Christliche Popmusik

"Was Flottes im Hause Gottes"

Áuftritt einer christlichen Band auf einem Festival-Gottesdienst in Stuttgart.
Seit 2016 kann man an der evangelischen Pop-Akademie Herford „Kirchenmusik Popular“ studieren. Es scheint Bedarf zu geben. © imago stock&people
Von Ina Plodroch · 24.05.2017
In Deutschland ist das mit den Christen und dem Pop eine schwierige Sache. Dabei spielt Musik auf dem Kirchentag in Berlin eine große Rolle. Christen, die Popmusik machen und christlicher Pop. Was war noch gleich der Unterschied?
Die O’Bros sind zwei Brüder aus München, beide Anfang 20:
"Im durchschnittlichen Hip-Hop, da geht es um Frauen, Autos, Gewalt, Drogen und Alkohol. Wir wollen da einen Lichtblick sein, ein Ausrufezeichen setzen. Wir wollen mit unseren Liedern zeigen: Es gibt eine Hoffnung."
Alexander und Maximilian* sind bekennende Christen. Mit Kirchenmusik an der Orgel und dem Gesangsbuch wollen sie aber nicht so viel zu tun haben.
"Ich würde sagen, wir sind Rapper und Hip Hopper mit christlichen Text."
Die manchmal aber auch nur so klingen wie die Pop-Poeten Andreas Bourani, Mark Forster oder Tim Bendzko. Nur dass es bei ihnen nicht um die neue Flamme geht, sondern um Gott. O’Bros gehören zu einer neuen Generation junger Christen, die das Image der christlichen Musik aufbessern wollen. Ist das nun Pop oder Rap mit christlichen Texten. Christenpop, christlicher Pop?
"Also zum einen ist es natürlich Pop, normale Musik, zum anderen stimmt es, dass vor allem Christenpop, wenn man es so nennen möchte, natürlich in erster Linie die Zielgruppe Christen hat. Und demzufolge bildet sich da schon eine Szene, ein eigenes Genre."

Lässigkeit und Jugendwahn für Gott

Eine Szene mit viel Lässigkeit und Jugendwahn für Gott. In einer säkularen Welt ist diese sehr hingebungsvolle Art des Glaubens schon etwas gewöhnungsbedürftig. Vielleicht hat sich auch deshalb eine komplette Parallelwelt zum eigentlich Musikbusiness etabliert. Ein Radiosender wie ERF Pop spielt christliche Popmusik und sendet Gebete. Eine Art Bravo Hits, die "Feiert Jesus" heißt, versammelt Musiker, die klingen als hätte man Silbermond bekehrt. Und das SongTalent ist eine Castingshow nur für christliche Musik, über die dann wieder der Sender ERF berichtet. Nische bleibt Nische.
"Jede Musik spricht eine bestimmte Zielgruppe an, das kommt jeweils auf den Künstler an, wie er diese Musik schreibt. Unsere Lieder sind sehr, sehr christlich. Wir wollen auch Christen ermutigen. Diese Musik ist eine Plattform, wo wir unseren Glauben ausleben können und unsere Erfahrungen beschreiben."
Live spielen sie vor allem auf Jugendgottesdiensten, die manchmal auch wie ein Festival scheinen und dann Christival, Heartbeat oder Loud and Proud Festival heißen. Perfektioniert hat die Band "Koenige und Priester" die Mischung aus Rock und Gottesdienst.

Krisenresistente Szene: "Geglaubt wird immer!"

Im Kölner E-Werk laden sie fünfmal im Jahr zu einem Gottesdienst ein, wo sonst Bands wie die Wise Guys, Beth Ditto oder Weezer vor 2000 Zuschauern auf der Bühne stehen. Die Koenige und Priester schaffen das völlig ohne die typische Popberichterstattung.
Das passt aber zu dem, was Oliver Fietz erzählt. Er ist in das Familienunternehmen seiner Eltern eingestiegen – Abakus Musik ist ein Label und Verlag für christliche Musik. Und das Erstaunliche ist: Von der großen Krise der Musikindustrie haben sie gar nicht so viel gespürt, sagt er. (Vielleicht gibt es unter gläubigen Christen auch einfach weniger Raubkopierer?) Geglaubt wird schließlich immer. Und vielleicht bald immer mehr. Wenn es nach Musikern wie den O’Bros oder Kevin Neumann geht:
"Man kann ja niemanden bekehren, ich kann nur sagen mit meiner Musik: es lohnt sich. Viele Menschen lesen die Bibel nicht, deshalb möchte ich zeigen, was es heißt als gläubiger Christ, ich hab mich entschieden ein Vorbild zu sein für andere Menschen."

"In Amerika reden Rapper auch öffentlich über ihren Glauben"

Kevin Neumann versucht auch, den Christenpop zu entstauben. Manchmal klingt er dabei wie Mark Forster, dann wie Tim Bendzko. Technisch nicht schlecht, allerdings auch weder besonders innovativ noch einfallsreich. Die Musik scheint ein Mittel zum Zweck. Die O’Bros wollen nicht missionieren. Kevin Neumann sagt: Jesus will es aber. Deshalb sind seine Songs ein bisschen wie die Bibelnacherzählung, nur jugendlicher. Damit will er am liebsten auch auf die echten Pop-Bühnen.
"Ich sehe mich auch als Pionier, auch wenn man mal nach Amerika schielt, da gibt es Rapper wie Kendrick Lamar, die auch öffentlich über ihren Glauben reden, und Songs darüber machen."
Allerdings mit einem Unterschied: Christliche Musiker wie Lamar machen nicht zwangsläufig Christen-Pop wie die O’Bros und Kevin Neumann, bei denen es um Me, Myself & God geht. Zwar beschreibt Kendrick Lamars da weltliche Leben in seinen Texten haarscharf von einem christlichen Standpunkt. Doch auf die Güte Gottes verlässt er sich musikalisch nicht allein. Bei ihm steht die Musik so sehr im Vordergrund, dass er mit ihr auch Fans jenseits der frommen Zielgruppen erreicht.
* Die vollständigen Namen sind der Redaktion bekannt.
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