Charles Gounods Oper "Roméo et Juliette"

Berauschende Träume

Die Dirigentin Anja Bihlmaier
Die Dirigentin Anja Bihlmaier © Neda Navaee/Staatstheater Kassel
08.04.2017
An diesem Abend hat Charles Gounods Oper "Roméo et Juliette" in Kassel Premiere. Wir übertragen die Aufführung in französischer Sprache live, in den Hauptrollen Bénédicte Tauran und Kyungho Kim - Anja Bihlmaier dirigiert Chor und Orchester des Hauses.
Wenn Politik und Liebe aneinander geraten, zieht das Glück zu zweien ziemlich regelmäßig den Kürzeren – doch Charles Gounods "Romeo und Julia"-Oper veredelt die Tragödie durch eine Revue schwelgerischer Traumszenen.
"Ich will leben in diesem Traum, der mich berauscht": so, zu den Klängen eines geschmeidig-süffigen Walzers, stellt sich Julia gleich bei ihrem ersten Erscheinen auf der Szene vor – und lässt sich partout nicht davon abbringen. Sogar der gemeinsame Liebestod mit ihrem Romeo, mit dem sie sich dabei durch das letzte von nicht weniger als vier innigen Duetten schwelgt, erscheint ihr schließlich eher süß als bitter.
Etliche weitere Zweier-Abgänge – von Verdis "Aida", die vier Jahre nach der Gounod-Uraufführung von 1867 zur Welt kam, bis zu Humperdincks "Königskindern" – haben das aufgegriffen und weitergesponnen. Womit auch schon gesagt ist, dass man sich bei Gounods Shakespeare-Vertonung vielleicht weniger am Sprechtheater-Vorbild des großen Briten orientieren sollte als am Komponisten selbst, der mit seinen Librettisten Barbier und Carré aus der Vorlage etwas ganz Neues gemacht hat, nämlich eine Folge lyrischer Träumereien, in die ab und zu, doch ohne wirklich Gestaltungsmacht, die feindliche Umwelt hineingeblendet wird.
Bei der Kasseler Premiere, die wir live übertragen, wird man übrigens Julias oben zitierten Traumwalzer nicht in dieser Form hören, sondern im französischen Original, gesungen von der Muttersprachlerin Bénédicte Tauran. Nach eigenen Worten ist es eine Wunschpartie für die Sopranistin aus Limoges, die damit ihr Rollendebüt gibt. Ihr Partner als Romeo wird Kyungho Kim sein. Dirigentin Anja Bihlmaier findet Gounods Oper – in der romanischen Welt genau so populär wie seine "Faust"-Vertonung, die hierzulande eindeutig auf der Pole Position liegt – "voller Leidenschaft, dabei zugleich sehr elegant, farbenreich und trotz des schweren Stoffs von einer gewissen Leichtigkeit."
Live aus dem Staatstheater Kassel
Charles Gounod
"Roméo et Juliette"
Oper in einem Prolog und fünf Akten
Libretto: Jules Barbier und Michel Carré

Bénédicte Tauran - Juliette Capulet
Lona Culmer-Schellbach - Gertrude
Tobias Hächler - Tybalt
Daniel Holzhauser - Graf Paris
Marc-Olivier Oetterli - Graf Capulet
Cozmin Sime - Gregorio
Kyungho Kim - Roméo
Marta Herman - Stéphano
Paulo Paolillo - Benvolio
Hansung Yoo - Mercutio
Hee Saup Yoon - Frére Laurent
Ji Hyung Lee - Der Herzog von Verona
Chor und Orchester des Staatstheaters Kassel
Leitung: Anja Bihlmaier