das fügt sich wie ein Mosaikstein in ein Gesamtbild"

29.11.2012
Konservative Kreise sollen einem Bericht zufolge Anfang der 70er-Jahre einen eigenen Geheimdienst gegründet haben, um sozialdemokratische Politiker zu bespitzeln. Albrecht Müller, Planungschef im Bundeskanzleramt unter Willy Brandt und Helmut Schmidt, hält das für plausibel.
Dass konservative Kreise in Deutschland Anfang der 70er-Jahre einen eigenen Geheimdienst gründeten, um sozialdemokratische Politiker zu bespitzeln und deren neue Ostpolitik zu bekämpfen, wundert Albrecht Müller, Planungschef im Bundeskanzleramt unter Willy Brandt und Helmut Schmidt, nicht.

"Es überrascht mich nicht, dass es so etwas gab. Es fügt sich eher wie ein Mosaikstein ein in ein Gesamtbild", sagte er im Deutschlandradio Kultur zu den Forschungen der Politikwissenschaftlerin Stefanie Waske, die diese in der aktuellen Ausgabe des "Zeit Magazins" publiziert hat.

Im Wahlkampf 1972, als Willy Brandt gegen den damaligen CDU-Vorsitzenden Rainer Barzel um die Kanzlerschaft kämpfte, sei mit viel Geld "anonym" in den Wahlkampf eingriffen worden. Es habe damals eine Kampagne mit 100 Anzeigen gegen Willy Brandt gegeben - im Wert von 34 Millionen D-Mark.

Diese Anzeigenkampagne war sozusagen "die Schwester dessen, was jetzt da öffentlich wird", sagte Müller und ergänzte: "Zum Beispiel wurden Geheimpapiere - oft auch getürkte, also veränderte, erfundene Geheimpapiere - aus den Verhandlungen Egon Bahrs mit der Sowjetunion veröffentlicht. (...) Und die Stimmung war unglaublich aufgeheizt, es war aggressiv in weiten Teilen - so, als würde es ums Ganze gehen".

Zu den Beteiligten dieser Aktionen sagte Müller: Interessant an dem Bericht sei, "welche Gruppen und Personen da drin sind. Das sind alte Adelige, es sind Leute, die mit den Nationalsozialisten eng verbunden sind, es sind Geheimdienstleute".

Zugleich scheine immer wieder auf, "dass die CDU und die CSU ihre parteipolitischen Interessen ganz eng mit den staatlichen Einrichtungen verbunden" haben. "Diese Geheimdienstleute, die das gemacht haben damals" hätten in der Bayerischen Staatskanzlei Zuflucht gefunden - "damit ihre Öffentlichen-Dienst-Pensionen gerettet wurden".

Empört zeigte sich Müller darüber, dass auch der damalige US-Außenminister Henry Kissinger mit diesen konservativen Kreisen kooperiert habe: "Wenn man sich das mal vorstellt, dass der Außenminister einer befreundeten Nation mit solchen Leuten zusammenarbeitet!", sagte Müller.

Hören Sie das vollständige Interview mit Albrecht Müller mindestens bis zum 29. April 2013 als mp3-Audio .