Daniel Kehlmann wirbt für Differenzierung bei "Cancel Culture"

    Ein Portrait des Schriftstellers Daniel Kehlmann
    Ein Portrait des Schriftstellers Daniel Kehlmann © picture alliance / dpa / dpa-Zentralbild / Britta Pedersen
    Für eine differenzierte Betrachtung der "Cancel Culture" spricht sich der Schriftsteller Daniel Kehlmann aus. Sicher sei es "unglaublich", dass heute noch Indianer-Filme in Deutschland gedreht würden, sagte der deutsch-österreichische Bestseller-Autor bei seiner Schillerrede in Marbach. Dass Verlage einzelne Kinderbücher zurückzögen, bedeute jedoch nicht eine "Wiedereinführung der Zensur". Laut Kehlmann befindet sich Literatur nie im Bereich des Kantschen "interessenlosen Wohlgefallens". Im Gegenteil sei alles durchwirkt von Interessen. Fiktion müsse plausibel sein und vorsichtig vorgehen, wenn sie reale Figuren behandele. Eine Serie wie "The Crown" funktioniere nur beim britischen Königshaus. Bei jeder anderen Familie wäre es eine primitive Rufschädigung, so der 47-jährige. Seiner Meinung nach sollten Leser eines Buches oder Zuschauer eines Dramas wissen, ob die verhandelte Geschichte der Wahrheit entspreche.
    Kehlmanns Romane wie "Die Vermessung der Welt" und "Tyll" wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Als Schillerredner folgt Kehlmann auf die Autorin Anne Weber. Mit der Schillerrede wird jährlich an Friedrich Schillers Geburtstag am 10. November 1759 erinnert.