Coronavirus und Rassismus

Wenn andere sich plötzlich wegsetzen

04:37 Minuten
Zwei junge Chinesinnen laufen in Wintermänteln an historischen Gebäuden vorbei, eine von ihnen trägt eine Atemschutzmaske.
Chinesische Touristinnen in Paris: In Frankreich gibt es eine Debatte über Rassismus, der mit der Angst vor dem Coronavirus zutage tritt. © NurPhoto / Jerome Gilles / Getty Images
Nhi Le im Gespräch mit Timo Grampes · 31.01.2020
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Das Coronavirus weckt Ängste – und macht Rassismus sichtbar: Asiatisch aussehende Menschen werden ausgegrenzt, weil sie mit dem Erreger in Verbindung gebracht werden. In Frankreich teilen sie diese Erfahrungen unter dem Hashtag #JeNeSuisPasUnVirus.
Das Coronavirus hat Deutschland erreicht. Für die Bild-Zeitung Anlass, das gelbstichige Bild einer asiatisch aussehenden Familie an einem Esstisch zu veröffentlichen, darüber die gelb eingefärbte Überschrift "So kam das Coronavirus zu uns" – als hätte diese Familie etwas mit dem Erreger zu tun.
In französischen Medien habe es ähnliche Fälle gegeben, sagt die Journalistin Nhi Le: "Zeitungen titelten zum Beispiel 'Gelber Alarm' oder 'Péril Jaune', also 'Gelbe Gefahr' – und dieser Begriff stammt aus der Kolonialzeit." Mit ihm, so Nhi Le, sei schon damals Rassismus und Angst gegenüber Asiaten, vor allem gegenüber Chinesinnen und Chinesen geschürt worden.

Generalverdacht Virusüberträger

In Frankreich ist eine Debatte über den Rassismus gegenüber asiatischen und asiatisch aussehenden Menschen entstanden. Unter dem Hashtag #JeNeSuisPasUnVirus, zu Deutsch "Ich bin kein Virus", teilen die Betroffenen rassistische Erfahrungen. "Wie sie als Virusinfizierte, als Überträger gesehen werden, wie sie aus dem öffentlichen Raum ausgeschlossen werden, wie Leute von ihnen Abstand nehmen und wie sie immer wieder unter Generalverdacht gestellt werden", berichtet Nhi Le.
Auch in Deutschland würden asiatisch aussehende Menschen Angst vor Stigmatisierung haben und Ausgrenzungserfahrungen machen, etwa dass sich Leute plötzlich wegsetzen, so Nhi Le. Es gebe außerdem rassistisch gefärbte Witze im Zusammenhang mit dem Coronavirus.
Es sei eine Sache "Angst vorm Virus zu haben", eine andere, "alle Asiatinnen und Asiaten unter Generalverdacht zu stellen, Überträger zu sein", betont die Journalistin.
Der Generalverdacht an sich sei rassistisch, sagt Nhi Le, aber auch, alle Asiatinnen und Asiaten als Chinesen zu sehen und damit das Infiziertsein in Verbindung zu bringen. Dahinter brodelten auch ältere rassistische Stereotype, etwa dass "Asiaten im Allgemeinen dreckig seien oder teilweise sogar unzivilisiert seien".
(jfr)
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