Coronamaßnahmen an Schulen

"Die Verantwortung wird auf Einzelne abgewälzt"

08:50 Minuten
Eine Lehrerin mit Mund- und Nasenschutz steht in einer Grundschule. Foto: Sebastian Gollnow/dpa | Verwendung weltweit
Wenig Kritik hinsichtlich der Coronamaßnahmen an Schulen komme aus Rheinland-Pfalz, viel dagegen auch aus Berlin, so Ilka Hoffmann. © picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow
Ilka Hoffmann im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 08.09.2020
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Der Mund-Nasen-Schutz in Schulen spaltet Eltern und Lehrkräfte. Für Ilka Hoffmann von der GEW ist die Schutzmaske allenfalls "Symbolpolitik". Es gebe eine "Tradition der Unterfinanzierung", deshalb seien die Schulen insgesamt schlecht für Corona gerüstet.
Den einen vermittelt er Sicherheit, die anderen klagen über Kopfschmerzen, Einengung und Konzentrationsprobleme: Der Mund-Nasen-Schutz in Schulen spaltet die Lehrerschaft. Und auch die Eltern. Auch Bayern hat die Maskenpflicht nun eingeführt, andere Bundesländer haben schon Erfahrungen damit gesammelt. Insgesamt ist Deutschland derzeit ein Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen für einen coronasicheren Unterricht.
Ilka Hoffmann, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), habe bereits viel Feedback aus den verschiedenen Bundesländern bekommen und sagt, es gebe viel Kritik, "aber ich kann sagen, dass wir dort weniger Anrufe und Protestschreiben bekommen, wo der Dialog zwischen der Regierung und den Lehrkräften und auch den Verbänden und Gewerkschaften besser läuft".
So komme beispielsweise wenig Kritik aus Rheinland-Pfalz, viel dagegen aus Nordrhein-Westfalen oder Berlin. Dort beklagten die Lehrkräfte etwa, nicht gefragt oder informiert worden zu sein.

Keine Einhaltung des AHA-Prinzips

Was kritische Eltern anbelange, die etwa in NRW und jetzt auch in Bayern bereits versucht hätten, gegen die Maskenpflicht zu klagen, gebe es kein einheitliches Bild, sagt die Schulexpertin: Neben solchen, die Coronamaßnahmen pauschal kritisierten, gebe es auch andere, denen es nur um die Gesundheit ihrer Kinder gehe und die sich dabei auch auf Erkenntnisse von Kinderärzten beriefen.
Für problematisch hält Hoffmann, dass sich das AHA-Prinzip (Abstand – Hygiene – Atemschutz) zum Schutz vor einer Infektion an Schulen auf den letzten Punkt, Atemschutz, reduziert habe, Abstand und Hygiene werde in vielen Fällen kaum Beachtung geschenkt. Auch könne nicht überall ausreichend gelüftet werden.

Verantwortung delegieren

"Und dann wälzt man die Verantwortung auf die Einzelperson ab, die eine Maske tragen soll", kritisiert Hoffmann. Dabei sei eigentlich klar: "Wir hören ja auch von Virologen: Die Maske ist kein Ersatz für alle anderen Maßnahmen, die es ja auch in der Coronazeit gibt." Deshalb sei es auch schon zu Ausbrüchen von Covid-19 an einigen Schulen gekommen.
Für Ilka Hoffmann passt das ins Bild: Denn viele Kommunen betrachteten Schule und Bildung teils einfach auch als eine eher lästige Aufgabe, der sie sich zu widmen hätten. Es gebe "eine Tradition der Unterfinanzierung", etwa bei den Schulgebäuden. Und die habe man während der Coronazeit so schnell nicht aufarbeiten können. "Und der richtige Wille dazu hat auch stellenweise gefehlt." Insgesamt erlebt sie die derzeitigen Coronamaßnahmen an Schulen als "ein bisschen Symbolpolitik, ein bisschen Notnagel und ein Abwälzen der Verantwortung".
(mkn)
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