Corona-Strategie für Pflegeheime

"Langfristig denken wir nicht"

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Eine Altenpflegerin spricht im Seniorenheim Pauline-Krone-Heim der Altenhilfe Tübingen vor einem Antigen-Corona-Schnelltest mit einer Bewohnerin.
Eine Altenpflegerin spricht in einem Seniorenheim in Tübingen vor einem Antigen-Corona-Schnelltest mit einer Bewohnerin. © picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow
Philipp Leusbrock im Gespräch mit Axel Rahmlow · 14.12.2020
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Bis zum 10. Januar gilt ein Lockdown. Welche Corona-Regeln danach in Deutschland gelten, ist unklar. Philipp Leusbrock, Geschäftsführer eines Pflegedienstes, vermisst rechtliche Vorgaben. Ohne sie könne er in der Pflege nur kurzfristig reagieren.
Wie die Corona-Einschränkungen in den kommenden vier Wochen aussehen, ist jetzt klar. Aber wie geht es nach dem 10. Januar weiter? Wird weiter auf Sicht gefahren oder wird es eine langfristige Strategie geben? Seit der jüngsten Ankündigung des sogenannten Lockdowns werden die Rufe nach einem Langzeitplan wieder lauter. Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen, forderte eine Stufenplan, FDP-Chef Christian Lindner eine "dauerhaft durchhaltbare Strategie".
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder rät seinen Kolleginnen und Kollegen in der Politik dagegen, nicht zu viel zu versprechen: "Es ist ja auch so schwer, ein oder das Patentrezept zu haben. Ich wundere mich über die Politiker, die ständig immer das Gleiche erzählen: ‚Langzeitstrategie, Langzeitstrategie‘ und wenn man sich selbst überprüft, was das sein soll, kommt man zu keinem Ergebnis."

Strategie eines Pflegedienstes

Ein wichtiger Bereich einer möglicherweise langfristigeren Coronapolitik ist die Pflege. Philipp Leusbrock, Geschäftsführer eines Pflegedienstes im Münsterland, betont: "Langfristig denken wir nicht, weil da uns die rechtlichen Rahmenbedingungen fehlen, die uns eine langfristige Perspektive geben würden."
Derzeit sei eine langfristige Planung in seinem Unternehmen "schwierig" – und dieser Ausdruck eigentlich noch beschönigend, wie Leusbrock an einem Beispiel erläutert: Vor zwei Wochen habe man mit den Schnelltests begonnen. Seit Sonntagabend gebe es die ersten Rufe, dass die Testungen in der Pflege täglich stattfinden müssten. Nun sei am Montag eine erste Verordnung für Nordrhein-Westfalen herausgekommen, die auf die Forderung nach mehr Schnelltestungen aber gar nicht eingehe. "Wir werden immer erst relativ spät informiert und müssen dann zügig reagieren", so Leusbrock.
Er könne einerseits nachvollziehen, dass Politiker wie Söder sagten, dass Planbarkeit nicht versprochen werden könne, sagt Leusbrock: "Ich sehe das ja auch: Das ist ein dynamisches Infektionsgeschehen." Andererseits sei seit Langem der Ruf da, dass man die vulnerablen Gruppen schützen müsse. Das hätte man im Sommer angehen sollen, findet er, und sich beispielsweise für die Schnelltests eine Strategie überlegen können.

Klare Vorgaben, personelle Hilfe

Er wünsche sich eine klare Vorgabe, wie oft getestet werden müsse. Und, um diese Testungen sicherzustellen, dass es personelle Unterstützung gebe, etwa indem aktiv Freiwillige dafür rekrutiert werden. "Einmal die Woche, das kriegen wir hin, aber noch mehr, dann wirds schwierig."
Leusbrock sieht auch widersprüchliche Wünsche, was eine Strategie für die Pflege betrifft: Einerseits sollen die Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeheime vor einer Infektion mit dem Coronavirus geschützt, andererseits soziale Kontakte ermöglicht werden. Das passe nicht wirklich zusammen. Man sollte vielleicht auch darüber nachdenken, ob man wirklich jeden Tag einen Besuch ermöglichen müsse.
(jfr)
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