Cousin Harold und der Shabbes morning blues

Von Dieter Wulf · 07.09.2012
Zusammen mit den Minyan Boys ist Walter Rothschild, Landesrabbiner für Schleswig Holstein, in den letzten Jahren immer wieder aufgetreten. Ob Weihnachtslieder, jüdische Gebetslieder oder sonstige Geschichten, vor seinen komisch witzigen Umdeutungen scheint nichts sicher zu sein.
"Ich war einmal in England in Leeds auf einer Channukka party und jemand hat gewettet, ich könnte keine Channukka carol schreiben und innerhalb einer halben Stunde hatte ich vier. ... Man hört diese Sachen von Ende Oktober an in jedem Geschäft, ... Rudolf the rednose reindeer ... es ist hypnotisch und geht durch die Knochen, also man muss eine Parodie schreiben, es ist eine religiöse Pflicht."

Erklärt Rabbiner Walter Rothschild und lacht. Ob Weihnachtslieder, jüdische Gebetslieder oder sonstige Geschichten, vor seinen komisch witzigen Umdeutungen scheint nichts sicher zu sein.

"Wenn eine Melodie kommt, wenn ich höre etwas und es kommt dumtidum tumtidum, ahaha ein paar Texte in meinem Kopf. Ich schreib das auf eine Postkarte oder trage immer ein Stück Papier mit oder ein kleines Notizbuch, dann plötzlich hat man in ein paar Minuten vielleicht ein Lied. Ich hab eine Parodie von Schuberts die Forellen geschrieben, innerhalb von zehn Minuten geschrieben, für meine Kinder, eines Abends."

In seiner Version kommt natürlich alles ganz anders. Statt der Forelle stirbt am Ende der Angler.

Gedichte und Kurzgeschichten habe er schon als Jugendlicher geschrieben, meint Rabbiner Rothschild. Bei der Präsentation eines Buches mit seinen Texten, vor einigen Jahren, hatte man einige Musiker engagiert, erinnert sich der Komponist Max Doehlemann.

"Und ein kleiner Gag des Ganzen war, dass wir selbst geschriebene Texte, von denen Walter Hunderte wenn nicht Tausende hat, zu Jazzmusik sprechen sollten und das hat dann so ein bisschen die Form eines Raps angenommen und das war eigentlich auch wenn man so will der Anfang unserer musikalischen Zusammenarbeit."

Eine eigene Band wurde gegründet, Walther Rothschild und die Minyan Boys, meint Max Doehlemann und erklärt, wie der Name zustande kam.

"Minjan ist einfach das Quorum was man im jüdischen Kontext benötigt, um einen jüdischen Gottesdienst anzuhalten, oder bestimmte Gebete halten zu dürfen. ... Und Minyan Boys das entstand so daraus, das letzte Aufgebot von Walter, wenn man so will."

Zusammen sind sie in den letzten Jahren immer mal wieder aufgetreten. Hendrik Broder schrieb nach einem dieser Auftritte, dass Rothschild überhaupt nicht singen könne, aber wie er das mache, das sei fantastisch. Natürlich habe er keine Gesangsausbildung, gibt Rabbiner Rothschild zu, sein Training sei die Synagoge.

"Die jüdische Liturgie ist ein Sprachgesang ohne Musik. Also man gewöhnt sich, zu bestimmten Sachen Atmo Also jeder Gottesdienst hat solche Sachen drin und als Vorbeter, als Rabbiner ... wenn ich dann Gottesdienst mache dann muss ich solche Sachen tun. Also man lernt den Rhythmus, man lernt die Melodie. ... . Es kommt einfach so."

Heute sei er so etwas wie ein Wanderrabbiner, meint der aus England stammende Walter Rothschild schmunzelnd.

"Ich bin jetzt Landesrabbiner für Schleswig Holstein und das ist meine Hauptarbeit zurzeit. Ich arbeite auch in der liberalen Gemeinde in Köln und in Freiburg und in Wien, also ein Wochenende im Monat."

Und da, sagt er, werde sein manchmal etwas skurriler englischer Humor geradezu von ihm erwartet.

"In meinen Gemeinden zurzeit sie erwarten einen Witz am Anfang von jeder Predigt, sie erwarten ein Lächeln. ... Sie erwarten dass es interessant sei und ich sag immer es steht nirgendwo geschrieben dass eine Predigt langweilig sein muss oder eine Thoralesung."

Und wer würde da nicht mit einstimmen wollen, wenn er auf die bekannte Melodie des Tallyman Songs von Harry Bellafonte seine Parodie anstimmt

So witzig er seine Geschichten präsentiert, immer haben sie aber auch eine Moral. Hier geht es um die Gläubigen in der Synagoge. Die beten zwar, denken aber eigentlich hauptsächlich daran wie sie möglichst schnell nach Hause kommen. Ein typisch jüdischer Humor, wie er findet.

"Juden haben gelernt, wenn sie über ihre Probleme lachen können ist es nur halb so schwierig. Das heißt, jüdische Witze der Held ist manchmal kein Held sondern ein Contraheld, ein nebbich."

Aber so witzig seine Texte auch sind, am Ende steht Walter Rothschild immer auch als Rabbiner vor seinem Publikum.

"Ich denke, es ist sehr wichtig, dass religiöse Gemeinschaften die Freiheit haben, sich zu entwickeln und ihre heilige Arbeit zu tun. Aber dafür gibt es immer jemanden, der steht auf und sagt, nein, das geht nicht. Statt auf den Inhalt des Gebets zu konzentrieren, es gibt immer jemand für den was man trägt auf dem Kopf, viel wichtiger ist als was in dem Kopf steckt. Gegen solche Menschen, na ja, meine beste Waffe ist lachen."