Coronaimpfung

Fünf Gründe, warum Ungeimpfte nicht benachteiligt werden dürfen

02:51 Minuten
Ein Arzt verimpft die zweite Dosis Biontech-Pfizer-Impfstoff im Corona Impfzentrum Messe Berlin. Im Impfzentrum der Malteser wird der Impfstoff von Biontech-Pfizer an täglich über 3000 Berlinerinnen und Berliner verimpft.
Wer noch keine Möglichkeit zur Coronaimpfung bekommen hat, sollte nicht deutlich eingeschränkter leben müssen als andere, findet unsere Kommentatorin. © picture alliance / dpa / Michael Kappeler
Von Kirsten Lemke · 03.05.2021
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Was wir in Deutschland jetzt auf gar keinen Fall gebrauchen können, ist eine Impfneid-Debatte, findet unsere Kommentatorin. Deshalb warnt sie davor, Nicht-Geimpfte zu benachteiligen und mitten in der Coronapandemie den sozialen Frieden zu gefährden.

Erstens

Noch sind in Deutschland nicht einmal zehn Prozent der Menschen vollständig geimpft. Auch wenn das Tempo jetzt anzieht, wird es noch Monate dauern, bis alle, die das wollen, ihre erste Spritze haben. Und erst zwei Wochen nach der zweiten Impfung gelten sie als vollständig geimpft – also viele erst Ende des Jahres. Bis dahin haben wir aber hoffentlich ohnehin wieder mehr Normalität!

Zweitens

Immer mehr Menschen dürfen jetzt geimpft werden. Gerade ist die Priorisierungsgruppe 3 dran. Wenn die alle durch sind, bleibt aber immer noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung übrig. Schon jetzt geht die Diskussion los, in welcher Reihenfolge dann geimpft wird. Kommen vielleicht erst die Schülerinnen und Schüler dran? Dann fühlen andere sich wieder benachteiligt. Geimpft zu sein, ist also ohnehin – noch – ein Privileg.

Drittens

Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen sollen demnächst für Geimpfte nicht mehr gelten. Nachvollziehbar, denn man darf ihnen ihre Grundrechte nicht vorenthalten, wenn es dafür keinen Grund gibt. Genau! Dann fangt bitte in den Alten- und Pflegeheimen damit an, am besten sofort! Aber was heißt das für alle anderen: Eingesperrt sein aus Mangel an Impfstoff? Deshalb muss gelten: Ein negativer Test ist gleichwertig – auch wenn er nicht so sicher ist wie eine Impfung.

Viertens

Bisher haben die meisten Menschen die Reihenfolge beim Impfen akzeptiert. Sie haben sich überwiegend an die Corona-Regeln gehalten, auch wenn sie nicht immer mit allem einverstanden sind. Sollte es jetzt aber mehr Rechte für Geimpfte geben, dann droht eine neue Zwei-Klassen-Gesellschaft. Eine Impfneid-Debatte wäre eine Gefahr für den sozialen Frieden.

Die Arztpraxen bekommen mehr Impfstoff als noch zu Beginn des Monats. Die medizinische Priorisierung werde bald fallen, sagt Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Gespräch [AUDIO].  Er erklärt, warum hierzulande nicht in Supermärkten und auf Parkdecks geimpft wird wie etwa in den USA: Dort existiere kein vergleichbares Hausärztenetz wie in Deutschland, sagt Gassen. Er sagt allerdings auch: "90 Prozent Durchimpfung ist Science-Fiction."

Ein Patient/eine Patientin bekommt eine Impfung gegen das Coronavirus. Die Hand eines Arztes/einer Ärztin hält die Spritze.
© picture alliance / Eibner-Pressefoto / Fleig

Fünftens

In Mecklenburg-Vorpommern gilt zurzeit eine strikte Einreisesperre. Die hat das Oberverwaltungsgericht Greifswald jetzt gekippt – jedenfalls für Geimpfte! Könnte also sein, dass im Sommer die einen an die Ostsee dürfen, die anderen vielleicht nicht mal ins Freibad.
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