Coronavirus in Deutschland

Je näher das Virus, desto größer die Aufregung

05:45 Minuten
Ein vollgepackter Einkaufswagen in einem Supermarkt
Großeinkauf im Supermarkt: Diese Kunden rüsten sich für den Ernstfall. © imago images / Geisser
Ortwin Renn im Gespräch mit Nicole Dittmer · 28.02.2020
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Das Coronavirus breitet sich in Deutschland weiter aus. Dennoch hält der Risikoforscher und Umweltsoziologe Ortwin Renn die Gefahr nicht für größer als bei einer Grippe. Er sagt: Die Reaktionen der Menschen folgen einem eingespielten Muster.
Das Coronavirus breitet sich auch in Deutschland weiter aus: Innerhalb eines Tages kamen 20 neue Fälle hinzu. Die Gesamtzahl ist damit seit Jahresbeginn auf mindestens 50 Fälle gestiegen. In Nordrhein-Westfalen sollen außerdem rund 1000 Menschen in Quarantäne sein.
Der Risikoforscher und Umweltsoziologe Ortwin Renn, wissenschaftlicher Direktor am Institut für Transformative Nachhaltigkeitsforschung in Potsdam, hält das Risiko für gesunde Menschen dennoch für sehr gering.
Im Vergleich zu bisherigen Infektionskrankheiten wie der Vogelgrippe oder der Schweinegrippe sei das Coronavirus zwar ansteckender. In 85 Prozent der Fälle verlaufe die Infektion allerdings "sehr harmlos". Und außerhalb Chinas würden nur etwa 0,4 Prozent der Erkrankten an dem Virus sterben, sagt Renn: "Das liegt ähnlich auch bei der normalen Grippe."

Hamsterkäufe und Falschinformationen

Im Umgang mit dem Virus beobachtet Renn verschiedene Reaktionen. Es sei übertrieben, nun Lebensmittel leerzukaufen. In den sozialen Medien habe er zudem viele Falschinformationen beobachtet. Bei den meisten Menschen sei der Umgang mit der Erkrankungsgefahr jedoch gelassener.
Insgesamt würden die Reaktionen einem eingespielten Zyklus folgen: Beim ersten Auftauchen in einem weit entfernten Land könne man das Thema noch gut wegschieben, erklärt Renn. Je näher das Virus komme, desto größer werde die Aufregung. "Wenn es dann einmal angekommen ist, und man sieht, dass viele Menschen, die es auch bekommen haben, dann doch heil wieder heraus kommen, sinkt die Angst sogar manchmal auch dramatisch weiter, als es vielleicht sinnvoll wäre."
Im Fall des Coronavirus werde dieser Zyklus ähnlich verlaufen, vermutet Renn.
(sed)
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