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Trauerfeier
Die letzte Ruhe für Tugce Albayrak

Tugce Albayrak war Mitte November in Offenbach so schwer verletzt worden, dass sie ins Koma fiel und später starb. Sie wollte zwei Mädchen helfen. Ihre Zivilcourage beeindruckt viele Menschen: Bis zu 3.000 werden zur Trauerfeier für die Lehramtsstudentin erwartet.

Von Ludger Fittkau | 03.12.2014
    Gedenken an Tugce Albayrak
    Gedenken an Tugce Albayrak (picture alliance / dpa /Foto: Frank Rumpenhorst)
    Heute Mittag werden sich wohl Tausende rund um die DITIP-Moschee in der hessischen Kleinstadt Wächtersbach versammeln, um Tugce Albayrak zu Grabe zu tragen. Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier sowie Vertreter des türkischen Staates werden an den Trauerfeierlichkeiten für die junge Frau teilnehmen, die helfen wollte und selbst zum Gewaltopfer wurde:
    "Natürlich gibt es Kraft für die Eltern. Wir sind dafür da, für die Unterstützung."
    "Sie war ein tapferes Mädchen. Die Familie tut mir einfach sehr leid. Was sie gemacht hat, hat sie gut gemacht. Sie hat geholfen und dafür hat sie jetzt ihr Leben verloren."
    Rund 60 Kilometer östlich von Frankfurt am Main im hessischen Kinzigtal zwischen Vogelsberg und Spessart steht die Moschee, in der Tugces Leichnam aufgebahrt ist. Die Region ist längst die Heimat der in den 1960er Jahren aus Anatolien eingewanderten Familie Albayrak, deren Männer damals bei Opel in Rüsselsheim zum Wirtschaftswunder beitrugen.
    Große Anteilnahme - bis in die Türkei
    Tugce Albayrak, die 23 Jahre alte Lehramtsstudentin an der Uni Gießen, war am 15. November beim Versuch, in einem Offenbacher Schnellrestaurant bedrängten Jugendlichen zu helfen, mutmaßlich von einem 18-Jährigen aus Offenbach geschlagen worden. Sie stürzte auf den Asphalt des Parkplatzes vor dem Restaurant und viel ins Koma. In der vergangenen Woche dann die für viele erschütternde Meldung: Tugces Koma ist irreversibel, der Hirntod wurde diagnostiziert. Die Angehörigen gaben die junge Frau am Tag ihres 23. Geburtstages zur Organspende frei.
    Die Helferin, die zum Opfer wird: Das Schicksal Tugces, das an ähnliche Fälle etwa in München und Berlin erinnert, löste in Deutschland und auch in der Türkei große Anteilnahme aus. Am vergangenen Freitag etwa nahmen mehr als 2.000 Menschen in Offenbach an einer Mahnwache vor dem Krankenhaus teil, in dem Tugce zu diesem Zeitpunkt bereits im Sterben lag:
    "Wir versuchen mit den Gedanken bei ihr zu sein, mit ihr zu reden innerlich, vielleicht spürt sie das ja.
    Ganz ehrlich – ich wünsche mir, wenn sie die Maschinen ausstellen, dass sie anfängt zu atmen."
    Alles Hoffen und Bangen war vergebens - heute wird Tugce beerdigt. Nach einer Trauerzeremonie in der Wächtersbacher DITIP-Moschee wird ein Konvoi aus Bussen und PKWs mit dem Leichnam der jungen Frau ins acht Kilometer entfernte Bad Soden-Salmünster aufbrechen. Dort - in ihrem Geburtsort - wird die gewaltsam zu Tode gebrachte Tugce Albayrak dann ihre letzte Ruhestätte finden.
    Gauck lässt Ehrung prüfen
    Der mutmaßliche Täter sitzt weiterhin in Untersuchungshaft. Die beiden Mädchen, denen Tugce Albayrak im Offenbacher Schnellrestaurant helfen wollte, haben sich inzwischen als Zeuginnen bei der Polizei gemeldet.
    Bundespräsident Joachim Gauck lässt prüfen, ob Tugce Albayrak posthum das Bundesverdienstkreuz verliehen werden kann, wie es mehr als hunderttausend Menschen in einer Internet-Petition forderten. Diese Ehrung wurde auch Dominik Brunner zuteil, der 2009 in München seinen Einsatz für bedrohte Menschen im öffentlichen Raum ebenfalls mit seinem Leben bezahlen musste.
    In den letzten Tagen wurde deutlich: Gerade für viele Jugendliche und junge Erwachsene ist Tugce Albayrak längs ein großes Vorbild in Sachen Zivilcourage:
    "Sie hatte halt Mut, von daher verdient sie auch großen Respekt."
    "Sie hat Zivilcourage gezeigt. Obwohl sie es nicht musste."