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Air Berlin
Einstellungen trotz Stellenabbau

Blue Sky heißt der Arbeitstitel einer neuen Airline, deren Gründung heute beschlossen wird. Daran beteiligt sind Tuifly, Etihad und Air Berlin. Letztere kann dadurch zwar Geld einsparen, muss aber zusätzlich Mitarbeitern kündigen. Trotzdem sucht die Fluggesellschaft 500 neue Flugbegleiter.

Von Thomas Weinert | 23.11.2016
    Ein Flugzeug der Fluggeselleschaft Air Berlin befindet sich am 05.10.2016 im Landeanflug auf den Flughafen Berlin-Tegel.
    Die angeschlagene Airline Air Berlin muss Kosten sparen. (dpa / picture-alliance / Ralf Hirschberger)
    Aus Sicht von Luftfahrtexperten macht es Sinn, was heute der Aufsichtsrat von Tui beschließt: Die Gründung einer neuen Ferienfluggesellschaft – Arbeitsname Blue Sky – bestehend aus der bisherigen Tuifly-Flotte und aus Flugzeugen der angeschlagenen Air Berlin. Tui, der große Reisekonzern, will die Bindung zu einer eigenen Fluggesellschaft ohnehin lockern, Air-Berlin braucht dringend eine Kostenentlastung. Sebastian Steinke, Redakteur bei der Fachzeitschrift Flugrevue, sieht die drohende Konkurrenz Ryanir und Esayjet und meint, dass zu deren Abwehr ein Burgfrieden Sinn macht:
    "Also, das ist klar, dass man sich da lieber zusammentut und nicht auch noch untereinander Krieg führt, sondern sich gemeinsam gegen diese sehr großen Airlines zusammenschließt."
    Durch eine indirekte Stiftungskonstruktion behält so Air Berlin den Zugriff auf ein nun hoffentlich lukratives Geschäft und auch Etihad ist bei der neuen Gesellschaft dabei, der Großaktionär von Air-Berlin. Etihad hat nun die Chance, endlich einmal Geld zu verdienen mit seinem Air-Berlin Anteilen, statt Geld zu verbrennen:
    "Tourismus hat man viele Jahre so ein bisschen vergessen, aber eigentlich sind auch Pauschalreisen wieder eine ganz solide Geschichte, da werden ganz gute Preise bezahlt, da erreicht man ganz kaufkräftige Kundengruppen. Leute, die dieses Durchorganisiert sein als Luxus wertschätzen und als Zusatzdienstleistung auch bezahlen. Der touristische Flugverkehr ist wichtig und deswegen ist es auch wichtig, dass man sich da nicht beiseitedrängen lässt."
    Marktschwankungen abfedern
    Air Berlin wollte zum Thema nur schriftlich Stellung nehmen, Unternehmenssprecher Tobias Spaeing lässt sich zitieren mit der Hoffnung, in Zukunft die saisonalen Schwankungen des Tourismusgeschäftes los zu sein:
    "Durch ein effizienteres, integriertes Netzwerk kann airberlin somit Marktschwankungen besser abfedern."
    Was von Air Berlin übrig bleibt ist eine Flotte von etwa 70 Maschinen, die nur noch aus den Standorten Düsseldorf und Berlin heraus fliegt und dabei die großen deutschen Flughäfen im Netz belässt. Pierre Dominique Prümm leitet den Flugbetrieb in Frankfurt:
    "Wir erkennen im Sommerflugplan 2017, das ist das, was wir aktuell überschauen können, nur sehr marginale Veränderungen im Angebot der Air Berlin. Warten wir mal ab, wie die Entwicklung weitergeht."
    Air Berlin streicht also Verbindungen jenseits von Berlin und Düsseldorf, von Frankfurt beispielsweise in Feriendomizile zu fliegen, passt nicht mehr ins neue Konzept. Außerdem wird ein Großteil der Kernflotte an Eurowings weitergereicht – mit fliegendem Personal - , sodass vor allem aus Kreisen der technischen und operativen Bodenmitarbeiter Kündigungen bestätigt werden. Die Pressestelle formuliert es so:
    "Aktuell befinden wir uns in einem engen Dialog mit den Arbeitnehmergremien. Ich bitte auch hier um Verständnis, dass wir bis auf weiteres keine Interviews durchführen."
    Konzentration auf lukrative Langstrecken
    Was Air Berlin verlauten ließ, ist eine Konzentration auf lukrative Langstrecken. Große Airbusse werden dafür neu in die Flotte kommen, zusammen mit mehr als 500 Flugbegleitern, die Air Berlin derzeit sucht. Denn, so Luftfahrtberater Adrian von Dörnberg:
    "Also auch der Rest von Air Berlin muss überleben, wenn das Eigenkapital auf der inken Seite steht und bei Air Berlin steht es schon seit längerem auf der linken Seite, ist das Überleben schwierig, das ist ein Insolvenztatbestand, der zweite wäre die Illiquidität, die ist noch nicht zu sehen direkt, aber es wird ein sehr schwieriges Unterfangen, ein sehr dünnes Eis, auf dem sich Air Berlin derzeit bewegt."
    Der Deutschlandchef von Ryanair, Tim Howe Schröder, steht mit seiner Low-Cost Airline jedenfalls parat. Was passiert mit frei werdenden Air-Berlin Routen? – Jetzt oder nach einem Konkurs?
    "Sollte es dazu kommen, dass es zu weiteren Konsolidierungen oder zu Streichungen von Routen anderer Airlines kommt, dann ist das sicher etwas, was wir uns anschauen werden und wo wir agieren werden."