Cyril Hofstein: "Atlas der maritimen Geschichten und Legenden"

Wenn Fantasie auf Abenteuerlust trifft

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Cover des Buchs "Atlas der maritimen Geschichten und Legenden" vor orangerfarbenem Aquarellhintergrund. Das Cover zeigt die Karte eines Meeres.
Cyril Hofstein erzählt Geschichten und Legenden der Seefahrt. Man folgt ihm dabei allzu gern durch alle sieben Weltmeere. © Deutschlandradio / DuMont
Von Günther Wessel  · 08.10.2021
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Kannibalismus auf See, Geisterschiffe, Attacken von Kalmaren – über das Leben auf See gibt es abenteuerliche Geschichten. Manche sind wahr, andere frei erfunden. Cyril Hofstein hat 31 von ihnen aufgeschrieben und vermittelt so auch maritimes Wissen.
Wer schneller ist als alle anderen, muss mit dem Teufel im Bunde sein: Das sagten die Zeitgenossen über den holländischen Kapitän Bernard Fokke, der im 17. Jahrhundert für die Reise von Java nach Amsterdam zwei Monate weniger als alle anderen Kapitäne brauchte.
Für viele Marinehistoriker bildet das den wahren Kern der Legende vom Fliegenden Holländer, des Kapitäns, der dazu verdammt war, ewig auf den Meeren umher zu ziehen. Nur weil er dem Orkan vor dem Kap der Guten Hoffnung voller Hochmut entgegengerufen hatte: "Ich werde dieses Kap umschiffen, selbst wenn ich dafür bis ans Ende der Zeit zur See fahren muss." In der Romantik wurde die Legende in Literatur verpackt – durch Heinrich Heine – und in Musik vertont – durch Richard Wagner.

Geisterschiffe und ihre Geschichte

Der Fliegende Holländer ist natürlich eindeutig eine Ausgeburt der Fantasie – und doch berichtete der künftige englische König George V. im Jahr 1881 davon, ihn gesehen zu haben, ebenso wie Menschen an einem Strand in Südafrika 1939 oder die Besatzung eines deutschen U-Bootes im Zweiten Weltkrieg.
Cyril Hofstein erzählt 31 ausgesuchte Geschichten und Legenden der Seefahrt – und man folgt ihm dabei allzu gern durch alle sieben Weltmeere und durch die Jahrhunderte.
Es sind kurze, staunenswerte Erzählungen, die immer wieder maritimes Wissen vermitteln oder maritimen Aberglauben belegen.

Alles Aberglaube?

Dem Aberglauben ist auch der bewusste Untergang der Mary Celeste geschuldet. Das Schiff wird im Dezember 1872 zu einem Mysterium der Ozeane – einem Geisterschiff. Es wird vor den Azoren gesichtet, wie es mit gerafften Segeln über den Ozean treibt. Die Mary Celeste ist von der Besatzung verlassen, die Ladung ist allerdings komplett an Bord.
Keiner weiß, warum das Schiff aufgegeben wurde. Mutmaßungen gibt es aber zuhauf: Die harmlosesten sind, dass Piraten es angegriffen hätten oder ein Riesenkalmar.
Später will niemand mehr auf dem verfluchten Geisterschiff anheuern, und so beschließt die Reederei schließlich, es 1885 hoch versichert und mit wertloser Landung beladen vor der Küste Haitis auf ein Korallenriff auflaufen und untergehen zu lassen.
Schiffe – und auch ein Flugzeug – verschwinden spurlos in den Meeren oder treiben wochenlang auf ihnen herum, Wracks und Schätze werden gehoben, Menschen versuchen verzweifelt, sich zu retten, und schrecken nicht vor Grausigem zurück.

Ein optischer Genuss

Cyril Hofstein erzählt das alles präzise und lebendig, und aufgrund der tollen Ausstattung ist ein schöner kleinformatiger Atlas entstanden: ein haptischer und optischer Genuss mit festem Papier, edler Schrift und dazu wundervoll gezeichneten mehrfarbigen, jeweils ganzseitigen Karten zu jedem Eintrag.

Cyril Hofstein: "Atlas der maritimen Geschichten und Legenden"
Mit Illustrationen von Karin Doering-Froger
Aus dem Französischen von Nina Goldt
DuMont/ Köln 2021
136 Seiten, 25 Euro

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