Corona weltweit: Ukraine

Schutzmasken produzieren – als Protestaktion

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Pawel Lissjanskij, Vertreter der Menschenrechtsbeauftragten der Werchowna Rada für das Luhansker und Donezker Gebiet übergibt kostenlos Masken für Strafgefangene.
Menschenrechtsaktivist übergibt kostenlose Masken für Strafgefangene in Starobelsk, Luhansker Oblast. © Ostukrainische Menschenrechtsorganisation
Von Sabine Adler · 19.05.2020
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Pawel Lissjanskij kämpft im Luhansker und Donezker Gebiet für die Rechte von Inhaftierten. Einen Schutz vor Corona müssen sich die Insassen vieler Anstalten in der Ostukraine selbst organisieren. Und Pawel Lissjanskij hilft dabei.
"Mein Name ist Pawel Lissjanskij,
ich bin der Vertreter der Menschenrechtsbeauftragten der Werchowna Rada für das Luhansker und Donezker Gebiet. Wir haben mehrere Büros, im Moment bin ich in Lyssytschansk."
"Die Gerichte und die Behörden arbeiten alle online, unsere juristische Beratung und Hilfe in Menschenrechtsangelegenheiten ist also auch jetzt gefragt. Unsere Schulungen, wie man gegen Korruption vorgeht, bieten wir online an. Und wir recherchieren immer weiter, wer wann wo Menschenrechte verletzt. Das einzige, was im Moment nicht funktioniert, sind Protestaktionen, aber da denken wir uns noch Alternativen aus."
Die ostukrainische Menschenrechtsgruppe hat Häftlinge aus Gefängnissen in den sogenannten Volksrepubliken freigekämpft, als die weit über ihre Haftzeit hinaus festgehalten wurden. Auch jetzt kümmern sie sich um die Strafgefangenen auf beiden Seiten der Front in der Ostukraine.

Maskenproduktion als aktive Hilfe

"Gerade haben wir eine ziemlich große Aktion auf die Beine gestellt. Wir produzieren Schutzmasken. Wir haben vier Nähmaschinen gekauft und nähen Masken, die wir kostenlos an die Häftlinge in den Gefängnissen verteilt haben, denn die brauchen den Schutz ja genauso. In den Gefängnissen in den besetzten Gebieten nähen die Strafgefangenen Masken aus Kopfkissenbezügen, denn dort gibt die Verwaltung kein Geld für Schutzmaßnahmen aus. Verbessert hat sich allerdings, dass jetzt doch immer mal wieder Gefangene ausgetauscht werden."
Der UN-Generalsekretär António Guterres hat zu einem globalen Waffenstillstand angesichts der Corona-Pandemie aufgerufen, ist sein Ruf in der Ostukraine angekommen?
"Ruhig ist es bei uns ja nie. Die Artillerie schweigt jetzt, aber Kalaschnikow-Salven sind immerzu zu hören, auch Granaten-Einschläge. Es gibt Verletzte, auch Tote, nicht so viele, wie während der Kampfhandlungen, aber trotzdem gibt es sie bis heute."
Schon vor Ausbruch der Pandemie war es für die Ukrainer schwer, aus den von den Separatisten besetzten Gebieten auf unbesetztes ukrainisches Land zu kommen, an den fünf Checkpoints bildeten sich immer lange Schlangen. Derzeit sind die Wartezeiten noch viel länger.

Zum ersten Mal einen Marathon

"Jetzt sind sämtliche Übergänge geschlossen, Passierscheine müssen beantragt werden. Das Rote Kreuz und die OSZE legen Namens-Listen von Leuten vor, die ganz dringend die Kontrollpunkte passieren müssen. Wer raus und rein darf, wird alle zwei Wochen entschieden."
Pawel Lissjanskij sitzt für seine Arbeit viel im Auto. Als er sich entschloss, 30 Kilo abzunehmen, schaffte er das auch mit viel Sport. Nun in den Zeiten der Kontaktsperre und home office bangt er wieder um sein Gewicht.
"Ich achte immer noch sehr auf meine Figur. Wenn es mal zwei, drei Kilo mehr sind, trete ich auf die Bremse. Und weißt Du was? Ich bin in diesem Jahr zum ersten Mal einen Marathon gelaufen. Und zum ersten Mal habe ich vor Ostern 48 Tage lang gefastet, so wie die orthodoxe Kirche das vorschreibt, also kein Fleisch, nur Eier. Ich mache zwar zu Hause auch mein Krafttraining weiter, aber ich sehne mich nach meinem Fitness-Studio. Du weißt ja bestimmt noch, wie schwer es für mich war, diese vielen Kilo loszuwerden. Wenn ich nochmal so zunehmen würde, wäre das mein Ende! Bis jetzt sehe ich aber immer noch genau so aus, wie du mich zuletzt gesehen hast."
Aufgezeichnet von Sabine Adler
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