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Die wohl höchste Müllkippe der Welt

Mount Everest
Mount Everest © ROBERTO SCHMIDT / AFP
Von Hartwig Tegeler · 26.09.2015
Unser Rezensent wird bei all den Superlativen und dem Jubelgeschrei um "Fack Ju Göhte 2" ganz besoffen - in dieser Woche immer noch auf Platz 1. Da beruhigt ihn nur ein Zitat vom echten Goethe - ein versteckter Hinweis auf Platz 2: "Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler." Na?
"John Barrymore, Douglas Fairbanks, Cagney, Bogart, das waren alles meine Schauspieler. Ich habe sie zu den großen Stars gemacht, die sie geworden sind. Was auch immer aus Ihnen wird, es wird kein Zufall sein."
Natürlich redet Jack Warner von den Warner Brothers hier in Anton Corbijns Film "Life" nicht von Elyas M'Barek. Klingt aber so. A star. Born. Ein deutscher. Endgültig. Unglaublich, unfassbar, das konnte doch keiner auch nur in Erwägung ziehen, das mit Goethe. Dass der mit "Die Leiden des jungen Werther" 1774 den ersten Bestseller der deutschen Literatur schrieb, dass er als Begründer der Lesesucht gilt. Gut, dies sind die Film-Top5, aber trotzdem sei das mal erwähnt. Nun ja, erstaunlich jedenfalls ebenfalls, wie ...
Platz 5 - STRAIGHT OUTTA COMPTON von F. Gary Gray
... die afroamerikanischen Hip-Hop-Helden aus dem Vorort von L. A., die NWA, die "Niggas Wit' Attitudes", ab 1986 eine unfassbare Karriere hinlegten und auch jetzt in den deutschen Kinos hinlegen. Sich vergewissern der Wurzeln, da wo alles begann, mit dem Gangsta-Rap. Dass Dr. Dre, einer der Protagonisten des Films und der realen Combo NWA parallel zum Film sein Album, das kein offizieller Soundtrack ist, veröffentlichte, Leute, die Jungs hatten immer ein Händchen fürs Geschäft.
Platz 4 - MINIONS von Kyle Balda und Pierre Coffin
Sei hier - auch wenn die kleinen fiesen Dinger hier nicht in den Fluss der Gedanken passen - schlicht konstatiert. Soviel Ordnung muss sein. Also, wenn wir bei den heutigen Top-Five schon ins Jahr 1774, Goethe, Werther, schweiften, dann sei auch nicht verschwiegen, dass vieles, was uns das Kino heute so präsentiert an unheimlichen, gruseligen, verwunschenen Menschen oder Häusern, unausgesprochen auf Motive und Symbole bezieht, die aus der deutschen Romantik stammen. Ende 18., Anfang 19. Jahrhundert. E.T.A. Hoffmann war der Star, der Megastar der Zeit. Wenn also der Horror, hier auf ...
Platz 3 ...
... in ...
... SINISTER 2 von Ciaran Foy ...
... die Mutter ereilt, die mit ihren beiden Söhnen meint, in einem Haus vor ihrem gewalttätigen Mann, Schrägstrich Vater, Zuflucht zu finden, es aber ganz anders kommt ... also, Romantiker hätten zu dieser Story auch die eine oder andere Wendung beigetragen. Goethe hingegen, ja, jetzt aber, Goethe, kein Romantiker. Ist das ein gelungener Übergang? Die Frage ist rhetorisch gemeint. Nun ja, Sie wissen das, ich weiß das, wir schüsseln unweigerlich Richtung "Fack Ju Göhte 2", vorher aber ist das doch wohl wohlfeile Gelegenheit, noch ein wenig mehr Bildungsgut anzuhäufen - ich meine, wir nehmen bei "Vollbild" den Bildungsauftrag voll ernst, sogar in den TopFive -, wo war ich, also, indem ich angesichts von ...
... Platz 2 - EVEREST von Baltasar Kormákur ...
... zur Auswahl stelle zwei Zitate von Johann Wolfgang von Goethe, die dieses dramatische Filmgeschehen an der inzwischen wohl höchsten Müllkippe der Welt, wo der Mann da auf 8000 sich noch als Mann, die Frau übrigens auch als solcher fühlen kann, die Zitate sollen dies in großer Gesetztheit kommentieren. Das eine geht so: "Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen." Und das andere Goethe-Zitat, was zur Übermacht des Everest, das sich im Film beweist, gut passt, geht so: "Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler." Wobei "schweigsam" eine echte Untertreibung ist bei diesem Films, wo viel gestorben wird.
Und nun, trärä, krawumm, bloing, splash ...
Platz 1 ...
... splash, trärä ...
FACK YU GÖHTE 2 von Bora Dagtekin
Da bei all den Superlativen zu "Fack Ju Göhte 2" - Publikumszahlen in der ersten, zweiten ... mit ein, zwei, drei, Schieß-mich-tot-Millionen, da man, besser ich, bei all dem Jubelgeschrei sowieso ganz besoffen noch bin, nun, das gepflegte "Zitat zum Film" aus dem Jahr 1819 von dem Goethe also, wo das "t" noch vor dem "h" steht. Selbiges Zitat, nicht originell, ich weiß, aber passend, behaupte ich, lautet dergestalt: "Getretner Quark wird breit, nicht stark. Schlägst du ihn aber mit Gewalt in feste Form, nimmt er Gestalt." Und - hier ist das Zitat zu Ende -, und kann damit durchaus zum veritablen Massenhit werden. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Das mit der Maus jetzt ist allerdings nicht von Goethe, der ja auf seiner Flöte spielte, während Schiller auf seinem ... okay, das lasse ich jetzt mal.
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