Daniel Bahr zur Allianz

Eine Einbahnstraße aus der Politik

Der FDP-Politiker Daniel Bahr
Daniel Bahr (FDP) © picture alliance / dpa / Paul Zinken
Von Stephan Detjen · 30.09.2014
Der liberale Ex-Minister Daniel Bahr hat bei seinem Wechsel zur Allianz alles richtig gemacht - Stephan Detjen findet nichts Anrüchiges daran. Das eigentliche Problem sei, dass der Karrierepfad zwischen Politik und Wirtschaft nicht in beide Richtungen funktioniere.
Wer möchte, dass wir nicht von einem Parlament aus Lehrern, Verwaltungsbeamten und Verbandsfunktionären vertreten und von Menschen regiert werden, die außerhalb der Berufspolitik keine Lebensperspektive haben, sollte an einer Karriere wie der Daniel Bahrs nichts Anrüchiges finden. Gemessen an den Diskussionen, die in der jüngeren Zeit über Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft geführt wurden, hat Bahr eigentlich alles richtig gemacht.
Anders als der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck oder der ehemalige Staatsminister im Bundeskanzleramt von Klaeden wechselte Bahr nicht in eine Lobbyisten oder Beraterfunktion, sondern – ähnlich wie der frühere hessische Ministerpräsident Koch – in das operative Management eines Unternehmens. Es geht auch nicht, wie im Fall von Bahrs Parteifreund und früherem Kabinettskollegen Niebel, um ein Rüstungsunternehmen oder wie bei dem ehemaligen Kanzleramtschef Pofalla um das einstige Staatsunternehmen Bahn. Und um die Liste attraktiver Weiterverwendungsmöglichkeiten für einstige Inhaber politischer Spitzenämter zu komplettieren: Es geht auch nicht um einen Wechsel in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Bahr soll Spitzenmanager eines Versicherungsunternehmens werden. Vor allem aber wechselt er sich nicht unmittelbar aus dem Bundeskabinett in die Vorstandsetage. Die Karenzzeit, die in der Diskussion um Wirtschaftstätigkeiten ehemaliger Regierungsmitglieder stets gefordert wird, hat Bahr eingehalten.
Man wird einem 37-jährigen Ex-Minister nicht das Recht absprechen können, sich einen Job zu suchen, von dem er etwas versteht. Das Schicksal seiner Partei, der FDP, illustriert, mit welchen persönlichen Risiken der Schritt in politische Spitzenämter verbunden ist. Und das Schicksal Roland Kochs, der vor wenigen Wochen von seinem Führungsposten in einem Bauunternehmen zurücktreten musste, belegt, dass es in der Wirtschaft nicht immer nur darum geht, in der Politik erworbenes Herrschaftswissen und persönliche Beziehungen zu kommerzialisieren.
Kompetenzen und Netzwerke einkaufen
Das Problem, über das in dieser Debatte zu wenig gesprochen wird, ist, dass der berufliche Karrierepfad zwischen Politik und Wirtschaft in Deutschland eine Einbahnstraße ist. Es sind immer wieder Unternehmen und Wirtschaftsverbände, die sich mit Ex-Politikern Kompetenzen, Netzwerke und Führungskraft einkaufen. Umgekehrt aber funktioniert der Transfer von Wissen und Erfahrungen nicht.
Man muss sich nicht das amerikanische System herbeiwünschen, in dem der Zugang zu politischen Macht inzwischen ökonomische Ressourcen erfordert, die sich nur noch Spitzenverdiener leisten können. Doch wenn jetzt, wie von der Regierung versprochen und der Opposition gefordert, der Ausgang von der Politik in die Wirtschaft mit neuen Schwellen versehen werden soll, wird man auch über den Eingang reden müssen.
Wie gelingt es, angesichts schwindender Mitgliedszahlen in den Parteien und wachsenden Problemen, überhaupt noch allerorts Kandidaten für kommunale Wahlämter zu finden, hoch qualifizierte Menschen zum Eintritt in die Politik zu motivieren? Ohne Frage muss dazu die Möglichkeit gehören, eine erfolgreiche Karriere auch außerhalb der Politik fortsetzen zu können.
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