Das Damaskus-Erlebnis

Motive der Islam-Konversion

Yusuf Islam alias Cat Stevens singt am Dienstag (10.05.2011) bei einem Soundcheck vor seinem Konzert in der O2 World in Hamburg.
Yusuf Islam ist zum Islam konvertiert - und tritt inzwischen wieder als Musiker auf. © picture alliance / dpa / Christian Charisius
Von Manuel Gogos · 24.07.2015
Der Softrocker Cat Stevens konvertierte zum Islam, ebenso der Beatpoet Paul-Gerhard Hübsch und viele andere bekannte Persönlichkeiten. Sind sie "Prototypen" jener zahlreichen Konvertiten aus Paris, London oder Bonn, die heute zu global operierenden Gotteskriegern mutieren? Eine Spurensuche.
Der Softrocker Cat Stevens schrieb Hippie-Hymnen wie "Morning Has Broken", ehe er im Jahre 1977 auf wundersame Weise vor dem Ertrinken errettet wurde und ein Koran aus der Hand seines Bruders ihm die Augen öffnete, wem er dafür zu danken habe: nämlich Allah.
Paul-Gerhard Hübsch war ein Beatpoet und Acidhead, ehe er 1969 in der marokkanischen Wüste nackt auf die Knie fiel, die Hände gen Himmel reckte und ausrief: "Oh Allah, bitte reinige mich." Nach seiner Konversion zum Islam nannte er sich Hadayatullah, "der von Gott Geleitete", und verfasste als Imam von Frankfurt eine Biografie über Yusuf Islam - den Mann, der einmal Cat Stevens war.
Aus dem berühmten Softrocker wurde durch seine Konversion zunächst ein muslimischer Hardliner, der die Gitarre an den Nagel hängt und jeder Musik, insbesondere der von Saiteninstrumenten untermalten, abschwor. Statt Liedern nam er nun Koranrezitationen auf, statt nach "Katmandu" pilgerte er nach Mekka. Selbst die Fatwa gegen Salman Rushdie und dessen "Satanische Verse" soll Yusuf in der ersten, heißen Phase seiner Bekehrung unterstützt haben.
Später dann begriff er Musik als eine von Allahs Naturschönheiten, nimmt wieder Alben auf. Seine Konversion zum Islam wirkt jetzt nicht mehr wie ein Ankommen, sondern als Aufbruch. Wie eine Hadsch – jene Pilgerfahrt nach Mekka, die zugleich ein Symbol ist für die innere Lebensreise zu sich selbst.
Konvertiten wie Yusuf Islam als Prototypen für die Gotteskrieger?
Können die Konvertiten Yusuf Islam und Hadayatullah Hübsch als "Prototypen" jener ungezählten Neukonvertiten aus England, Frankreich oder Deutschland angesehen werden, die sich heute im Durchlauferhitzer der Salafistenszenen ihre Gehirne weich kochen lassen - um nicht selten binnen weniger Wochen zwischen Bagdad und Damaskus auch noch zu Gotteskriegern zu mutieren?
Wie kann eine Religion der liebenden "Hingabe an Gott" bei heutigen Islamkonvertiten oft so heillos wirken? "Weder im Koran noch in den Hadith ist jemals von einem 'heiligen Krieg' die Rede. Islam heißt übersetzt: 'Frieden finden durch Hingabe an Gott'." So sagt es Hadayatullah Hübscher. "Wenn der Koran und der Prophet Mohammed ernst genommen würden, wäre 'islamischer Terrorismus' unmöglich."
Das Feature spürt den existenziellen Gründen von Islam-Konvertiten nach und problematisiert zugleich die hirnwäscheähnlichen Effekte von Massenkonversionen im Bannkreis salafistischer 'Lies-mich'-Aktionen. Denn niemand weiß genau, wie viele Islam-Konvertiten es gibt, und wie viele ihren Weg zum Islam über sein heiliges Buch finden. Doch ist Hadayatullah Hübschs Koran ein kulturell ganz anders aufgeladenes Artefakt als das goldverschnittene Buch der salafistischen Lies-mich-Aktionen.
Produktion: DLF 2015