Dante-Jahr in Italien

Gedenken an einen großen Dichter und Sprachrevolutionär

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Die Dante-Alighieri-Skulptur in Neape vor blauem Himmel. Der Dichter streckt die linke Hand auf Schulterhöhe aus.
Er dichtete in der Sprache des Volks: Dante-Alighieri-Skulptur in Neapel. © picture alliance / Bildagentur-online/AGF-Valetta
Maike Albath im Gespräch mit Frank Meyer · 25.03.2021
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Zu Dantes 700. Todestag feiert Italien seinen Dichterhelden. Dessen Bedeutung für das Land ist kaum zu überschätzen. Bezogen auf deutsche Verhältnisse sei Dante "Luther, Goethe und Schiller in einem", sagt die Kritikerin Maike Albath.
In Italien beginnt das Dante-Jahr, der 700. Todestag des Dichters steht an. Und genau heute geht es los: Weil der Dichter in seinem Hauptwerk "Die göttliche Komödie" die Reise durch Hölle, Fegefeuer und Paradies an einem 25. März beginnen lässt.

"Luther, Goethe und Schiller in einem"

Dante Alighieri sei Kern der italienischen Kultur, sagt die Kritikerin und Autorin Maike Albath. Dementsprechend gebe es in diesem Jahr eine unendliche Folge von Veranstaltungen, Seminaren und Lesungen.
Zum Auftakt liest Schauspieler Roberto Benigni auf dem Quirinal: "Das passt sehr gut zu Dante, weil er immer auf der Piazza gehört wurde. Man hat schon im 14. Jahrhundert begonnen, seine Gesänge dort zu rezitieren."
"Dante war ein wirklicher Revolutionär, denn er hat entschieden, in der Volkssprache zu dichten", hebt Albath dessen Bedeutung für Italien hervor. "Das war etwas ganz Besonderes, damals hat man ja auf Lateinisch gedichtet - und das hat er nicht gemacht." Bezogen auf Deutschland könne man sagen: "Er ist so etwas wie Luther, Goethe und Schiller in einem."
Dante liege in Italien immer in der Luft, sagt Albath. Sie habe schon Busfahrer getroffen, die Dante rezitiert hätten: Das Selbstverständnis des Landes hänge sehr eng mit dem Dichter zusammen. Und auch in der modernen, italienischen Literatur gebe es immer wieder Bezüge zu Dante, betont die Kritikerin.

Dante in der neuen Literatur

Großartig sei auch, wie sich Primo Levi in seiner autobiografischen Erzählung über Auschwitz auf Dante beziehe, sagt Albath: "In 'Ist das ein Mensch?' gibt es eine Szene, in der er mit einem Mitgefangenen Suppe holt und beginnt, Dante zu rezitieren, um diesem Freund Italienisch beizubringen."
"Und da leuchtet diese fremde, diese andere Sphäre auf, in der der Mensch ein Mensch ist, weil er dichten kann. Und das ist die Gegenwelt zu der Grausamkeit des Konzentrationslagers. Solange wir diesen poetischen Raum haben, sind wir Menschen."
(mfu)
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